Institute for Digital Business

(MOBILE) BUSINESS MODELS

Oktober 6, 2018

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BUSINESS – Aus dem Unterricht des CAS Mobile Business & Ecosystems mit Dr. Erwin Hettich und Ralph Hutter berichtet Anna Katharina Arnold:

Früher standen reine Produkte/Dienstleistungen im Zentrum von Business Models, heute sind erfolgreiche Modelle  entlang dem Kunden zentriert. Im Fokus steht der Nutzenaspekt und es gilt für Unternehmen in erster Linie klar zu verstehen, was für einen „Job“ ihr Produkt/Dienstleistung für den Kunden erledigt. Anhand welcher 4 weiteren Dimensionen sich ein zeitgemäßes Business Model orientiert und was die Treiber und Spezifikationen insbesondere von Mobile Business Models sind ist nachfolgend u.a. am Beispiel TESLA erläutert. 

DIE 5 ZENTRALEN DIMENSIONEN EINES BUSINESS MODELS

Mit dem Nutzenversprechen der sogenannten Value Proposition wird gleichzeitig die Grundaktivität des Unternehmens festgelegt. Auf Basis dessen werden die vier weiteren Dimensionen Design, Ressourcen, Vernetzung und Ertragsmechanik definiert. Je nach Mix dieser 5 Dimensionen lassen sich die unterschiedlichsten Business Models realisieren.

1) NUTZENVERSPRECHEN definieren (Value Proposition)

Erfolgsversprechende Business Models haben das Nutzenversprechen ihres Produktes resp. Dienstleistung klar definiert. Die grösste Herausforderung hierbei ist es zu verstehen, was für den Kunden wirklich relevant ist. Welche Probleme/Bedürfnisse haben die Kunden? Wer sind die Kunden – neue oder bestehende Gruppen? In Folge dessen muss das Unternehmen entscheiden, ob es in Zukunft:

  • einen neu identifizierten Job erledigen,
  • den bestehenden Job erweitern,
  • sich auf einen wesentlichen Job fokussieren oder
  • den Job verschieben will (z.B. vom was/Produkt zum wie/Service).

2) (Kritische) RESSOURCEN definieren

Welches sind die zur Realisierung des “Jobs” zentralen Ressourcen hinsichtlich Mitarbeiter, Prozesse, Know-how, Rohstoffe und Infrastruktur? Vor allem kritische Ressourcen stellen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Sie sind wertvoll, rar, kaum imitierbar und nur schwer substituierbar (VRIN). Aufgrund der gewonnen Erkenntnisse, muss das Unternehmen entscheiden, ob es (unerwünschte) intern bereits vorhandene Ressourcen ausschöpfen, externe / frei verfügbare Ressourcen nutzen oder neue Ressourcen akquirieren will.

3) DESIGN – AKTIVITÄTEN zur Wertgenerierung definieren

Mit welchem “Design” resp. Aktivitäten das Nutzenversprechen umgesetzt wird, bestimmt den Inhalt des Geschäftsmodells. Erfolgreiche Business Models fokussieren sich auf einige wenigen Kernaktivitäten, die durch komplementäre Nebenaktivitäten verstärkt werden. Das Unternehmen muss entscheiden, ob und wie es:

  • Aktivitäten anders gestaltet,
  • Aktivitäten aus der Wertschöpfung bereinigt,
  • zusätzliche Aktivitäten zu seiner Wertschöpfung hinzufügt,
  • Aktivitäten innerhalb resp. außerhalb des Unternehmens ausführt.

4) VERNETZUNG der Aktivitäten definieren

Erfolgsentscheidend für ein Geschäftsmodell ist es, die vorab definierten Aktivitäten gut auf Interdependenzen zu durchleuchten und insbesondere nach Komplementarität und Synergien zu suchen, damit die Gesamtheit der Aktivitäten am Schluss mehr als die Summe der Teile darstellt. Entsprechend vorsichtig muss das Unternehmen entscheiden, welche Aktivitäten integriert, extern verlinkt, flexibilisiert oder neu getaktet werden. Ziel ist es, die definierten Aktivitäten so zu konfigurieren und zu verknüpfen, dass daraus ein Wettbewerbsvorteil entsteht.

