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Transhumanismus – Der Traum vom ewigen Leben

November 11, 2019

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Aus dem Unterricht des CAS Disruptive Technologies mit Dr. Marcel Blattner berichtet Fabian Lauener über Transhumanismus:

Freitag Morgen 08:15 Uhr, ein weiterer Unterrichtstag an der HWZ beginnt. Heute steht Transhumanismus auf dem Programm. Also heute mal kein Buzzword-Topic wie AI oder ML, von dem wir jeden Tag in den Medien lesen. Darum warten alle gespannt, was jetzt kommt. Aber was hat ein eher “esoterisch” klingendes Thema im CAS zu suchen? Marcel klärt auf:

Over the next decade, humanity will begin its “transhuman” era: Biology can then be hacked, depending on lifestyle, interests and health needs. Biohacking falls into four categories: technology augmentation, nutrigenomics, experimental biology and grinder biohacking.

Quelle: https://www.wired.com/beyond-the-beyond/2018/08/gartner-getting-transhuman-2018/

Dieses Zitat stammt nicht von irgendwo, sondern von Gartner, welche Biohacking in ihrem Gartner Hype Cycle als Megatrend erwähnen:

Hier scheint also mehr dahinter zu stecken. Aber zuerst mal zur Theorie, was ist Transhumanismus überhaupt und wo kommt es her?

Was ist Transhumanismus?

Das Wort setzt sich aus “Trans” und “Humanismus” zusammen. “Trans” bedeutet in diesem Zusammenhang “Höhere Stufe durch Technik”, “Humanismus” bedeutet “Besserer Mensch”. Also die Transformation des Menschen in ein nächst höheres Level mit dem Einsatz von Technologie, sozusagen ein Mensch 2.0. Man will dabei nicht den Menschen zu überwinden versuchen, sondern durch den Menschen hindurch einen Posthumanen Menschen schaffen. Dabei verbindet alle Transhumanisten das Ziel, den Körper zu optimieren und Limitierungen aufzuheben. Die dahinter stehende Grundidee, das Leben zu verlängern und den Tod zu überwinden ist nicht neu, die gab es schon immer und ist tief in unser verankert.

Die Entstehung des Transhumanismus

Die ersten transhumanistischen Ideen kamen schon im frühen Anfang des 19. Jahrhunderts auf. Seit dem hat sich die Grenze was Tod bedeutet durch Definition verschoben: Früher wurde man für Tod erklärt, wenn der Herzschlag nicht mehr hörbar war. So wurden auch Ohnmächtige für Tod erklärt und begraben. Heute haben wir einen ganz andere Einstellung dazu, wir nehmen nicht mehr das Herz als Referenz, sondern messen die Hirnaktivität. 

1951 kam der Begriff zusammen mit Künstlicher Intelligenz (KI) immer mehr auf, der Biologe Julian Huxley hat 1957 in seinem Buch “New Bottles for New Wine” den Begriff Transhumanismus im gleichnamigen Kapitel geprägt:

Mensch, der Mensch bleibt, aber sich selbst, durch Verwirklichung neuer Möglichkeiten von seiner und für seine menschliche Natur, überwindet.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Transhumanismus

Ein bekannter Transhumanist der Neuzeit ist Larry Page, Mitbegründer von Google. Er hat zum Ziel gesetzt, das menschliche Bewusstsein baldmöglichst in Digitale Form zu überführen, um es so in die Galaxie hinaus verbreiten zu können. Gemäss unserem Dozenten Marcel sind viele einflussreiche Leute unter den Transhumanisten. Diese möchten dies auch nicht unbedingt publik machen, darum hat dieses Thema auch nicht so viel Visibilität wie z. B. KI.

Heutige Entwicklung

Cryonics

Ich sterbe, werde eingefroren und dann in 200 Jahren wieder aufgetaut? Tönt wie in einem Science Fiction Film, oder? Ist aber Realität: Die Firma Alcor in den USA bietet den Service bereits an. Der Körper wird dann nach feststellen des Todes direkt gekühlt und an die Firma geliefert. Diese frieren den Körper ein (Kryokonservierung). Dabei wenden sie ein sehr spezialisiertes Verfahren an, denn ein normales Schockgefrieren würde Eiskristalle bilden und somit die Materie beschädigen. Man kann wählen, ob man nur den Kopf oder den ganzen Körper einfrieren lassen will. Das Ziel ist es, den Körper in ca. 200 Jahre wieder aufzutauen und dann einen sogenannten “Mind-Upload” zu vollziehen, also das Bewusstsein in einen anderen Körper zu überführen und den Menschen somit weiterleben zu lassen.

Die Technik zum Auftauen sowie für den Mind-Upload gibt es aber aktuell noch gar nicht, das Angebot basiert darauf, dass dies in ca. 200 Jahren möglich sein sollte. Der Firmenchef Max Moor sagt dazu im Video (siehe Link unten), er könne keine Garantie geben, aber er sehe das aufgrund des aktuellen Fortschritts als “sehr wahrscheinlich”.

Bei der Firma Alcor haben davon schon über 100 Leute gebrauch gemacht. Würdest du das selber auch machen? 

Hier das Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=Duy-W3-Gkhg

Querschnittsgelähmt, und danach trotzdem wieder gehen?

