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Design Thinking: Bedürfnisgerechte Innovation

November 14, 2018

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Abbildung 1: Zitat Prof. Larry Leifer, PhD, Stanford University.(Quelle: ITMP AG, St. Gallen)

Dr. Alexander Becker und Christoph Bösiger berichten aus dem CAS Digital Finance im F10 über Design Thinking.

Mit exzellentem Coaching durch Robin Sengupta lernten wir eine simple und effektive Methode kennen, um bedürfnisgerechte Innovationen zu fördern: Design Thinking.

Kernelemente Design Thinking

  • Beobachten und Interviews richten den Fokus auf die Kundenbedürfnisse
  • Schaffen von Freiraum und Teamarbeit fördert die Kreativität im Unternehmen
  • Prototyping ermöglicht ein schnelles Erkennen von Verbesserungsmöglichkeiten mit extrem kostengünstigen Entwicklungen

Das von der «d.school» an der Universität Stanford stammende Vorgehen wird von immer mehr Unternehmen eingesetzt, um erfolgversprechende Produkte zu entwickeln.

Design Thinking kann man für alle Probleme anwenden, bei welchen man eine bestehende Lösung wirklich hinterfragen oder eine komplett neue Lösung entwickeln will. Ziel ist es, mit einem kleinen Team in kurzer Zeit eine Lösung in einer testbaren Erstversion zu einem bestehenden Problem zu erarbeiten – zugeschnitten auf die echten Bedürfnisse des Kunden.

5 Schritte des Design Thinking Prozess

Der Design Thinking Prozess besteht aus fünf Schritten: (siehe Hasso Plattner Institute of Design at Stanford: An Introduction to Design Thinking – PROCESS GUIDE)

1. Empathize. Verstehen/Beobachten

Verständnis für die Problemstellung des Kunden wird durch Beobachten und Befragen aufgebaut.
Beispiel: Diverse Techniken zum Dialogaufbau. Den Dingen zum Beispiel mit fünf hintereinander folgenden Warum-Fragen auf den Grund zu gehen, ist ungewöhnlich, kann aber Ungeahntes zutage fördern.

2. Define. Sichtweise definieren

Erkenntnisse über den Anwender einer Lösung und seiner Bedürfnisse werden erfasst und mit einer prägnanten Sichtweise in den Problemlösungsprozess eingebracht.
Veranschaulichung: Konkrete Herausforderungen einzelner «Personas» (typische, gut vorstellbare Vertreter einer Kundengruppe) werden beschrieben.

3. Ideate. Ideen generieren

Das Verständnis der Anwender und seiner Probleme fliesst in eine sehr breite, offene Ideenfindung ein – hier wird kreativ gearbeitet, Ideen werden generiert, nicht bewertet.
Beispiel: Brain-/ Bodystorming, Mindmapping. Nimmt zuvor definierte Sichtweisen auf und probiert die Probleme mit «Wie könnten wir…» Fragen zu bearbeiten.

4. Prototype

Ziel ist es, eine Idee schnell mit dem Kunden teilen und den Dialog weiterführen zu können. Da möglichst simple, günstige Modelle verwendet werden, können verschiedenste Lösungsansätze schnell getestet und ohne Reue wieder verworfen werden.
Beispiel: Je nach Problem kommen hier zu Beginn Papier, Rollenspiele, Modelle aus verschiedensten Materialien wie Knet, Lego, etc. zum Einsatz. Bei der Entwicklung von digitalen Produkten sei auf balsamiq und InVision verwiesen, oder bei der Darstellung von Abläufen auf Pixton.

5. Test

Prototypen werden dem Anwender präsentiert, er kann dadurch den Lösungsansatz erfahren und im Idealfall verschiedene Ansätze direkt vergleichen. Das Feedback geht dann in die Entwicklung des nächsten Prototyps ein.
Veranschaulichung: Erste Prototypen sind sehr rudimentär, niedrig auflösend. Der Anwender soll die Idee verstehen und bewerten können. Nach und nach werden die Prototypen hochauflösender und nähern sich dem echten Produkt an. So können erst viele Ideen günstig und schnell getestet und dann die erfolgversprechendste zügig verfeinert werden.

5 Schritte Design Thinking

Abbildung 2: Design Thinking Prozess. Quelle: www.enterpriseirregulars.com

Wer ist im Design Thinking Prozess involviert?

Wer ist «DER» Kunde überhaupt, für den man Empathie aufbringen und eine Lösung finden soll?
Gemäss Robin Sengupta hilft es, sich bei der Entwicklung auf die «Early Adapters» zu konzentrieren, welche Innovationen generell sehr früh testen. Die Bedürfnisse einer kleineren, klar abgegrenzten Usergruppe lassen sich besser konkretisieren als die Bedürfnisse einer anonymen Masse.

Wie soll das Design Thinking Team aussehen?

3-5 Personen im Kernteam, möglichst heterogen und interdisziplinär. Dabei sollten auch Experten auf dem Gebiet der erwarteten Lösung im Team vertreten sein. Denn wenn Experten durch Beobachten, Befragen und Übernehmen der Kundensichtweise Lösungen entwickeln, welche nicht nur technisch gut sind, sondern auch beim Kunden ein echtes Problem lösen – dann ist der Erfolg sehr wahrscheinlich.