5) ERTRAGSMECHANIK definieren (Value Appropriation)

Wie generiert das Unternehmen aus der Einlösung des Nutzenversprechens seinen Umsatz? Mögliche Modelle hierzu sind, die Kosten der tatsächlichen Nutzung zu verrechnen, Basisdienste gratis, jedoch Premiumdienste zu belasten („Freemium“) oder die Bezahlung indirekt mit werbefinanzierten Diensten zu generieren.

Innovative Geschäftsmodelle haben in den letzten Jahren traditionelle Ertragsmechaniken durch Umdrehen der Logik in Frage gestellt und damit neue Standards auf dem Markt etabliert wie beispielsweise Standard Oil mit ihrem bekannten Razor-Blade Model (den Rasierer gibt es gratis, die Rasierklingen müssen bezahlt werden).

Entstehung und Entwicklung neuer Geschäftsmodelle

Durch Rekombination können entlang all der oben erwähnten 5 Dimensionen neue Geschäftsmodelle entstehen.
In der Realität entwickeln sich Geschäftsmodelle jedoch wohl aus einem Mix zwischen dem evolutionistischem Ansatz (Variation, Selektion, Retention) mit dem dahinterliegenden Gewinnfokus und dem konfigurationstheoretischen Ansatz wo der Fokus auf dem Kunden liegt und die Bausteine anhand der Wertkurve konfiguriert werden.

Wertkurve verstehen

Ausgangslage stellt in jedem Fall die Wertkurve dar, wo die Wettbewerbsfaktoren der Angebotsqualität gegenübergestellt werden. Entlang dieser Kurve muss ein Unternehmen definieren, welche Charakteristika geschickt unter Industrienorm gehalten werden (Vermindern) welche der als unentbehrlich eingestuften Merkmale eliminiert, welche geschaffen und welche geschickt über die Industrienorm gehoben werden sollen (Steigere). Wichtig ist es auch hier, bei den Entscheidungen den Kunden und dessen Nutzen mit einzubeziehen.

MOBILE BUSINESS MODELS

Sinkende Transaktionskosten (z.B. mobile Payment), verfügbare Daten (Menge und Transparenz), Technologischer Wandel (z.B. Mobil verfügbare Zeitschriften), wachsende Kundenerwartungen (bsp. Tiefpreisgarantie) und ein verändertes Adaptionsverhalten der Kunden (die Haiflosse – die Breite Masse muss heute bereits im Stadion der früheren Early Adopters abgeschöpft/bedient werden) sind die Treiber hinter den heute gängigen Mobile Business Models.

Mobile Business Models werden idealerweise wie folgt modelliert:

  1. Mobile Momente der Kunden und den dahinterliegenden Nutzen analysieren.
  2. Vision, Ziele und Strategie definieren.
  3. Das eigentliche Mobile Business Model anhand der 5 Dimensionen modellieren. Strategie und Modellierung sind dabei in ständigem Austausch und werden ggf. angepasst.
  4. Die Organisation parallel zur Mobile Business Modellierung entwickeln
    Wichtig ist es möglichst früh, Verantwortlichkeiten zu definieren und Security Aspekte zu betrachten.
  5. Mobile Roadmap – Umsetzungsschritte konkret planen.

Nicht ausser acht gelassen werden darf bei sämtlichen Schritten die Wertkurve resp. der Wettbewerb. Es gilt sicherzustellen, dass das Mobile Business Model möglichst sämtliche wettbewerbsentscheidenden Kriterien abdeckt.

Typologien von Mobile/Online Business Models

Mögliche daraus entstehende Typologien von Mobile/Online Business Models sind unterstehend dargestellt:

Herausforderungen bei der Gestaltung von Mobile Business Models

Faktoren, welche es bei der Mobile Business Model Konfiguration unbedingt zu beachten gilt:

Hinsichtlich Geschäftsmodell Konfiguration:
Beschleunigung des Produktlebenszykluses
– Optimierung bzw. Eliminierung von Produktionskosten (Digitalisierung von Produkten und Prozessen)
– Machine learning
– Künstliche Intelligenz
– Verringerung der Entwicklungskosten
– Crowdsourcing
– Internationaler Zugang zu Talenten (ODesk, TopCoder)

