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«Marketing macht am Ende alles kaputt!»

September 19, 2019

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Aus dem Unterricht des CAS Social-Media-Management mit Roger Hämmerli berichtet Armin Diethelm:

Schweiss rinnt über die Stirnen der Studenten, während sie in der letzten Augusthitze dieses Jahres angestrengt und fasziniert den Worten eines Mannes lauschen, der nach eigenen Angaben 2008 als erstes einen Hamburger auf Facebook postete, eine #1-Spiele-App entwickelte (und später verkaufte) und mit 18 seinen ersten Sonnenuntergang erlebte: Roger Hämmerli.

Der Exil-Glarner berichtet an diesem heissen Nachmittag über drei Plattformen: Instagram, Snapchat und TikTok. Zweien prophezeit er eine erfolgreiche Zukunft, einer eher nicht.

Es ist ein Nachmittag übers Erwachsenwerden. Die Plattformen verlieren im Lauf der Zeit ihre kindliche Unschuld, die Nutzer und deren Inhalte werden älter, reifer und vernünftiger. Eltern und Grosseltern entdecken die Plattform – und damit wird auch das Nutzerpublikum für die breite Masse der Werbetreibenden interessant. Die Jungen und Junggebliebenen suchen sich hingegen eine neue Plattform, wo sie unter sich sind – ohne Eltern und ohne Werbung. Oder wie es Hämmerli (augenzwinkernd) formulierte:

«Marketing macht am Ende alles kaputt.»

Stories bringen Instagram den Durchbruch

Aber der Reihe nach. Instagram ist definitiv der nächste grosse Stern am Social-Media-Himmel. Denn der «Ziehvater» Facebook ist im Reifeprozess schon deutlich weiter angelangt. Instagram hat zwar über eine Milliarde Nutzer, gleichzeitig aber auch noch die jugendliche Spitzbübigkeit, ein Ei zum meistgelikten Beitrag zu machen.

Aktuelle Statistiken zu Instagram

Den grossen Durchbruch brachten die «Stories», die seit 2016 fester Bestandteil von Instagram und seither auch in die Geschwister-Anwendungen Facebook und Whatsapp («Status») eingeflossen sind. Inzwischen kam IGTV als grosser Youtube-Rivale hinzu, in Kürze dürfte das breite Ausrollen der integrierten Shoppinglösung folgen. Die Zielsetzung ist klar – der Nutzer soll auf der Plattform gehalten werden, was ohne Zwischenhandel leichter fällt.

Snapchat, der strauchelnde Innovator

Schwieriger tut sich Snapchat mit der Einbindung von Werbung. Die Erfinder der kurzlebigen Nachrichten erdreisteten sich 2012, eine Übernahme-Offerte von Facebook abzulehnen. Inzwischen haben nicht nur sämtliche Facebook-Anwendungen eine gleiche Funktion erhalten, sondern sie monetarisieren ihre Plattformen auch besser als Snapchat.

Snapchats Problem der Monetarisierung

So verbreitet der Dienst inzwischen mit über 200 Mio. täglich aktiven Nutzern sein mag, so schwierig wird es künftig werden. Denn Snapchat verbrennt im Moment nur Geld, anstatt es zu verdienen. Für Werbebetreiber ist der Zugang für lange Zeit sehr schwierig gewesen, in letzter Zeit gibt es nun langsam Fortschritte. Aber kommt dies alles zu spät? Langfristig scheint Snapchat wohl keine gute Perspektiven zu haben, allem Hype und günstigem Kapital zum Trotz.

TikTok, wer klopft denn da?

Geld ist beim dritten Mitspieler kein Thema: TikTok. Der chinesische Betreiber dahinter, Bytedance, führt mehrere Plattformen und ist mit rund 75 Milliarden Dollar bewertet. Mit einem Gründungsjahrgang 2012 ist es damit das wertvollste «Unicorn» der Welt (Start-up mit über 1 Mrd. Bewertung).

Aktuelle Statistiken zu TikTok

TikTok selbst gibt es in der jetzigen Form seit etwas mehr als einem Jahr und ist ein Videoportal für die Lippensynchronisation von Musikvideos und anderen kurzen Clips mit zusätzlichen Funktionen eines sozialen Netzwerks.

