Ein Tag im Silicon Valley – Bericht einer Reise ins Tal der Tekkies
Von Marko Wolter, Oktober 21, 2022
Von Marko Wolter, Oktober 21, 2022
Nachdem Jetlag und die erste Eingewöhnung an der Westküste der USA durchlaufen waren, ein gemeinsamer Abend an den Landungsbrücken in San Francisco den Gruppenzusammenhalt bereits gestärkt hatte und uns der erste Programm-Tag mit spannenden Lectures auf die Region eingestimmt hat, ging es nun endlich los: per Luxus-Bus vom Union Square San Francisco direkt hinein ins Tal der Tekkies, dem berühmten Silicon Valley. Die Vorfreude war riesig und sie wurde nicht enttäuscht.
Erster Stop in San Mateo bei Valeo, einem französischen Automobilzulieferer-Gigant, dessen LIDAR-Sparte (Entwicklung von Sensoren für autonomes Fahren) vor Ort mit einem kleinen „Mobility Tech Center“ ansässig ist (https://www.valeo.com/en/valeo-scala-lidar/). Nach einer mitreissenden Präsentation vom Site Manager Peter Groth und ergänzenden Erklärungen des VPs LIDAR Operations North America Rafel Fors durften wir die verbauten Sensoren live in einem Testfahrzeug begutachten. Dabei fiel auf, dass die Sensoren recht harmonisch in die Karosserie eingefügt wurden und das (teil-)autonome Auto somit auf der Strasse kaum als solches zu erkennen wäre. Trotzdem sind wir vom gänzlich autonomen Fahren (Level 5) noch ein gutes Stück entfernt, gibt es laut Valeo doch bislang erst 2 Fahrzeuge auf den Strassen weltweit, die Level 3 (der Hersteller übernimmt die Haftung im Falle eines vom Fahrzeug verschuldeten Unfalls) zugeordnet werden können.
Warum man sich auch als französischer Konzern im Silicon Valley ansiedelt, wurde recht schnell klar: es geht um die Möglichkeit des vielschichtigen Austauschs, des Netzwerkens und gemeinsamen Weiterentwickelns von Ideen über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus. Mit den vielen, ebenfalls vor Ort ansässigen, „Technology Labs“ etablierter Autoherstellern, mit Mobilitätsdienstleistern, die ein Interesse an der Entwicklung des autonomen Fahrens haben, einer massiven Anzahl industrie-relevanter Startups und den spontanen Begegnungen von Ingenieuren und Tekkies, die sich zufällig bei sozialen Anlässen treffen und leidenschaftlich über ihre Ideen austauschen. In diesem Zusammenhang wurde auch das von Europa abweichende „mindset“ erwähnt, welches uns während der Studienreise fortlaufend begleiten sollte: anstatt hinter verborgenen Türen erst die Perfektion zu suchen bevor etwas nach Aussen getragen wird, interagieren die Menschen viel häufiger miteinander und tauschen offen ihre geschäftlichen Ideen und Entwicklungsstände aus (im Zweifel natürlich von einem NDA abgesichert) – weil am Ende beide Seiten davon profitieren können. So pusht sich die Tech-Welt gegenseitig zu immer neuen Sphären. Spannend war auch die Antwort auf die Frage nach der Ethik beim autonomen Fahren – dies sei lediglich ein Thema für Konferenzen, aber in der Praxis keine reale Problemstellung, da die technische Weiterentwicklung ja genau die Erhöhung der Sicherheit zum Ziel habe.
Begeistert von dieser „technology injection“ ging es wieder in den Bus und zum nächsten Zwischenhalt: das HanaHaus in Palo Alto. Dieser, von SAP-Mitgründer Hasso Plattner ins Leben gerufene Coworking Space, residiert ganz im Geiste des Valleys in einem historischen Theatergebäude
where people can connect, explore new ideas, and bring them to life
(https://www.hanahaus.com/ourstory). Unsere Gruppe traf hier in einem abgetrennten Bereich – teils auf Stühlen, teils auf Lounge-Sofas sitzend – auf einen erfahrenen Marketeer von besonderer Güte: Mike Linton hat gleich mehrere Unternehmen als Chief Marketing Officer umgekrempelt und in das digitale Zeitalter geführt: Best Buy, eBay, Farmers Insurance. Key Learning von ihm: die Digitalisierung verschiebt in dramatischer Weise die Machtverhältnisse vom Produzenten zum Konsumenten. Durch die neue Markttransparenz (was Verfügbarkeit, Preis, Qualität etc. angeht) müssen Unternehmen äusserst schnell reagieren, sich all-in digital aufstellen (nicht nur teilweise online gehen, um mal auszuprobieren) und ggfs. neue (sich selbst kannibalisierende) digitale Marken aufbauen.
Nach einem „flying lunch“ hiess der nächste Stop Santa Clara, Besuch bei eightfold.ai (https://eightfold.ai/), einem aufstrebenden HR Software-Powerhaus, das sich ganz der optimierten Rekrutierung (automatisierte CV-Analyse) und Talent Intelligence (Vorhersagen treffen können) verschrieben hat, und zwar mit Hilfe von deep-learning AI-Modellen. Das Unternehmen und ihr Repräsentant Steve Feyer haben sich von ihrer besten Seite gezeigt und uns die Bedeutung ihres Produktes anhand der allgegenwärtigen Herausforderungen im HR (auch im Silicon Valley!) näher gebracht: genügend passende Fachkräfte zu finden und die derzeitigen Mitarbeiter auch halten zu können.
Abgeschlossen wurde der erlebnisreiche Tag schliesslich im WeWork Coworking Space in San Jose durch zwei Startups, die uns zum einen im Bereich „autonomous store AI“ (AiFi.com) und zum anderen im Bereich „NFT“ (Anchain.ai) spannende Einblicke in die Verknüpfung neuester technologischer Entwicklungen mit Geschäftsidee-Modellen gegeben haben.
Zum „Daily debriefing“, einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit den Key Learnings der Gruppe, ging es dann noch nach Cupertino zum Apple Visitors Park. In der dortigen, ganz eigenen Atmosphäre wurde begonnen, die vielen Eindrücke zu reflektieren. Auch die anschliessende Rückfahrt nach San Francisco war sodann geprägt von lebendigem Austausch. Was bleibt ist die Erinnerung an einen unvergesslich spannenden Tag mit tollen Speakern, Firmen und einer tollen Gruppe. Danke HWZ!
Dieser Fachbeitrag wurde im Rahmen eines Leistungsnachweises für das CAS Digital Leadership verfasst und wurde redaktionell aufgearbeitet.
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