Going into the Valley – Study Tour Silicon Valley Day 2
November 6, 2019
Sehr früh (für manche zu früh) an diesem Dienstagmorgen im November treffen wir uns vor dem Departement Store Macy’s an der Geary Street beim Union Square in San Francisco. Der Kings Bus steht schon bereit für eine abenteuerliche Reise durchs Silicon Valley. Heute gehts nach San José sowie Palo Alto. Wir besuchen heute die Santa Clara University, ABB, das IFTF Institute for Future und AnChain.AI. Das heutige Programm verspricht viel und ist dichtgedrängt von Highlights. Die Fahrt dorthin dauert 1,5h – diesen Weg bewältigen täglich 20’000 Arbeitnehmende mittels Bussen – den sogenannten “Google Bus” – direkt von ihren Arbeitgebern organisiert von San Francisco ins Silicon Valley.
Nach ca. 1 1/2 Stunden sind wir froh, dass wir in San José angekommen sind, denn unser Fahrer hat sich als “Digital Driver” geoutet. Er kannte nur 1 und 0. Also 1 = Vollgas und 0 = Bremsen. Die Stossdämpfer dieses Busses, gekoppelt mit den eher schlechten Strassen, vermittelt das authentische Feeling eines Schüttelbechers.
Das Thema Ethik ist mit pötzlich aufgetauchten Problem- und Frage-Stellungen auch im Silicon Valley angekommen. Beim Besuch des Markkula Center for Applied Ethics der Santa Clara University wurde uns von Dr. Irina Raicu erklärt, wie Ethics und die Digitalisierung zusammen funktionieren können – und wohl bald auch müssen. Denn aufkeimende Probleme müssen gelöst werden. Die Techgiganten und die Startup-Szene muss sich aufgrund des öffentlichen Interesses auch juristischer Natur mit dem Thema auseinandersetzen. In einem spannenden Referat erklärt sie den anwesenden zukünftigen Digtialen Leadern, wie das Institut die Firmen in Ethik-Fragen beratet und unterstützt. In ihren Worten «schwinge das Pendel nun langsam zurück», sagt sie: Wer im Silicon Valley neue Lebensstandards im Alltags- und Berufsleben eines jeden Erdenbürgers setzt, muss auch Verantwortung übernehmen. Der Entscheidfindungsprozess eines jeden Problems sei dabei zentral und erläutert:
Dr. Raicu ermuntert uns, unsere Entscheidfindung mit der Linse der Ethik zu betrachten. Sie macht den Vergleich zur Vogelwelt – es gibt viele verschiedene Vögel auf der Welt und es braucht eine spezifische Linse, um die verschiedenen Vögel zu erkennen. Dazu die Analogie: es gibt verschiedene Arten, Ethik zu definieren. Und es wird nicht «den einen Vogel» geben, sondern eine Diskussion darüber brauchen, wie wir als Führungspersonen oder Unternehmer Ethik in unserem Geschäftsfeld definieren und leben. Im Silcon Valley ist Ethik angekommen – oder zumindest auf dem Weg dazu.
Wir werden von Deepti Patil im Headquarter von New ABB empfangen. Deepti ist seit zwei Jahren bei ABB, ihre Euphorie sowie ihre Kompetenz in ihrem Arbeitsbereich ist grenzenlos. Deepti führt uns mit viel Enthusiasmus durch die grosse Transformation von ABB. Die Zeit vergeht wie im Fluge.
“Do-it small and then spread it out”
Was bedeutet die Digitalisierung bei der ABB? Haupttätigkeit der ABB sind Entwicklungen in der Industriebranche, die Digitalisierung muss hier wie selbstverständlich eine wichtige Rolle spielen. Deepti erzählte, wie sie in ihrem Daily Business stets up to date blieben muss, um alle Trends mitzubekommen. Ihre Tätigkeit ist die Aufrechterhaltung einer sogenannten Community: Wissen wird verdoppelt und geteilt. Ebenso hosten sie Alpha- und Beta- Costumer, denen sie ihre kurz vorher enwickelten Apps zum Testen zur Verfügung stellen. “Wir können nicht warten mit dem Launch des Produkts, bis es vollends fertig ist.”, sagt sie. Die Apps werden entwickelt, durch die Kunden getestet und mittels den Kundenfeedbacks in Iterationen bis zu deren Zufriedenheit fertigentwickelt. Dazu wurde ein neuer Brand gegründet ABB Ability welcher alle Bereiche zusammenhält. Sie erwähnt auch die grosse Herausforderung, dass sie mit ihren Arbeitskollegen im Sillicon Valley ganz anders unterwegs ist, als es andere Arbeitskollegen in anderen Ländern sind. Unermüdlicher Kampf und immer wieder zwei Schritte vorwärts, sowie einer zurück, heisst die Devise.