Die Power hinter der TikTok ist enorm – aktuell tummeln sich bereits über 500 Mio. aktive Nutzer auf der Plattform. Keine Überraschung, liefert die App vor allem viel Unterhaltungsinhalt und die Intelligenz des Newsfeeds ist «unfassbar gut gemacht», wie Hämmerli die KI kommentiert. TikTok dürfte die nächchste grosse Plattform werden.

Viermal mehr Erfolg – «ohne Grösse zu ballern»

Die neuen Plattformen bieten für die Werbebranche ein Füllhorn an Möglichkeiten, treffsicher die gewünschte Zielgruppe anzusprechen. Es ist dabei aber tröstlich, wenn Hämmerli sagt: «Grösse ballern funktioniert einfach nicht mehr heute». Es scheint so, als wenn gewisse Regeln der Vergangenheit auch für Instagram und Co gelten. Der Inhalt bringt die Follower und damit den Erfolg.

«Content is king» greift auch heute noch, aber in einer gendergerechten Welt kommt mit «Context is queen» eine mehr als wichtige Ergänzung hinzu. Weil vier gewinnt, hier die entsprechende Anzahl Tipps und Tricks für intelligente und möglichst funktionierende Werbeauftritte:

  1. Warum? Darum.

    Man stelle sich die Frage: Was hat der Nutzer davon, wenn er auf die Werbung klickt?

    Mehr braucht man zu diesem Tipp eigentlich nicht sagen. Trotzdem liesse sich auch ein ganzes Studium dazu füllen.

  2. Her infinite variety

    Werbeformate müssen für die Platzierung angepasst sein. Feedwerbung in Stories funktioniert nicht! Und eines ist keines – niemals nur ein Werbemittel schalten. Vielleicht braucht es erst 25 Varianten, bis man zur besten kommt.  Was viele Unternehmen vernachlässigen oder unterschätzen: Man kann nur erfolgreich sein, wenn man auch bereit ist, über die ausgesuchten Kanäle zu interagieren.

    Und nicht vergessen: Die Plattformen und die Nutzer brauchen «Munition». Oder frei nach Shakespeares Antonius und Cleopatra: «her infinity variety», also die unendliche Vielfalt oder eben immerneue Reizung.

  3. Sound of silence

    Bewegtbild muss auch ohne Ton funktionieren. Die Hälfte aller Videos werden lautlos geschaut. Heisst also, dass Untertitel Pflicht sind. Werden sie im Feed platziert, ist übrigens auch das Format quadratisch. Vielleicht bekommen Kinder heutzutage tatsächlich viereckige Augen vom zu langen Insta-Feed-Schauen? Auf alle Fälle: Wer sein Smartphone noch dreht, um im Querformat ein Video zu schauen, ist überhaupt nicht im Trend…

  4. Generation Goldfisch

    Apropos Trend: Eine Studie von Microsoft zeigt, dass unsere durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne bei nur noch 8 Sekunden liegt und sich im Vergleich zum Jahr 2000 um ca. 33 Prozent verschlechtert hat. Zum Vergleich, die eines Goldfisches liegt bei 9 Sekunden.

    Mit einer gedruckten Zeitung beschäftigen wir uns dann aber vielleicht doch eine Stunde, darum gelten Hintergründe, Grafiken und Kommentare hier tatsächlich als Zusatznutzen. Ob uns Wochenzeitungen deswegen letztlich länger erhalten bleiben werden als Tageszeitungen?

    Aber: Storytelling auf Social Media muss ganz anders aufgezogen werden. Die neue Kommunikation ist schnell, unverbindlich und vergänglich. Das bedeutet für die Inszenierung: Der dramaturgische Spannungsbogen einer Geschichte ist eigentlich nur noch ein Spannungsknick. Highlights müssen sofort einschlagen, direkt am Anfang eines Videos.

    Das bringt mehr Aufwand und mehr Kosten für Unternehmen mit sich. Aber eben, siehe Punkt 2 – mehr Vielfalt, mehr Reiz. Immerneu.

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