Never stop dreaming
Dezember 24, 2018
Aus dem Unterricht des CAS Social Media Management mit Julia Wunsch, Fabio Emch, Konrad Weber und Ubaldo Piccone berichtet Andrea Tucci.
Der Abschluss wurde gebührend gefeiert. Im Zweistundentakt wurde uns ein buntes Feuerwerk an Vorträgen von vier Experten geboten. Erst führte uns Julia Wunsch hinter die Kulissen bei Social Media @ AXA, dann erklärte uns Fabio Emch von jim & jim die nächste Generation, Konrad Weber brachte uns die digitalen Herausforderungen im Journalismus näher und Ubaldo Piccone rief schliesslich zum Träumen auf.
Täglich scrollt der durchschnittliche Nutzer 90 Meter durch Feeds, Internetseiten und Dokumente. Das ergibt eine jährliche Reise von über 32 km. Die erste Erkenntnis liegt darin, dass ein Unternehmen nicht in Konkurrenz zu anderen Mitbewerbern steht, sondern zu Katzenbildern, Baby- und Urlaubsfotos von Freunden im Feed des Betrachters. Da die Aufmerksamkeitsspanne des Durchschnittbetrachters bei nur gerade acht Sekunden liegt, müssen Inhalte schnell auf den Punkt gebracht werden und dennoch attraktiv wirken.
Für Unternehmen ist die organische Reichweite seit der Umstellung des Facebook Algorithmus Ende 2017 faktisch tot. Video Inhalte sind attraktiv und fallen daher eher auf. Das Story-Format ist entsprechend auf dem Vormarsch. Zudem hat sich für das Marketing von Unternehmen vor allem etwas geändert: die Zielgruppe entscheidet selber, was sie sehen will und was nicht. Interessant ist auch, dass 84% aller geteilten Inhalte dem Dark Social zugeschrieben werden. Die meisten Beiträge werden also nicht über nachverfolgbare, sondern über private Kanäle geteilt.
Für das Social Media Team bei der AXA bedeutet dies, dass gute Schnittstellen zu vielen anderen Teams innerhalb des Unternehmens notwendig sind, um an spannende, authentische Geschichten zu kommen. Wenn Inhalte nicht gut sind, wird nur einmal geklickt und zwar weg. Grundsätzlich gilt: Wenn es «WOW» macht, ist es für eine Social Media Kampagne geeignet. Wenn kein Wow-Effekt erzielt werden kann, reicht eine gute Überraschung auch schon.
Als nächsten Referenten durften wir Fabio Emch von jim & jim begrüssen. Sein Thema ist die Generation Z. Mit anderen Worten: Bei ihm muss alles sehr schnell und intuitiv gehen. Er erklärt uns dieses Phänomen am Beispiel der typischen Frühstückstisch Situation.
Früher kam der Teenager in die Küche an den Tisch und trank seine Ovi, als der Vater mit seinem Kaffee bereits in die NZZ vertieft war. Heute liest ein 16-Jähriger bereits beim Aufstehen Snapchat, WhatsApp, Facebook, Instagram, YouTube und hat bereits zehnmal mehr Informationen aufgenommen als sein Vater, der noch immer die NZZ liest.
Die Generation Y hat gelernt sehr effizient zu kommunizieren, weil ein SMS auf 60 Zeichen limitiert war. Die Generation Z spricht in Bildern, das ist noch schneller. Doch woher weiss Fabio Emch das alles? Zum einen führt die Agentur jim & jim jährliche Studien zu diesen Themen durch, zum anderen hat sie sich ein grosses Netzwerk von jungen Influencern und Creators aufgebaut.
Kurz zusammengefasst: Guter Content muss relevant, social, authentisch, aktuell und involvierend sein.
Konrad Weber bringt uns die digitalen Herausforderungen im Journalismus näher. Die technologische Entwicklung in den letzten Jahren hat rasant zu genommen. So dauerte es 68 Jahre, um 50 Millionen Fluggäste zu bewegen. Um dieselbe Anzahl Nutzer beim Telefon zu erreichen, dauerte es 50 Jahre. Beim Fernseher dauerte es noch 22 Jahre, beim Mobiltelefon 12 Jahre und für Pokemon Go brauchte es lediglich 19 Tage, um 50 Millionen Nutzer zu registrieren.
Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) erreicht zwar 96% der Bevölkerung, aber sie sind schwach aufgestellt bei den digitalen Kanälen. Dies ist daher bedenklich, weil die TV-Zuschauerzahlen linear abnehmen. So machen die über 50-jährigen bereits 86,3% der Tagesschau-Zuschauer aus. Gleichzeitig explodiert aber die Videonutzung im Netz. Ähnliche Veränderungen sind auch bei der Radio-Nutzung auszumachen. Auch da liegt das Durchschnittsalter weit über 60, während die Audionutzung im Netz wächst, wenn auch nicht so schnell wie die Videonutzung.
