Digital Business und -Leadership – welche Veränderungen braucht es?
April 2, 2019
Alles schreit nach “digital Business” und “digital Leadership” – doch was bedeutet das konkret? Welches sind die Herausforderungen für Firmen und deren Führungskräfte? Dieser Blogbeitrag beleuchtet die Hintergründe und zeigt Wege, wie sich Firmen diesen Herausforderungen stellen können.
Noch im Jahr 2017/2018 haben 70% der Schweizer Firmen geglaubt, dass neue digitale Technologien kaum Folgen für ihr Geschäft haben werden. Gemäss einer Umfrage der HWZ “Digital Switzerland” aus dem selben Zeitraum halten sich 87% der Schweizer KMU als digitale Dinosaurier.
Die Situation in der Schweiz hat sich zwischenzeitlich leicht verbessert, zumindest in denjenigen Brachen, welche mit stark schmelzenden Umsätzen und schwindenden Margen zu kämpfen hatten. Der Überlebensdruck war derart gross, dass diese Firmen nur dank der digitalen Transformation zurück in die schwarzen Zahlen fanden und heute sogar besser denn je dastehen.
Doch was ist “digital Business” wirklich? Geht es darum, bestehende, teils analoge oder nicht durchgängige Geschäftsprozesse digital darzustellen? Geht es darum, weitere digitale Vertriebskanäle aufzubauen oder um weitreichendere Themen der Veränderung? Eine klare und allgemein anerkannte Definition gibt es nicht, es gibt jedoch einige Entwicklungen, die einen grossen Einfluss auf die digitale Transformation haben. Diese sind im folgenden Blogbeitrag erläutert.
Die Generation Y, welche zur ältesten Generation der “Digital Natives” gehört, fordert Arbeit in Teams, Spass an der Arbeit, mehr Freiräume, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung sowie mehr Zeit für Familie und Freizeit.
Ähnliche Ziele haben auch nachfolgende Generationen, welche massgeblich zur kulturellen Transformation beitragen.
Neue digitale Geschäftsmodelle verdrängen einige der bisher sehr erfolgreichen und einträglichen Modelle, branchenfremde Firmen mischen plötzlich mit innovativen Produkten erfolgreich in Absatzmärkten etablierter Firmen mit!
Mit dem Aufkommen digitaler Musikvertriebe, wie zum Beispiel dem iTunes-Music-Store, bedeutet dies die allmähliche Zerschlagung des lokalen Musikgeschäfts. iTunes ermöglicht dem Kunden einerseits seine Lieblingssongs online zu erwerben und andererseits dem Künstler, ohne Plattenlabel erfolgreich zu sein. Dadurch werden Musikhändler und CD-Presswerke gleichermaßen ihrer Basis beraubt.
Immer mehr Geräte und Sensoren (Internet of Things) sind mit dem Internet verbunden und produzieren unglaubliche Mengen an Daten, welche den Unternehmen wertvolle Informationen liefern können – einige Unternehmen nutzen diese Informationen bereits (Business Intelligence / Advanced Analytics) um dem Kunden besser zu verstehen und ein massgeschneidertes Produkt oder einen besseren Service anzubieten.
Neue Ansätze in der Analyse von Daten erlauben immer schneller immer grössere Datenmengen zu verstehen und wichtige Schlüsse über das Kaufverhalten eines Kunden zu gewinnen.
Gemäss einer Umfrage von Gartner sehen die Befragten in folgenden Bereichen ein grosses Potential für Veränderungen:
Neue Technologien können der Versicherungsindustrie insgesamt viel bringen. Einige Beispiele sind im Folgenden erwähnt.
Bewegungs- und GPS-Sensoren in Autos, Fahrrädern oder im Handy des Fahrers können der Versicherung Informationen zum Fahr- und Gebrauchsverhalten eines Gefährts liefern – dadurch kann eine risikobasiertere Prämie für einzelne Versicherungsnehmer berechnet werden. Zudem könnte automatisch eine Zusatzdeckung offeriert werden, sobald der geographische Deckungsraum verlassen wird.
Immer bessere und einfacher zu bedienende Analysetools erlauben, grosse Datenmengen einfach und schnell zu analysieren um daraus wertvolle Erkenntnisse über das Kundenverhalten eines Kunden zu gewinnen. So kann zum Beispiel in der Motorfahrzeugversicherung der Fahrstiel des einen Versicherten mit anderen verglichen und Schlüsse können gezogen werden, ob Fahrer mit einem dynamischen Fahrstiel mehr Unfälle verursachen als solche, die gemächlicher unterwegs sind.
