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Wie sich der Konsum verändert

März 2, 2020

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Aus dem Unterricht des CAS Multichannel Management mit Marta Kwiatkowski berichtet Michel Binder.

Um zu verstehen, wie sich der Konsum verändert, muss man zuerst wissen, was Konsum überhaupt bedeutet und welche Faktoren den Konsum beeinflussen. Das Wort Konsum stammt vom lateinischen consumere (Verbrauch) und ist wohl mindestens so alt wie dessen Herkunftssprache selbst. Wir konsumieren ständig und zu jeder Zeit, doch die Art, wie wir konsumieren, ändert sich und passt sich den Begebenheiten an. Sei es nun das Alter und die Lebensphase in der wir gerade stecken oder neue Technologien und gesellschaftliche Veränderungen.

Vom Disneyland ins Altersheim – Die vier Phasen des Konsums

Die Art wie wir konsumieren, kann man sinnbildlich in vier Phasen von Lebensabschnitten gliedern. So gilt in der «infantile Phase», auch «kindliche Phase» genannt, mehr ist mehr. Man ist jung und hungrig und sehnt sich nach Aufstieg. Die Welt ist bunt und voller Kitsch und es werden Kindheitsträume erfüllt. Sucht man nach realen Beispielen für diese Konsumphase, so kann man dies mit dem chinesischen Markt vergleichen.

In der «Adoleszenzphase» angekommen, möchte man etwas besiegeln. Es wird nach Anerkennung und Zugehörigkeit gesucht und man stillt dieses Bedürfnis zum Beispiel mit Statussymbolen, wie das erste eigene Auto. Sind die wilden Jahre vorbei, gelangt man in die «Maturitätsphase», wo das Erlebnis im Vordergrund steht. Es herrscht eine gewisse Reife respektive Sättigung und man grenzt sich bereits damit ab, was man nicht konsumiert. Ein gutes Beispiel hierfür ist der immer populärer werdende Veganismus – ein bewusster Entscheid auf tierische Lebensmittel zu verzichten.

Wenn «weniger ist mehr» gilt, dann ist man in der vierten Phase, der «Senioritätsphase» angelangt. Alternd und sinnsuchend stehen Genuss, Musse und Erinnerungen im Vordergrund. Die Phasen drei und vier widerspiegeln die aktuelle Konsumgesellschaft in Europa.

Die Einflüsse auf den Konsum

Generation Climastrike

Im Jahr 2019 wurde das Wort Flugscham zu einem der drei Deutschschweizer Wörter des Jahres gewählt. Das gestiegene Umweltbewusstsein zeigt ziemlich deutlich, wie ein gesellschaftlicher Wandel sich auf die Art, wie wir konsumieren, auswirken kann. Die Generation Climastrike rund um Greta Thunberg hat dazu beigetragen, dass heutzutage viel bewusster konsumiert und häufiger hinterfragt wird, welche Auswirkung der eigene Konsum auf die die Gesellschaft und Umwelt hat.

Individualisierung

Durch die Digitalisierung sind Unmengen an Daten vorhanden und der Kunde kann dadurch immer mehr ins Zentrum gestellt werden. Die Konsumenten sind sich bereits gewohnt, dass alles individualisiert und ihren Ansprüchen angepasst werden kann. Dies wiederum führt dazu, dass die Ansprüche an massgeschneiderten Produkten und personalisierten Services rasant ansteigen. Dadurch reduziert sich auch die Relevanz einer Marke – im Vordergrund stehen das Produkt und die Frage, was das Produkt kann.

Das Produkt wird also für das Momentum kreiert und es entstehen immer mehr sogenannte «Single Product» Anbieter, welche mit Hilfe von Social Media Plattformen spezifische Microbrands lancieren. Es geht sogar soweit, dass Produkte bereits so designt werden, dass diese auf den Social Media Plattformen wie Instagram und Co. optimal zur Geltung kommen

Transparenz und Nachhaltigkeit

Das neue Bewusstsein im Zusammenhang mit dem Konsum führt ebenfalls dazu, dass Käufer heutzutage wissen wollen, wo das Produkt herkommt, wie und durch wen es produziert wurde und ob dies auch nachhaltig ist. Die Digitalisierung kann hier die geforderte Transparenz bieten und wird für die Kommunikation eingesetzt. Zum Beispiel zeigt die britische Supermarktkette M&S mit ihrer interaktiven Karte auf, woher das Fleisch für ihr Schnitzel stammt oder wo die Kleider produziert wurden.