Die Entwicklung von Smart Speakers wie Alexa und Co kann hier helfen. SRF bietet über Alexa ein Abonnement über Themengebiete ohne Werbung. Die Technologie ist heute schon so weit, dass ein Mobiltelefon selbständig Telefonanrufe tätigen kann. Dabei wirkt es so echt, dass es ohne Probleme einen Tisch im Restaurant reservieren oder einen Termin beim Friseur vereinbaren kann. Konrad Weber meint dazu: «Die neue Generation wird sich wundern, warum der Lautsprecher nicht mit ihnen spricht.»
Die Generationen Y und Z machen bereits einen Drittel der Schweizer Bevölkerung aus. Doch wie kann diese Gruppe erreicht werden? Einfach alles online stellen funktioniert für diese Zielgruppe eben nicht. Vor allem junge Frauen wollen nicht mit negativen Nachrichten überflutet werden. Das Problem bei SRF liegt im fehlenden digitalen Image. Eine eigene Erhebung hat gezeigt, dass die Jungen vor der Nutzung von SRF ein verstaubtes, veraltetes Bild vom Portal hatten. Nach der Nutzung hat sich ein viel jugendlicheres Bild ergeben.
Diese Erkenntnisse haben dazu geführt, dass SRF die internen Strukturen komplett aufgebrochen hat, und die einzelnen Abteilungen nun viel enger in prozesshaften, modularen Strukturen miteinander arbeiten. Es steht nicht mehr der Sender oder die Sendung im Vordergrund. Es gibt keine Deadline, sondern das Thema wird bearbeitet und dann weiterentwickelt. Der Zuschauer interessiert sich nicht, von welchem Sendegefäss die Inhalte stammen. Eine Erkenntnis war, dass nicht alles Fernsehmaterial einfach aufs Netz gestellt werden kann. Für das TV und das Mobiltelefon sind nicht dieselben Inhalte und Formate geeignet.
«Es ist nicht der einzelne Journalist, sondern das Know-how Verschiedener, das einen optimalen Output bringt. Der coolste Inhalt bringt nichts, wenn er nicht gut vermittelt wird.»
Abgerundet wurde der Tag vom HWZ-Abgänger Ubaldo Piccone. Vorgestellt wurde er uns als einer, der bei einem GAFA (Google, Apple, Facebook und Amazon), einem der grossen vier Unternehmen, arbeitet. Neben seiner Tätigkeit bei Apple hat er Start-Ups gegründet und dabei viel gelernt. So ist sein grösster Erfolg auch gleichzeitig sein grösster Reinfall.
Bei Ubaldo Piccone geht es um die Verwirklichung von Ideen und Träumen. Wer ein Start-Up gründen möchte, wird zwangsläufig seine persönlichen Komfortzone verlassen müssen. Am Anfang steht nur eine Idee, aber kein Geld. Umso wichtiger ist es, dass die Leidenschaft für diese Idee brennt.
Am Beispiel vom Coiffeur Salon Cut & Lounge, vom Start-Up Yeahgood, für welches er den Start-Up Award gewonnen hatte und von der Kunstplattform Tokj.art zeigt uns der nebenberufliche Firmengründer seine Erkenntnisse auf. Bei Cut & Lounge brachte der Ortswechsel von Baar nach Zug sowie der Social Media Auftritt den Erfolg.
Yeahgood war eine digitale Content Plattform, die den Swiss Startup Award 2015 gewann. Ein Unternehmen konnte darauf authentische Werbebilder von einer Community erwerben. Die Idee dahinter war, dass ein Bild von einem Freund mit einem neuen Nespresso Kaffee glaubwürdiger ist, als George Clooney, der dasselbe anpreist.
Nachdem er Investoren an Bord geholt hatte und die Meinungen auseinander gingen, hat er Yeahgoods schliesslich aufgegeben. Seine Haupterkenntnis zu diesem Projekt ist, dass man nie auch nur 1% des Unternehmens verkaufen sollte, wenn man nicht auch bereit ist 100% zu verkaufen.
Für Ubaldo Piccone ist die finanzielle Sicherheit wichtig, die eine Festanstellung mit sich bringt. Deshalb arbeitet er wieder bei Apple und hat sein aktuell neustes Start-Up, Tokj.art, eben erst lanciert. Es geht um Kunst, genauer gesagt «Streetart», die online erworben werden kann. Hierfür konnte er Internationale Designer als Influencer gewinnen. Die Kunstwerke werden in limitierter Auflage erstellt und auf der Plattform Tokj.art verkauft.
Nach all den gewonnenen Erkenntnissen aus diesen verwirklichten Träumen, endet der Kurs schliesslich mit den Worten: Never stop dreamin’!
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