Institute for Digital Business

Verhaltensökonomie. Was hat das mit mir und meinen Kunden zu tun?

November 2, 2017

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Aus dem Unterricht des CAS Digital Finance mit Andreas Staub zum Thema “Verhaltensökonomie in der digitalen Ära” berichtet Sebastian Padanyi.

Erkenntnisse eines vermeintlichen homo-oeconomicus: Wir sind nicht immer gleich rational. Auch in der digitalen Welt bleiben wir beeinflussbare Menschen. Wie unsere Kunden auch.

Wir sind ja immer so rational.
Wenn es darum geht unsere eigene Rationalität einzuschätzen sind wir überzeugt, unseren Verstand bei Entscheidungen zu gebrauchen. Unseren Mitarbeitern und Kollegen attestieren wir schon weniger Ratio und Kunden sollen bei Entscheidungen am besten eng begleitet werden.

Bild 1: Was glauben Sie: Wie rational sind Sie?

Dabei vergessen wir, wie uns behavioral-economics-Forschungsergebnisse belegen, dass je nach Kontext und Situation unterschiedlich rationale Persönlichkeiten in uns angesprochen werden. Am Arbeitsplatz sind wir uns kognitive Anforderungen gewohnt und leiten Entscheidungsfindungen entsprechend her. Zu Hause, oder beim Feierabendbier bedienen wir uns eher non-kognitiven Fähigkeiten. Sprich: Spätestens da kommt Emotionalität und Intuition ins Spiel.
Und somit wären wir beim “Menschen” angelangt. Oder um die Worte der Verhaltensökonomie zu gebrauchen: Willkommen in der Welt des Denksystems 1 und des Denksystems 2!

Verschiedene menschliche Denksysteme
Stellt man Probanden einfache Fragen unter Zeitdruck, erhält man verschiedenste Antworten.
Daraus lässt sich folgern, dass der Mensch in zwei verschiedenen Systemen denkt. Einerseits impulsiv und schnell. Andererseits langsam und analytisch. Zu 90% denken wir im impulsiven “System 1”. Am ehesten lässt sich diese natürliche Neigung damit erklären, dass Menschen sich lieber weniger anstrengen als umgekehrt. Zur eigenen Beruhigung lässt sich folgendes beobachten: Auch Studenten von Elite-Universitäten sind ihrem System 1 ausgeliefert.

Bild 2: Aufzeigen des Denksystems 1

Wie soll mit dieser menschlichen “Denkfaulheit” im professionellen Umfeld umgegangen werden? Als erstes hilft bereits die Erkenntnis zu wissen, in welchen Denksystemen Menschen, Mitarbeiter und Kunden unterwegs sind. Zudem entwickelt sich das Arbeitsumfeld immer mehr in Richtung Zeitdruck, zu viele E-Mails, zahllose Meetings etc. Das schafft einen Kontext, welcher das Denkverhalten gemäss System 1 fördert. Dieser Effekt verstärkt sich mit der Digitalisierung sogar noch zusehends.
Mit der Fähigkeit die menschliche Denkweise und das Verhalten zu messen, bietet sich die Möglichkeit diese Faktoren zu beeinflussen.
Unternehmungen können sich überlegen, welche Denksysteme sie bei Kunden mit welchen Produkten wie ansprechen wollen um die beabsichtigten Entscheidungen auszulösen. Je nach Güter und beabsichtigte Kundenansprache provozieren Unternehmungen rationale oder weniger rationale Reaktionen. Beispielsweise ist bei einem Sack Reis, oder einem einfachen und standardisierten Bankprodukt der Kaufpreis entscheidend und die Kunden wägen rationaler ab. Bei einem komplexen Bankprodukt, wo Vertrauen eine wichtige Komponente ist, wird emotionaler entschieden.

Anchoring und Framing zur Beeinflussung der höheren Zahlungsbereitschaft
Unternehmungen bieten sich zur Entscheidungsbeeinflussung zudem die Möglichkeiten des “Anchoring” und “Framing”. Dabei zeigt die Verhaltensökonomie, dass sich die Entscheidungsfindungen von Personen in Abhängigkeit von Referenzwerten (anchoring) und der Darstellung von Information je nach Farben, Formen, Positionierungen, etc. (framing) beeinflussen lassen.
Organisationen können durch geschicktes setzen von verschiedenen Referenzpreisen für ihre Produkte beispielsweise höhere Zahlungsbereitschaften der Kunden erzeugen. Ein plakatives anchoring-Beispiel ist die unterschiedliche Vogelspendebereitschaft je nach spezifisch positionierten Zahlen (siehe Abbildung “Beispiel Verhalten beeinflussen: Anchoring” von Fehr Advice & Partners AG).

Bild 3: Anchoring Beispiel

Mit dem Untersuchen von Konstellationen, in welchen Menschen sich nicht wie rationale Nutzenmaximierer im Sinne des homo oeconomicus verhalten, können die Ergebnisse aus der Verhaltensökonomie somit konkrete Ansatzpunkte zur Gestaltung von Produkten, Preise und Dienstleistungen für Unternehmen geben.

Die spannende Erkenntnis dabei ist, dass die Digitalisierung keineswegs entmenschlichend wirkt. Im Gegenteil: Der Einfluss auf das Menschliche wird mit zunehmender Digitalisierung eher grösser.

 

Hyperlinks:

https://fehradvice.com/unsere-themen/digitalisierung-bildung/

 

Twitter:

#BehavioralEconomics

  • @FehrAdvice
  • @Gerhard_Fehr

 

Youtube:

https://www.youtube.com/watch?v=0rLb0pGZzOw
Applying behavioral economics to real-world challenges: Kelly Peters at TEDxUtrecht

https://www.youtube.com/watch?v=4SkoG9FWP4w
An economist walks into a bar | Robert Litan | TEDxKC

https://www.youtube.com/watch?v=tiyTYGY5X3Y
10 BEST IDEAS | Thinking Fast And Slow | Daniel Kahnerman | Animated Book Summary

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