Mehr Diversity = mehr Innovation und Erfolg?
Juni 24, 2019
Welche Wettbewerbsvorteile ermöglicht Diversity und sind diese messbar? Warum wird Diversity häufig auf das Thema Gender reduziert? Welche rechtlichen Grundlagen unterstützen Diversity? Mit diesen und weiteren Fragen starten wir in das heutige Modul zum Thema Diversity. Das Thema sorgt für Diskussionen und zeigt auf, wie vielschichtig und aktuell es ist. Valérie Vuillerat, die Gründerin von Witty Works und Hiversity sowie Verwaltungsrätin der Ginetta AG, zeigt uns die Dimensionen und Vorteile von Diversity auf, welche bei der Förderung einer inklusiven Unternehmenskultur geschaffen werden. Weiter erfahren wir, wie unbewusste Voreingenommenheit Entscheidungen bei der Rekrutierung und der Team-Zusammensetzung beeinflusst und was wir dagegen tun können.
Unter Diversity verstehen wir die Berücksichtigung unterschiedlicher Elemente und den Einbezug verschiedener Arten von Menschen (z.B. Menschen verschiedener Rassen oder Kulturen) in eine Gruppe oder Organisation. Die Diversität legt den Fokus somit auf die Vielfalt und Heterogenität von Menschen. Demgegenüber ist die Inklusion der bewusste Akt der Aufnahme von Vielfalt, der Wertschätzung der Unterschiede und der Schaffung einer Umgebung, in der alle Arten von Menschen erfolgreich sein können. Mit anderen Worten:
Diversity is being invited to the party; inclusion is being asked to dance. – Verna Myers
Diversity ist ein breiter und vielschichtiger Begriff. Dies bestätigt auch das Brainstorming in der Klasse. Wie bei einem Eisberg gibt es von jedem von uns viel mehr zu erfahren, als wir tatsächlich sehen. Wir sind eine komplexe Mischung von Faktoren, die mehrheitlich nicht sichtbar sind, sozusagen “unter der Wasserlinie” liegen.
In der Schweiz liegt der Fokus beim Thema Diversity oft nur auf dem Thema Gender. Insbesondere die Gleichstellung von Mann und Frau beim Lohn und der Zugang zu Führungspositionen prägen die öffentlichen Diskussionen. Dabei ist positiv zu erwähnen, dass weltweit noch nie so viele Frauen so gut ausgebildet waren wie heute. Dies schlägt sich jedoch bisher nicht in den Unternehmen nieder. Die Schweiz hat eine überdurchschnittlich hohe Erwerbsquote bei Frauen von 76% – allerdings in Teilzeitstellen mit geringen Pensen und unterdurchschnittlich wenigen Führungspositionen. Theoretisch sind Frauen und Männer gemäss Verfassung gleichgestellt. In der Praxis ist die Gleichstellung jedoch in verschiedenen Bereichen noch nicht erreicht.
Trotz der Wichtigkeit des Themas Gender umfasst Diversity neben dem Geschlecht noch viele weitere Dimensionen.
Diversität umfasst verschiedene Dimensionen, die unterschiedliche Einflüsse auf die Leistung von Mitarbeitenden und den Erfolg eines Unternehmens haben können. Dazu gehören insbesondere akademischer und Branchenhintergrund, Herkunftsland, Karrierepfad, Alter, Geschlecht und Begabung. Sie umfasst auch erfahrungsbezogene Dimensionen wie funktionale Expertise, Ausbildung und internationale Erfahrung. Die Forschung weist auf die zahlreichen Vorteile von Diversität hin. Die Studie der Technischen Universität München & BCG belegt, dass Diversität Innovationskraft in den Unternehmen fördert und ihnen Wettbewerbsvorteile auf dem Markt verschafft. Auch die Universität St. Gallen weist auf die Vorteile von Diversity hin. Heterogene Teams führen zu unterschiedlichen Perspektiven und breiterem Wissen. Dadurch kann Komplexität reduziert, Innovationsfähigkeit gefördert und die Produktivität von Unternehmen gesteigert werden. Weiter ermöglichen diverse Teams den Unternehmen Zugang zu neuen Ressourcen, Ideen und Möglichkeiten über ihre verschiedenen Netzwerke. So können sich Unternehmen noch besser mit der Umwelt verbinden. Die Bildung von diversen Teams auf allen Unternehmensebenen sorgt für eine inklusive Unternehmenskultur und steigert damit auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Arbeitnehmer profitieren von besseren Arbeitsbedingungen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erlauben und einem inspirierenden Arbeitsumfeld.
