Strategic Foresight – Die Zukunft antizipieren und gestalten
Februar 17, 2021
Wie leben wir im Jahr 2040, wie 2050 – Haben Sie sich diese Frage jemals gestellt? Künstliche Intelligenz wird bereits in vielen Bereichen unseres Lebens eingesetzt, aber welche Entscheidungen überlassen wir ihr in der Zukunft? Welche Rollen werden Informationen in unserem Leben einnehmen und welchen Quellen vertrauen wir? Die Folgen des Klimawandels sind zwischenzeitlich unbestritten. Wie lange können wir uns diese wenig nachhaltige Lebensweise noch leisten? Wie wird unsere Welt aussehen und wie wird sich unser tägliches Leben abspielen?
«It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change.» – Leon C. Megginson
Dieser oft zitierte und fälschlicherweise Charles Darwin zugeschriebene Satz ist in der heutigen Welt zutreffender denn je. Der Wandel findet statt – radikal und schnell! Digitale Transformation, Industrie 4.0, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind massgebliche Trends. Inwieweit sich diese intensivieren werden, welche Entwicklungen sie implizieren und was die Zukunft wirklich bringen wird, das weiss kein Mensch!
Das zu wissen ist für Organisationen jedoch erheblich. Strategic Foresight, auch bekannt als Zukunftsforschung, bezeichnet man die Disziplin, auf deren Basis Organisationen Szenarien entwerfen, wie die Zukunft in 10, 20 oder 30 Jahren aussehen könnte. Dabei werden insbesondere Trends und Entwicklungen in sozialen, technologischen, wirtschaftlichen, ökologischen, politischen und rechtlichen Umfeldern gesammelt und analysiert.
Ohne ein zuverlässiges Foresight-Programm hat eine Organisation im besten Fall ein gutes Verständnis für die kurzfristigen Branchentrends und -entwicklungen. In einer VUCA-Welt hingegen ist mehr erforderlich. Insbesondere die zunehmende Vernetzung, ein immer schnellerer Wandel und fliessende Branchengrenzen bedingen, dass sich neue Trends vermehrt in verwandten Sektoren oder gesamtgesellschaftlich entwickeln. Ein breites Verständnis für derartige Veränderungen zu haben reicht allerdings nicht aus. Wenn es darum geht, längerfristige Veränderungen zu beobachten und zu analysieren, sind spezifische Techniken erforderlich. Wie der Zukunftskegel in Abbildung 1 veranschaulicht, multiplizieren sich die Möglichkeiten zu einer Vielzahl von Zukünften, je weiter man in die Zukunft blickt.
Auf Basis von Strategic Foresight entworfene Szenarien sind somit keine Prognosen, sondern facettenreiche Zukunftsbilder ohne Wahrheitsanspruch. Häufig werden die methodologischen und analytischen Zukunftsdarstellungen in Form einer Erzählung abgebildet. Darüber hinaus beschreiben und erkunden Szenarien Rahmenbedingungen und relevante Trends inklusive deren Entwicklungen und sie bilden die Vielfalt der plausiblen Zukünfte ab.
Szenarien können im Rahmen der Entwicklung und Überprüfung von Strategien sowie der Erkundung der für Visionen und Strategien wichtigen Tendenzen und Treiber wirkungsvoll eingesetzt werden. Gleichermassen sind sie Triebfedern für innovatives und kreatives Denken und zur Vermeidung von Group Think. Neben der Sensibilisierung für die Vielfalt der plausiblen Zukünfte steht insbesondere der Szenario-Prozess und die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Fokus von Strategic Foresight.
Szenariotechniken und die damit verbundenen Vorgehensweisen sind sehr vielfältig. Im Rahmen des EMBA-Moduls erhielten wir detaillierte Einblicke in die deduktive Szenariotechnik, die in einer 2×2 Matrix mit vier plausiblen Zukunftsszenarien resultiert. Abbildung 2 gibt einen Abriss der fünf Prozessschritte, die bei dieser Vorgehensweise durchlaufen werden.
Das Team des Strategic Foresight Hubs der ETH Zürich um Dr. Chris Luebkeman hat diese Methodik im Rahmen der Studie «2050 Scenarios: Four Plausible Futures» für das internationale Planungs- und Beratungsbüro Arup angewendet. Laut aktuellen Prognosen wird die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 um weitere zwei Milliarden Menschen von 7,7 Milliarden auf 9,7 Milliarden anwachsen. Vor diesem Hintergrund skizzieren die vier Szenarien Post Anthropocene, Greentocracy, Extinction Express und Humans Inc. (siehe Abbildung 3) mögliche Zukunftsdarstellungen, die von der existentiellen Krise der Menschheit und des Planeten bis hin zum erfolgreichen Wandel zu einer ökosozial gerechten Welt reichen.
«Zukunftsszenarien sind Werkzeuge, um das Undenkbare zu denken. Als bildliche Darstellungen sollen sie dabei helfen zu verstehen, in welche Richtung die Menschen sich bewegen müssen, um die gewünschte Zukunft Realität werden zu lassen.» – Dr. Gereon Uerz
Dabei gibt es weder richtig noch falsch und Strategic Foresight ist weder wertend noch indifferent gegenüber der Gegenwart. Szenarien formen ein Verständnis für einen Kontext, der erst noch kommen wird. Auf Basis von Erfahrungswerten, von Forschung und in gewisser Weise gefühlsmässig werden Annahmen getroffen, um sich heute auf das Umfeld von morgen vorzubereiten. Zielsetzung ist es, aus Mehrdeutigkeit Klarheit zu schaffen und Orientierung zu geben. Dabei steht die Frage nach dem «Warum» im Zentrum. Diese gilt es immer und immer wieder zu stellen, bis sie glasklar beantwortet werden kann.
Sind wir einmal ehrlich. Haben wir nicht alle schon einmal Richtungsänderungen leichtfertig als Scheitern verurteilt? Was wäre denn, wenn wir die Tatsache akzeptieren würden, dass mehrere Zukünfte möglich sind? Dann würden Richtungsänderungen weniger als Fehlschläge wahrgenommen werden und es würde sich eine Kultur etablieren, neue Möglichkeiten zuzulassen und zu verfolgen. Eine Vision oder ein Strategiepapier suggerieren allerdings, dass es nur diese eine Zukunft gibt. Hingegen bringt eine bevorzugte Zukunft zum Ausdruck, dass mehrere Zukünfte möglich sind und man Anpassungen vornimmt, sobald neue Möglichkeiten oder neue Informationen auftreten.
Gerade deshalb ist es wichtig, ein Foresight Mindset in einer Organisation zu etablieren und in der DNA der Mitglieder zu verankern. Kurskorrekturen stehen somit weniger für Scheitern als für die Anpassungsfähigkeit der Organisation. Denn schliesslich ist es «nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern eher diejenige, die am ehesten bereit ist, sich zu verändern.»
My heartfelt thanks to Chris for the fantastic insights and the great journey!
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