Grosse Produktionsmaschinen können mit Sensoren ausgerüstet werden, die über deren Gebrauchsdauer, Betriebszeiten, Wärmeentwicklung etc. Auskunft geben. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kann ein optimaler Wartungszyklus abgeleitet werden, welcher eine höhere Verfügbarkeit zu Folge hat. Dadurch kann das Risiko eines Betriebsausfalls minimiert werden und die Versicherungsprämie kann entsprechend angepasst werden.
Bei der Augmented Reality werden reale Bilder (z.B. einer Kamera eines Handys) mit zusätzlichen virtuellen Informationen ergänzt, um die realen Bilder besser verstehen und interpretieren zu können. Dies könnte z. B. für eine verbesserte visuelle Unterstützung des Kunden im Falle einer Autopanne genutzt werden, indem die aktuelle Videoaufnahme mit dem Callcenter geteilt wird und der Mitarbeiter des Callcenters zusätzliche Hilfestellungen einblenden kann. Dadurch kann der Kunde eine Panne mit Hilfe des Callcenters selber beheben, ist dadurch wieder schneller auf Achse und die Kosten für einen Pannendienst entfallen.
Nun, die Technologie für “digital Business” und die daraus gewonnen Daten sind vorhanden – wie kann nun die “digital Transformation” eingeleitet werden, welche neuen Anforderungen lassen sich daraus für die “digital Leaders” ableiten?
Ein “digital Leader” entscheidet aufgrund vorhandener Informationen und Erkenntnissen. Entscheidungen können, aus heutiger Sicht betrachtet, falsch gewesen sein und bedürfen einer Korrektur. “Digital Leaders” ändern ihre Entscheide aufgrund neuester Entwicklungen und stehen dazu.
Eine wichtige und oft stark unterschätzte Disziplin ist das Feedback von Mitarbeitenden. Wird dieser ernst genommen und für Veränderungen berücksichtigt, ist der Mitarbeitenden motivierter und unterstützt die Umsetzung der Vision aktiver.
Die guten Vorbilder sind auch in der digitalen Transformation enorm wichtig. “Digital Leader” sind gute Vorbilder und gehen mit gutem Beispiel voran.
Vielerorts besteht heute eine null Fehler Kultur, obwohl aus Fehlern sehr viel gelernt werden könnte. Firmen, die eine aktive Fehlerkultur leben, fördern dadurch auch Innovationen, indem die Lehren aus Fehlern gezogen werden und im nächsten Anlauf wird das das Vorgehen verbessert. Wenn der “digital Leader” einen Fehler eingesteht, dann bringt das viel Respekt und die Mitarbeiter leben mehr nach diesem guten Vorbild.
Die meisten Firmen haben eine Vision, welche festlegt, wohin die Reise führt. Einige leiten daraus Initiativen und Projekte ab, welche die Vision in die Tat umsetzten. In vielen Firmen wird die Vision von oben nach unten kommuniziert und dabei oft vergessen, dass jeder Mitarbeiter abgeholt werden muss und den Sinn, das “why” dahinter verstehen muss.
In welchem Umfeld können sich Mitarbeitende am besten ihr gesamtes Potential entfalten? Vieles hängt von der Umgebung und von den Strukturen ab, ob Mitarbeiter mit auf die Reise mitgenommen werden und sich entwickeln können. Oft sind die individuellen Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter vielen Vorgesetzten unbekannt und selbst HR kennt diese nicht. Wenn sich eine Firma digital transformieren will, müssen all diese individuellen Fähigkeiten transparent in Skills-Marktplätzen wertefrei festgehalten und einsehbar sein, sodass die jeweils am besten passenden Personen in Projekte und Initiativen eingesetzt werden können.
Firmen die eine digitale Transformation einleiten möchten tun gut daran, viel Offenheit gegenüber neuen technologischen Entwicklungen, neuen Denkweisen, neuen Bedürfnissen, neue Methoden und Trends entgegenzubringen und Meinungen anderer, zum Beispiel der Kunden und Mitarbeitern grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Darin verbirgt sich viel Wertvolles, das in Anpassungen fliessen soll und so die digitale Entwicklung antreiben wird.
Während jeder Veränderung gibt es Ungewissheiten, die gemanaged werden müssen. Dies können neue digitale Vertriebskanäle sein, neue Mitbewerber und Akteure, Veränderungen im Ökosystem, im Kaufverhalten oder neue Kundenbedürfnisse. Diese gilt es in erster Instanz zu überwachen, diejenigen die von besonderem Interesse sind zu identifizieren und mit gezielten Initiativen auf diese einzugehen. Wichtig dabei ist, dass die Schlüsselressourcen innerhalb des Betriebs identifiziert und aktiv mit den Werkzeugen ausgestattet werden, welche für die Reise von Bedeutung sind. Sicherlich ist es sinnvoll, zusätzlich noch externe Spezialisten mit Erfahrung beizuziehen, welche die Reise bereits in anderen Firmen begleitet haben.