Der Selbstversuch

Schnell und einfach haben wir unter der Leitung von Robin Sengupta erfahren, dass Kreativität nicht nur Künstlern vorbehalten ist und sogar eine Gruppe Banker und Versicherungsexperten erstaunlich kreativ sein kann.

Schon die ersten Zeichenversuche haben gezeigt, dass alle ausreichend “talentiert” sind, um diverse vorzeigbare Produkte zu Blatt zu bringen. Vorzeigbar – weil man bereits über das innert einer Minute erstellte Bild (als erster Prototyp) hervorragend diskutieren konnte. So kommt man dann sogar zum neu designten Portemonnaie, ein Implantat statt eines Leder-Geldbeutels.

Nach dem “Warmlaufen” haben wir in Kleingruppen von 4-5 Personen spannende Produkte entwickelt, primär aus dem Finanzbereich: Die Abschaffung von Bank- und Loyality-Karten oder die Entwicklung von Anlagelösungen waren selbstgestellte Probleme, zu welchen mit Design Thinking spannende Lösungsansätze entwickelt wurden. Das Durchspielen der einzelnen Schritte war extrem lehrreich. Intensive Diskussionen, Einfordern und Geben von Feedback, prägnantes Präsentieren von Ergebnissen waren Kernelemente.

Templates haben uns geholfen, die Charakteristika des Kunden mit seinen Aufgaben, Problemen und Wünschen bis zum angedachten Produkt festzuhalten. Für die Zusammenfassung und Präsentation der Ergebnisse haben wir zum Beispiel die NABC Methode verwendet. NABC steht für Need (Bedarf aus Kundensicht), Approach (Lösungsansatz aus Innenperspektive), Benefit (Nutzen für Kunden und Unternehmen) und Competition (Wettbewerb und Risiko), den vier Dimensionen, in denen ein Geschäftsmodell beleuchtet wird. Als verkürzte Variante wird das Ad-Lib Value Proposition Template verwendet, welches eine Art «Elevator Pitch» darstellt.

Neben vielen neuen Erkenntnissen und Ergebnissen kam der Spass nicht zu kurz. Und vielleicht ist dies der wesentliche Inhalt des Design-Thinking-Ansatzes: Er macht einfach Spass bei der Anwendung. Gute Ergebnisse kommen da wie von alleine!

Abschliessend drei Anregungen:

Geduld:

Wir sind viel zu schnell dabei, Lösungen zu präsentieren, ohne das Problem und Bedürfnis verstanden zu haben. Wir müssen lernen, uns viel mehr Zeit zu nehmen, den Kunden wirklich zu verstehen. Und dann immer wieder zurück zum Kunden zu gehen, um sein Feedback zu erhalten.

Probieren:

Es empfiehlt sich, Design Thinking selber auszuprobieren. Im Optimalfall im Unternehmen – aber auch ein Test im Freundeskreis kann Spass machen.

Hinterfragen:

Die Erkenntnis, dass der Kunde im Mittelpunkt stehen und enger Kundenkontakt gepflegt werden sollte, ist nicht neu – aber wie viele Unternehmen handeln entsprechend? Wie oft bleibt es beim Lippenbekenntnis statt einer echten Einbindung der Kunden in den Entwicklungsprozess? Wer diesen Schritt wagt, kann nur gewinnen!

Empfehlung zum Vertiefen von Design Thinking:

  • Falk Übernickel et al. “Design Thinking: Das Handbuch” ISBN. 978-3-95601-065-1 (Prägnant, fundiert, praxisnah)
  • Michael Lewrick, Patrick Link, Larry Leifer “Design Thinking Playbook” ISBN 978-3-80065-638-7 (Hands-on)
Zum F10
Design Thinking wurde uns nicht zufällig von Robin Sengupta im F10 FinTech Incubator & Accelerator nähergebracht; denn hier werden sonst Ideen von Teams aus aller Welt unter anderem auch mittels Design Thinking Techniken bis zur Marktreife entwickelt. Eine tolle Sache nicht nur für die einzelnen Teams, sondern auch für den Standort Schweiz.
F10 unterstützt die Start up Szene mit drei verschiedenen Programmen, je nach Entwicklungsstand der Ideen. Ziel ist es, spannende Ideen und Unternehmer in die Schweiz zu holen, hier zu coachen und zur Marktreife zu begleiten.
Über 60 Mentoren unterstützen das F10 und die Startups ehrenamtlich mit ihrer Expertise in unterschiedlichsten Bereichen.
Das F10 besteht erst seit 2 Jahren – es wurden aber bereits 220 Jobs kreiert und noch massiv mehr Ideen, getreu ihres Mottos: The best way to have a good idea is to have many ideas! (Linus Pauling).
Wir wünschen dem F10 weiterhin viel Erfolg – im Sinne der Innovationsteams und auch im Sinne des Standorts Schweiz!

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