Erlebnisse

Wie schon vorgehend beschrieben, reichen das Produkt und seine Eigenschaften als solches schon lange nicht mehr aus, um auf dem Markt bestehen zu können. Wo früher der Konsum vor allem dazu diente, die Grundbedürfnisse zu stillen, wird das Einkaufen heutzutage immer mehr zu einem einmaligen Erlebnis. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Gastrobranche, wo es schon lange nicht mehr nur darum geht, das Grundbedürfnis nach Nahrung zu befriedigen. Restaurants verkaufen stattdessen vielmehr das Erlebnis und das eigentliche Produkt wird zur Nebensache.

Virtualisierung

Die Virtualisierung des Konsums wird in den nächsten Jahren einen grossen Einfluss darauf haben, wie wir Produkte anbieten, kaufen und nutzen. So kann zum Beispiel davon ausgegangen werden, dass smarte Assistenten wie Siri, Alexa und Co. in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen werden. Es wird sogar davon ausgegangen, dass diese Entwicklung vergleichbar sein wird mit der Einführung des Smartphones seinerzeit. Diese hatte die Art wie wir leben und konsumieren grundsätzlich verändert.

Die Virtualisierung hat auch eine entscheidende Auswirkung auf die Rolle von Unternehmen. Je mehr digitale Assistenten bestehen, desto weniger relevant wird die Marke. Unternehmen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, wie sie es schaffen, das Markenversprechen über Voice Assistenten zu vermitteln. Hierzu benötigt es also eine entsprechende Interaktion und Vernetzung mit smarten Assistenten, so dass die Produkte auch entsprechend gelistet sind und den Konsumenten zur Auswahl stehen.

Neben den smarten Assistenten wird auch der synthetische Konsum eine immer wichtigere Rolle spielen. Menschen werden zwar weiterhin physische Grundbedürfnisse haben. Diese physische Komponente des Konsums wird jedoch immer enger mit digitalen und mentalen Komponenten verflochten. In Zukunft wird es daher digitale Produkte geben, die sich nach unseren Wünschen konfigurieren lassen und die Bedürfnisse des Gehirns direkt befriedigen, ohne den physischen Weg über den Körper zu nehmen. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass wir eine Banane nicht mehr essen, sondern, dass wir die Nährstoffe der Banane anhand von Tabletten zu uns nehmen. Neurotechnologische Hilfsmittel täuschen dann dem Gehirn zusätzlich zu den physischen Grundbedürfnissen das gewohnte Geschmackserlebnis vor. Diese Verschmelzung von physischen und digitalen Komponenten bedeutet demnach auch, dass die Rolle des klassischen, analogen POS in Zukunft nicht mehr die gleiche Bedeutung hat wie heute.

Vom Consumer zum Prosumer

Die Digitalisierung hat auch einen Einfluss darauf, wie ein Produkt zum Konsumenten gelangt. Lange Zeit kannte und praktizierte man dies auf zwei unterschiedliche Arten. Ein Produkt wird produziert, gelangt auf den Markt und wird dort den Käufern zur Verfügung gestellt. Oder es besteht zuerst der Handel und danach wird produziert und anschliessend konsumiert. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Maler, der die Hauswand erst dann streicht, wenn es einen Auftrag dafür gibt.

Durch die Digitalisierung verschwinden diese klar abgegrenzten Wege zwar nicht vollständig, aber es existiert kein linearer Prozess mehr und die Grenzen zwischen Produktion, Handel und Konsum lösen sich auf. Ein gutes Beispiel hierfür sind Plattformen wie Facebook, wo Nutzer sowohl Inhalte konsumieren, als auch produzieren. Die dadurch produzierten Daten verkaufen diese Anbieter wiederum an andere Konsumenten, in diesem Fall Anzeigenkunden.

Was bedeutet dies nun alles für die Zukunft des Konsums?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die verschiedenen Einflüsse und technologischen Fortschritte den Konsum verändern werden. Die neue Generation von Konsumenten nutzt die Digitalisierung für einen transparenten Konsum und das Erlebnis wird wichtiger. Diese Erlebnisse lassen sich in Zukunft auch künstlich bzw. digital erzeugen, erweitern und verstärken. Für Unternehmen bedeutet dies, dass die Story rund um das Produkt immer wichtiger wird und das Erlebnis-Design in den Vordergrund gestellt werden muss. Die Interaktion und Vernetzung mit smarten Assistenten wird im Marketing eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

Trotz allem wird der analoge Konsum, wie wir ihn zum Beispiel vom Wochenmarkt in der Stadt kennen, nicht ganz verschwinden. Und zwar deshalb nicht, weil wir damit ein Erlebnis verbinden.

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