Ein missglückter Dreifachsalto war der Beginn – Dies ist die Story von David Mzee, Paraplegiker. Die ETH Lausanne versuchte dem nun entgegenzuwirken, und zwar mit Neurostimulation: Dabei wird dem Patienten ein Elektrode in den Rücken implantiert. Die Elektrostösse stimulieren dann motorische Nerven. Dies hat bisher erst bei Tieren funktioniert, bei Anwendung am Menschen ist es jedoch immer gescheitert. Einem Team der ETH Lausanne ist es nun aber gelungen, in dem sie die Aktivierungsmuster der Elektrostimulation optimiert haben. Sie schafften es, die Muster optimal an die Patienten anzupassen und räumlich und zeitlich mit der beabsichtigten Bewegung zu synchronisieren.

Die Challenge für die Patienten bestand darin, zu lernen, die Bewegungsabsicht ihres Gehirns mit der Elektrostimulation ihrer Nerven abzustimmen. Die Patienten haben dabei eine Uhr mit einer Start- und Stopfunktion bekommen, so konnten sie den Gehprozess jeweils auslösen und stoppen. Nach fünf Monaten im Programms konnten die Patienten ihre Beine auch ohne Elektrostimulation selber bewegen, und mit Stimulation und Hilfsmitteln wie einem Rollator oder Krücken sogar gehen.

Dies ist sicher ein sehr grosser Schritt, vor allem, dass die Bewegungsfunktion auch ohne Elektrostimulation weiter möglich war. Trotzdem sei man noch weit davon entfernt, Querschnittsgelähmte so “heilen” zu können, denn diese Ergebnisse waren nur mit sehr intensiven Trainings und einer sehr individuellen Anpassung auf den Patienten möglich. Ausserdem war die Bewegungsfreiheit nicht von langer Dauer, ohne erneute Therapie verliert der Patient diese wieder. Trotzdem ist es ein Schritt in die Zukunft und ein Hoffnungsschimmer für alle Paraplegiker. In der Zukunft wollen Forscher diese Therapieform direkt nach einem Unfall anwenden und erhoffen sich damit bessere Resultate. Sein wir gespannt.

Im Unterricht kam dazu noch die spannende Frage auf, ob nun alle Neurologen Transhumanisten sind? Nein entgegnet Marcel, aber die Forschung in diesen Bereichen spielt den Transhumanisten direkt in die Hände.

Hier noch ein spannendes Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=Zvd82naSGRU

Diese sind nur zwei von vielen möglichen Anwendungsfälle, wo versucht wird, Mensch und Technik miteinander zu verschmelzen. Es gibt viele weitere Beispiele in den Bereichen Genetik, Medizin, Neuronal, Mental, Körper usw. Auch Themen wie Weltallbesiedelung gehören dazu.

Ewiges Leben, wollen wir das wirklich?

Marcel stellte der Klasse folgende Frage: Was wären die Auswirkungen, wenn ab morgen eine Pille verfügbar wäre, die das Leben um 200 Jahre verlängern würde? In einem Brainstorming kam eine lange Liste zusammen, zum Beispiel:

  • Wir haben jetzt schon nicht genug Platz auf der Erde, wo bringen wir all diese Leute unter?
  • Wann werde ich Pensioniert bzw. beginne ich überhaupt zu arbeiten?
  • Ab wann soll ich dann Kinder bekommen? So erst mit 80ig?
  • Die natürlichen Ressourcen der Erde stossen jetzt schon an ihre Grenzen, wie würde das dann funktionieren?
  • Wie würde sich das auf das Zusammenleben der Mensch auswirken?

Wie man unschwer erkennen kann, gibt es noch sehr viele ungeklärte Fragen, wie das dann funktionieren soll. Das gefährliche daran ist, dass die Transhumanisten dies komplett ausblenden, sie fokussieren sich voll und ganz auf dem Fortschritt und lassen die Zukunft aussen vor.

Auch vom ethischen Aspekt her ist das Thema sehr umstritten: Ist ewiges Leben etwas erstrebenswertes oder macht es den Menschen eben aus, dass sein Leben endlich ist? Hier gehen die Meinungen sehr auseinander.

Dann ist da noch der Punkt mit der Transparenz. Von Transhumanisten hörte man nicht gerade viel in den Medien. Dies hat laut Marcel auch einen Grund: Wie man sich sicher vorstellen kann, möchte man mit so einer Einstellung nicht unbedingt in der Öffentlichkeit stehen. Gemäss Marcel seien darunter auch viele bekannte Persönlichkeiten, diese betrifft das besonders. Genau in dieser Elite sieht Marcel ein Problem: Leute mit sehr viel Macht und Geld, die sehr gezielt und ohne Rücksicht ein ethisch sehr zu hinterfragtes Thema verfolgen.

Und schlussendlich kostet das Ganze sehr viel Geld. Soll also die Lebensverlängerung von den verfügbaren Geldmittel abhängen?

Fazit

Ob man nun Transhumanismus gut findet oder schlecht, muss sich jetzt jeder selber ein Urteil bilden. Ein Risiko ist hier aber sicher die fehlende Transparenz und das viele Geld, dass dahinter steht. Fakt ist aber, dass wir erst am Anfang der Forschung stehen. Wir sind also noch weit davon entfernt, dass Mensch und Maschine eine Einheit bilden und wir den Tod überwinden können.

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