Digital Natives fordern ein selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Arbeiten zu den Zeiten, in denen Sie ihre volle Leistung entfalten können, mit den Tools, mit denen Sie am besten arbeiten können und dann, wenn es ihre Familie erlaubt. Diese Anforderungen fordern Konzepte wie “bring your own device” sowie weitere Tools, die ein zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen.
Agile Vorgehensweisen (siehe weiter unten im Blog) ermöglichen, digital Natives anzulocken und diese längerfristig zu halten, indem diesen mehr Einfluss gewährt wird, sich zu entfalten, indem deren Entwicklung gefördert wird und ihnen mehr Verantwortung übertragen wird.
Mit immer grösser werdenden Datenmengen muss in immer kürzerer Zeit umgegangen werden. Dies erfordert neuartige Informationsmanagement Lösungen, die schneller Auswertungen liefern, einfacher in der Bedienung sind und zeit- und ortsunabhängig genutzt werden können.
Neue one-to-many Kommunikationstools ermöglichen neue Formen von Zusammenarbeit über die Firmengrenzen hinaus und erlauben hierarchieunabhängiges Kommunizieren. Dies fördert die Transparenz und (gefühlte) Nähe, was sich positiv auf die Motivation aller Involvierten auswirkt.
Feedback von Benutzern, Mitarbeitenden und Kunden werden in zentralen Systemen als Backlog erfasst. Dieser wird von den agilen Projekt-Teams analysiert, gruppiert und priorisiert und in einzelnen Sprints umgesetzt.
Change Management innerhalb einer Firma umfasst oft alle Projekte, Aktivitäten, Massnahmen und Aufgaben, die eine weitreichende Veränderung in einer Organisation bewirken sollen. Dabei geht es um Veränderungen der Werte und Unternehmenskultur, Verhaltensänderungen bei Mitarbeitern, Erneuerung organisatorischer Systeme und die Veränderung gewachsener Strukturen und Prozesse.
Die grösste Herausforderung liegt darin, den richtigen Ansatzpunkt zu finden. Die folgende Grafik zeigt Bereiche auf, bei denen angesetzt werden kann.
Scrum, Kanban oder die Unternehmenssteuerung nach S.A.F.E sind Methoden, welche die “digitale Transformation” unterstützen.
Die in der folgenden Übersicht aufgeführten 12 Grundsätze sind aus dem agilen Manifest abgeleitet und bilden die Grundlagen jeglichen Tuns in agilen Vorgehensweisen.
Agile Vorgehensweisen haben ihren Ursprung in der Software Entwicklung, wo nach Scrum oder Kanban oder nach einer Mischform beider gearbeitet wird. Das Ziel beider Methoden ist, in kurzen, jeweils 2-4 Wochen lange dauernden Sprints, lauffähige Komponenten zu entwickeln. Diese werden von den involvierten Benutzern geprüft und Änderungswünsche in einen Backlog aufgenommen. Diese sowie neue Anforderungen werden in weiteren thematischen Sprints zusammengefasst, welche wiederum entwickelt und getestet werden.
Wichtig zu erwähnen ist, dass die Teammitglieder eines agilen Teams aus verschiedensten Bereichen herkommen und ganz unterschiedliche Erfahrungen mitbringen. Dies erhöht die Qualität des Produktes enorm und führt dazu, dass Teammitglieder aus anderen Bereichen sich grosses Wissen aus einem anderen Bereich aneignen können.
Bei Kanban wird der Fokus primär auf die Anzahl parallellaufenden Aufgaben gelegt, damit mögliche Engpässe möglichst frühzeitig erkannt werden.
Obwohl Scrum und Kanban häufig in der Software-Entwicklung eingesetzt werden, lässt es sich ebenfalls in andersartigen Projekten einsetzen.
Vor allem grössere Firmen können Veränderungen nicht mehr mit kleinen agilen Teams durchführen. Das Scaled Agile Framework kombiniert Ansätze aus den agilen Methoden Scrum, Kanban und Extreme Programming mit Lean Thinking sowie den Prinzipien zum Lean Product Development. Dadurch wird ermöglicht, Agilität im Firmen Umfeld anzuwenden.
Holokratie ist eine Systemik, die Entscheidungsfindungen über alle Ebenen hindurch mit gewünschter Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten aller ermöglicht. Der Holokratie-Ansatz ist erst in einigen wenigen Firmen erfolgreich angewendet worden.
Viele Schlagworte prägen die gesamte Diskussion über “digital Leadership”. Schlussendlich sind es einige wenige Eigenschaften die entscheidend für eine erfolgreiche digitale Transformation sind:
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