Veränderung der Organisationsstrukturen

Hinsichtlich Wettbewerb:
Wettbewerber an unerwarteter Stelle
– Digitale Dynamik eliminiert bestehende Eintrittsbarrieren und Wettbewerbsvorteile (z.B. durch Differenzierung)
– Erhöhte Vertriebsreichweite / verringerte Vertriebskosten (Netflix)
– Exzellenz in der Nische (Blacksocks)

Druck auf Preise und Margen
– Nahezu perfekte Transparenz von Preisen und Qualität
– Reichweite und Lagerkosten nahezu gleich Null (Netflix)
– Bsp: Vergleichsportale destabilisieren Kundenbeziehungen

(In Anlehnung an die Unterrichtsmaterialien CAS Mobile Business Models von Dr. Erwin Hettich p. 87).

BEWERTUNG VON (Mobile) BUSINESS MODELS

Business Models lassen sich einfach an Hand des unten dargestellten NICE Models bewerten.

 

Abschliessend und zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein robustes Business Model Dinge anders macht (Novelty), schneller/günstiger/hochwertiger (Efficiency) produziert, seine Aktivitäten bestens aufeinander abgestimmt hat (komplementär) und in der Lage ist, Kunden einzuschliessen (lock-in).

TESLA – ein Beispiel für ein Mobile Business Model

Weiterführende Literatur:
TESLA BLOG: https://www.teslarati.com/
GENERAL ELECTRIC VEHICLE BLOG: https://electrek.co/

Mobile Momente

Tesla deckt mit seinem „full access through mobile device“ Ansatz sämtliche zentralen Mobilen Momente entlang der Kundenerlebniskette ab. Darunter fällt nicht nur die ausschließliche Online-Bestellung und Konfiguration sondern auch der volle Zugang zu sämtlichen real-time Betriebsdaten wie bsp. aktueller Batteriestand, Schliessfunktion und die automatische System Wartung sowie auch das Rückspielen der an Board gesammelten Kundendaten wie Fahrverhalten etc. was zu einer ständigen antizipierten Produktverbesserung für den Kunden führt.

Kunde, technischer Wandel und Datenverarbeitung

Mit dem sogenannten „iPAd on wheels“ wird nicht nur modernste Technik eingesetzt sondern auch gleichzeitig einen entscheidender Daten-Wettbewerbsvorteil sichergestellt. Mit den an Board gesammelten Kundendaten und deren wertsteigernden Verarbeitung können Produktverbesserungen antizipiert und in Form von Updates zum Kunden zurückgespielt werden, bevor es zu einem reduzierten Kundennutzen oder schlechterer Kundenzufriedenheit kommt. Die Updates, welche vom Kunden im Wagen direkt vorgenommen werden können, tragen zudem zu einem einmaligen Driving-Experience bei.

Teslas aktuelle Business Model Konfiguration

Nutzenversprechen:
Entlang der Wertekurve hebt sich Tesla vorwiegend in den Bereichen
– Brandimage (Status für den Kunden),
– Aufladen (low operating costs, Supercharge Infrastruktur),
– Co2 Emission,
– Quality and Servicing requirements (reduced visits to Tesla shop),
– Performance (efficiency, acceleration through „crowd learning“) und
– Car Design ab.

Ressourcen:
Kernressourcen stellen hierbei vor allem technologische Aspekte wie bsp. ihre Over-the-air Software und Applikationen, ihre Remote diagnostic und repair Technologie und die damit gesammelten Informationen und Daten dar. Hinzu kommen ihre unabhängige Produktions-Infrastruktur, ihr Human Resource Kapital (u.a. world-class engineers aus dem Silicon Valley in Kombination mit erfahrenem Topmanagement) als auch ihre Strategischen Partnerschaften mit z.B SolarCity, Daimler (automobile), Toyota (manufacturing) oder Panasonic (batteries).