Aus Sicht Kunde werden Produkte und Dienstleistungen entwickelt, welche tatsächlich nachgefragt und gebraucht werden. Denn ein diverses Team kann besser unterschiedliche Kundenperspektiven einnehmen.
Gemäss der Studie der Technischen Universität München & BCG fördern Branchenhintergrund, Herkunftsland, Karrierepfad und Geschlecht die Innovationskraft am stärksten. Im Gegensatz dazu besteht beim akademischen Hintergrund und dem Alter kein signifikanter Zusammenhang.
Der persönliche Hintergrund, der kulturelle Kontext sowie gesellschaftliche Stereotypen haben einen unbewussten Einfluss auf unsere Entscheidungen. Die unbewusste Voreingenommenheit (“unconscious bias”) hat auch einen Einfluss auf Entscheidungen bei der Rekrutierung und die Zusammensetzung von Teams – dies verdeutlicht auch der TED Talk zu Unconscious Bias von Gail Tolstoi-Miller. Denkmuster können auf der persönlichen Ebene nicht bewusst verändert werden. Aber wir können unsere Prozesse und unser Entscheidungsverhalten bewusst so verändern, sodass die Denkmuster nicht Überhand nehmen.
Die folgenden Punkte zeigen, dass der Prozess klar strukturiert und die Beurteilung nach einem Raster erfolgen soll. Das Bauchgefühl sollte erst am Schluss eine Rolle spielen:
Neben einem strukturierten Prozess haben auch die Formulierungen und der Kommunikationsstil in Stelleninseraten einen grossen Einfluss darauf, wer sich angesprochen fühlt und sich bewirbt. Wenn ein Unternehmen beispielsweise für Stellen im Tech Bereich gezielt Frauen sucht, empfiehlt Witty Works unter anderem bewusst weiblich konnotierte Adverbe/Nomen zu verwenden, beide Geschlechter anzusprechen und eher kommunale Formulierungen wie z.B. “Eigeninitiative” statt “durchsetzungsstark” einzubauen.
In Gruppenarbeiten haben wir Leadership-Attribute zusammengetragen, die zu Inklusion führen. Gemäss Prime & Salib ist eine auf Vertrauen basierende Führung, indem Verantwortung an die Mitarbeitenden übergeben wird, zentral. Mitarbeitende sollen aktiviert werden, sich weiterentwickeln und ihre Ziele zu übertreffen. Weiter erweisen sich eine positive Fehlerkultur und das Agieren nach Werten ohne das Verfolgen persönlicher Zielen als erfolgreich.
Heterogene Teams erfordern einen grösseren Führungsaufwand und sorgen nicht automatisch für Wettbewerbsvorteile und nachhaltigen Geschäftserfolg. Erst die bewusste Wahrnehmung individueller Kompetenzen und die Förderung einer inklusiven Unternehmenskultur wirken sich positiv aus.
Der Diversity Index der Hochschule Luzern ist beispielsweise ein Instrument zur Messung der Heterogenität der Belegschaft. Er ermöglicht eine Standortbestimmung von Diversity im eigenen Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen. Die Dimensionen “Alter”, “Geschlecht”, “Nationalität”, “Religion”, “Gesundheit und Beeinträchtigung” sowie die Verankerung des Themas im Unternehmen fliessen in den Diversity Index ein. Der Diversity Index wurde 2013 erstmals durchgeführt und wird alle zwei Jahre erhoben. 2018 haben insgesamt 30 Unternehmen an der Online-Befragung teilgenommen. Dazu gehören mehrheitlich Grossunternehmen. Die Ergebnisse zeigen, dass zum Thema Vielfalt in der Belegschaft von Schweizer Unternehmen weiterhin Handlungsbedarf besteht. 87% der teilnehmenden Unternehmen halten zwar Grundsätze zum Diversity Management im Unternehmen fest. Im Schnitt setzt jedoch nur die Hälfte der Unternehmen konkrete Massnahmen um.
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