Digitale Ethik: Wie demokratisiert man medizinisches Wissen?
Juli 5, 2021
Folgender Blogbeitrag wurde von Student Daniel Frischknecht Knörr im Rahmen des Studiengang CAS Disruptive Technologies verfasst und enthält subjektive Färbungen. Kuratiert wurde der Beitrag von Studiengangsleiterin Arijana Walcott sowie der Redaktion des Institute for Digital Business
Digitale Ethik beschäftigt sich mit den moralischen Fragen, welche sich aufgrund der weitreichenden Auswirkungen der Digitalisierung ergeben. Des Weiteren hat sie zum Ziel, ein vernünftiges Regelwerk zu entwickeln, an dem man sich orientieren kann. Beispiele für ethische Orientierungspunkte sind der Schutz der Privatsphäre, Nichtdiskriminierung, Fairness, Transparenz, Autonomie, Solidarität oder Menschenrechte. Wenn wir uns das Beispiel der Hippo AI Foundation und ihrer Vision anschauen, kommen wir mit vielen dieser Orientierungspunkte in Berührung.
«The Hippo AI Foundation is a non-profit organisation which focuses on liberating all future medical knowledge, making AI-based healthcare a common good, and changing the direction of current medical AI developments – the majority of which focus on privatisation of medical knowledge.» – Hippo AI Foundation
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) hat das Potenzial, das Gesundheitswesen zu revolutionieren. Die von PWC publizierte Analyse «What Doctor? Why AI and robotics will define New Health» beschreibt dies nachdrücklich. Allerdings sollten aus Gründen der digitalen Ethik nicht nur entwickelte und reiche Nationen oder Bevölkerungsgruppen von dieser Entwicklung profitieren. Beispielsweise könnten gerade Länder mit einem schwächer ausgeprägten Gesundheitssystem besonders vom technologischen Fortschritt profitieren. Des Weiteren ist das wirtschaftliche Potenzial des Gesundheitssektors enorm. Entsprechend investieren Google, Amazon, Facebook und Apple viele Ressourcen in diesem Bereich.
Bart De Witte hat sich früh mit dem Thema der digitalen Ethik auseinandergesetzt, denn ihm war die Gefahr der Wissensmonopolisierung durch Big Tech bewusst. Der digitale Fortschritt in der Gesundheitsvorsorge sollte nicht nur einer wohlhabenden Schicht vorbehalten sein. Entsprechend wollte die Hippo AI Foundation einen Beitrag zur Demokratisierung der Gesundheitsvorsorge leisten – und zwar auf Basis von Open Data.
«Daten öffentlich, frei verfügbar und nutzbar zu machen für mehr Transparenz, Mitwirkung und Innovation — das ist Open Data.» – Schweizer Sektion der Open Knowledge Foundation
Allerdings hatte die Idee einen Haken: Sobald die mühsam zusammengetragenen Gesundheitsdaten per Open Data veröffentlicht sind, können diese auch von den Big-Tech-Playern entsprechend verwendet werden. Diese sind wiederum nicht verpflichtet, bereits privatisierten und mit eigenen Erkenntnissen ergänzte Daten zu veröffentlichen. Somit bestand das Risiko, die Monopolisierung der Daten sogar zu beschleunigen. Kurz gesagt: Dies widersprach der Vision diametral.
Wie liess sich dieser Fehler im System lösen? Bart De Witte tauschte sich monatelang mit KI-Wissenschaftler*innen, Forscher*innen und Ethik-Spezialist*innen aus dem Bereich der Philosophie aus. Entstanden ist ein neues Open-Knowledge-Lizenzmodell. Die Hippo AI Foundation publiziert sämtliche Daten kostenlos und zur freien Verwendung. Allerdings muss jedes daraus abgeleitete KI-Modell vollständig veröffentlicht werden. So entsteht ein neues Ecosystem. Dieses basiert auf völliger Transparenz und offenem Wissen. Beides sind wichtige Orientierungspunkte der digitalen Ethik. Die Verwendung dieser Open-Data-Sets durch die Big-Tech-Player ist unwahrscheinlich, da diese ihre KI-Methoden und Algorithmen nicht veröffentlichen werden.
Mit Viktoria 1.0 lancierte die Hippo AI Foundation im Oktober 2020 eine erste Testkampagne. Diese hat zum Ziel, die weltweit grösste offene Datenbank für den Kampf gegen Brustkrebs zu schaffen. Aufgrund der kostenlosen Publikation mit der Open-Knowledge-Lizenz können zum Beispiel ärmere Länder ihre KI-Modelle trainieren und die Diagnostik von Brustkrebs entsprechend vereinfachen und zugänglicher machen.
Viktoria 1.0 diente primär Lernzwecken und wurde klein gehalten. Die zweite Phase der Kampagne wird im April 2021 in deutlich grösserem Umfang lanciert. Des Weiteren sind Projekte im Bereich der Diagnostik von neurogenerativen Krankheiten sowie eine globale «Innovation Challenge» zum Thema der digitalen Stethoskopie geplant.
Bart De Witte wird im Jahr 2021 der Erfüllung seiner Vision einen grossen Schritt näher kommen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Hippo AI Foundation nachhaltig finanzieren lässt. Sie ist eine Inspirationsquelle und zeigt, wie der digitale Wandel verantwortungsvoll und ethisch gestalten werden kann.
Have a listen.
Das nachfolgende Interview mit Bart De Witte ist eine Ergänzung zu diesem Beitrag. Einerseits erklärt er darin, welche Entwicklungen ihn im Bereich der digitalen Gesundheit faszinieren und wer als Vorbild für das Finanzierungsmodell seiner Stiftung diente. Andererseits bietet es einen Einblick in wichtige Erkenntnisse der Viktoria-1.0-Testkampagne sowie Details zur globalen «Innovation Challenge» – und was Bart De Witte sonst noch zum Thema digitale Ethik zu sagen hat.
Have a look.
Weitere Details zur Hippo AI Foundation gibt es hier:
Web (ab Januar 2021) / LinkedIn / Instagram / Twitter
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Donation by bank transfer (Spendennachweis)
Account holder: DSZ – International Giving Foundation
IBAN: DE67 3605 0105 0001 8363 52
BIC: SPESDE3EXXX
Intended purpose: A20-142 Hippo AI Foundation
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