Der Lunch fiel kurz und knapp auf dem Parkplatz des In-and-Out-Bugers aus.
Danach ging es mit vollen Mägen ins Institute of the Future (IFTF) in Paolo Alto. Unser Host Sean Ness zeigte der Gruppe anhand aktueller Beispiele auf, dass niemand eine Zukunft voraussehen kann – jedoch lassen sich Zukunftsszenarien skizzieren. Dies kann Firmen helfen beim Erkennen, wie sich ihr Ökosystem in den nächsten Jahren verändern wird. Beispielsweise erwähnte er das um 1907 lange sicher geglaubte Transportmittel mit Pferd. Plötzlich kam ziemlich unerwartet ab 1908 das Auto auf und innerhalb 14 Jahren waren zwei Millionen Autos auf dem Markt. Was tut ein Kutscher oder ein Pferdepfleger in dieser Situation am besten? Genau – sich auf die neue Nachfrage einlassen und dort Marktlücken schliessen. Hierbei war wichtig zu verstehen, dass Daten aus der Vergangenheit nur eine schwache Aussage zur Zukunft geben können. In einer anderen Vorlesung lernte die Gruppe, dass im Silicon Valley nur 70% aller Entscheide mit vorhandenen Daten gefällt werden.
Der Begriff eines Market Researchers, welcher sich mit der Vergangenheit befasst und Datenpunkte in die Zukunft zu extrapolieren versucht, steht dem eines Future Researchers gegenüber. Der Futuristiker kann Modelle, wie zum Beispiel das «two-curve framework» anwenden. Damit lässt sich aufzeigen, wohin sich eine Industrie entwickeln kann. Dieses Framework bedient sich einerseits an Daten, was das Unternehmen bis dato gemacht hat und versucht zu prognostizieren, was aus diesem Geschäft werden könnte. Zudem entwickelt es auf der zweiten Achse eine These, wie sich die Industrie verändern könnte (meist sehr hypothetisch, aber umso wertvoller). Beide Kurven zeigen nun einer Unternehmung, welche möglichen Entwicklungen sich ergeben können (ohne Voraussagen). Nun kann sich die Geschäftsleitung dafür oder dagegen entscheiden, einen solchen Weg einzuschlagen. Wann es der richtige Zeitpunkt ist, auf Trends und mögliche Veränderungen zu setzen, ist die zentrale Fragestellung.
«we cannot wait for the data anymore; we need to anticipate – or we are too late”
Nach einer aufschlussreichen Session im IFTF geht’s weiter in Richtung San Jose.
Der letzte Punkt auf dem Tagesprogramm vor dem Abendessen führte uns in eine Coworking Space in San Jose. Hier trafen wir auf das Team von Anchain.AI, das sich der Sicherheit, dem Risikomanagement und den Compliance-Themen rund um die Blockchaintechnologie verschrieben hat. Das Unternehmen wurde vor rund 14 Monaten gegründet und hat bereits die zweite Finanzierungsrunde erreicht (und erfolgreich zwei Mio. Dollar für sich gesichert)
Brandon Potts erklärt uns anhand der Hardware (Mainfraims), Middleware (Desktopcomputer) und Software (z.B. Betriebssysteme) die Lösungsansätze von Blockchain am Beispiel der Finanzindustrie (am Beispiel einer kommerzellen Bank). Obwohl das Öko-System einer Blockchain grundsätzlich als vertrauenswürdig gilt, gibt es auch hier Compliance und Risikothemen. Anchain AI setzt sich mit ihrer Softeware dafür ein, dass ein Anbieter oder eine Blockchain Exchange den Fluss von einzelnen Blockchains besser verstehen kann und allenfalls Unregelmässigkeiten besser (oder früher) erkennt. Als Nebeneffekt können so auch Frühindikatoren für Traders erkannt werden. Das abschliessende Q&A in der Runde zeigt einmal mehr, wie komplex die Materie ist und es immer noch Ungereimtheiten im System gibt. Die Gründer sind mit voller Leidenschaft daran, ihre Software weiter zu vermarkten – ein weiteres spannendes Projekt aus dem Mikrokosmos Silicon Valley.
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