Design – Aktivitäten

Vernetzung und Abhängigkeiten:
Die Hauptaktivitäten von Tesla drehen sich um Energie, Infrastruktur, Elektrofahrzeuge & ihre Komponenten, Services, und Wireless Services. Eine zentrale Komponente innerhalb dieses Aktivitäten Netzwerks stellt für den Elektrofahrzeug-Markt im Allgemeinen die Batterie, deren Aufladung und Speicherkapazität dar. Daher hat Tesla seine Aktivitäten vom reinen Elektrofahrzeug-Markt weiter in Richtung “world’s only vertically integrated energy company offering end-to-end clean energy products to our customers” entwickelt. Neben der Batterieproduktion steht auch die Energiegewinnung über Solarpannels und Home Charging Funktionen im Fokus.

Mit dem Ausbau ihrer Charging-Netzwerkinfrastruktur sichert sich Tesla einen weiteren Wettbewerbsvorteil, weil das Netzwerk in Zukunft auch weitläufiger genutzt werden kann z.B. Kooperationen mit Shops, Hotels usw.

Ertragsmechanik:

Die Ertragsmechanik ist heute in erster Linie vom Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen geprägt.
Weitere mögliche Ertragsmechaniken sind bsp. ein Tesla-Rental Model oder ein Data Sales Model, wo die gesammelten Daten zum Zweck von Routings (autonomes Fahren) an Externe verkauft werden. Ob gerade ein Data Sales Model realistisch ist, ist fraglich, da Tesla sich vorerst nicht in externe Abhängigkeit (loosing propriarity control) geben will.

Marktumfeld, Chancen und Gefahren für die zukünftige Geschäfts-Entwicklung

Die Hauptverkäufe von elektrischen Fahrzeugen finden hauptsächlich in den USA, in China, Japan und Westeuropa statt.
Innerhalb dieser Länder hauptsächlich in Städten welche dicht bevölkert sind, sich der Pendelverkehr auf eher kürzere Distanzen beschränkt und die Charging-Infrastruktur bereits weit vorangetrieben ist.

Auf dem stetig wachsenden Electronic Vehicle Markt wird es in Zukunft zu erhöhter Konkurrenz kommen. Insbesondere hinsichtlich dem Ziel, der Abdeckung des Massenmarktes, wird dies eine Herausforderung für TESLA darstellen. Zum einen aufgrund dessen, dass TESLA bereits heute mit Produktionsengpässen zu kämpfen hat und zum anderen dass sie im Gegensatz zu beispielsweise BWM nicht auf ihre Firmengröße und entsprechende Preis-Spiel-Freiräume zurückgreifen können. Ein entscheidender Punkt in der Marktabdeckung ist auch die Distributionsstrategie. Bislang vertreibt TESLA seine Autos ausschließlich über den Direktverkauf – ohne Zwischenhändler. Folglich wird es zentral sein, potentielle Kunden entsprechend zu lenken und vom ursprünglichen Händler-Kauf denken wegzulenken.

Klare Wettbewerbsvorteile hat Tesla gegenüber den Wettbewerbern dadurch, dass die Batterien – als kritische Ressource für den EV Markt- inhouse produziert werden, mit den self-owned charging stations automatisch ein lock-in effekt für den Kunden entsteht und das Tesla in ständigem Kontakt und Austausch bspw. über Blog (https://www.teslarati.com/) mit seinen Kunden ist was die Kundenloyalität stärkt.

Letztendlich wird es für TESLA zentral sein, seine Strategischen Partnerschaften weiter auszubauen. Zum einen aus ihrer „Cash“ Engpass Situation heraus, zum anderen aus der “Grösse” ihrer anderen Hauptaktivitätsfelder heraus. Die alleinige Aufbereitung und Erforschung dieser würde die Kapazität der Firma sprengen.

Es bleibt spannend zu beobachten, in welche Richtung sich das Business Model TESLA in Zukunft weiter entwickeln wird. Wird TESLA zum erfolgreichen Massenmarkt-Produzent oder wird der Fokus ganz auf Batterien und Energiespeicherung und damit zur ganzheitlichen Home-Mobility-Energy Eigenversorgung führen?

Weiterführende Literatur:
TESLA BLOG: https://www.teslarati.com/
GENERAL ELECTRIC VEHICLE BLOG: https://electrek.co/

Anmerkung Quelle: Unterrichtsmaterialien CAS Mobile Business Dr. Erwin Hettich, HWZ 2018.

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