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Daniela Landherr: Diversity, Inclusion und Equity sind kein Luxus

Von Jrene Rolli, September 16, 2021

Foto: Rita Palanikumar

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Dieser Beitrag ist als Erstpublikation im Yea(h)rbook 2021 erschienen.

Jrene Rolli: Deine Neugier hat dich bereits in 64 verschiedene Länder geführt. Wo warst du zuletzt?

Daniela Landherr: In den schönen Bergen im Bündnerland. In der Höhe und umgeben von Bergen kann ich nicht nur wunderbar reflektieren und Energie tanken, sondern mich auch mit meinen körperlichen Fähigkeiten und Grenzen auseinandersetzen.

Du bist nicht nur privat, sondern auch beruflich auf der ganzen Welt unterwegs. Wie steht die Schweiz in Bezug auf Digital Leadership im internationalen Vergleich da?

Die Schweiz ist in vielen Bereichen ein Innovationsland. Trotzdem finde ich, dass wir im Leadership-Bereich der digitalen Veränderung mit einer eher geschlossenen Denkweise begegnen. Mit der Pandemie ging es jedoch in kleinen sowie grossen Unternehmen auch hierzulande plötzlich schnell vorwärts. Dies stimmt mich zuversichtlich, denn wir müssen Führung im digitalen Zeitalter mit mehr Agilität und Neugier angehen.

Wie meistern Führungspersonen diese Herausforderung?

Die grösste Hürde ist in unseren Köpfen. Wenn wir einsehen, dass diese Veränderungen hier sind, um zu bleiben, werden wir uns diesen gegenüber auch öffnen. Darum rate ich: Embrace the new normal. Nur wenn wir uns etwas langfristig vorstellen, lassen wir uns wirklich darauf ein. Dann übernehmen wir die Verantwortung, etwas Neues zu gestalten, wie zum Beispiel eine virtuell engagierte Kultur.

“Diverse Teams treffen in 87 Prozent der Fälle bessere Entscheidungen.” – Daniela Landherr

Welche drei Faktoren eines Unternehmens sind entscheidend, um für Talente interessant zu sein?

Erstens eine klare Mission, mit welcher sich Talente identifizieren können und welche ein bestimmtes Problem löst. Das setzt oft auch eine starke technologische Präsenz voraus. Die Mission verbindet Mitarbeitende und
bringt sie dazu, gemeinsam kreativ Lösungen zu erarbeiten. Zweitens die Werte, denn sie bilden die Grundlage für die Arbeitskultur. Diese beeinflusst massgeblich, wie gerne und engagiert wir arbeiten. Wenn ein Unternehmen klare Werte in den Bereichen Diversity und Inclusion lebt, fühlen sich Talente nicht nur angesprochen, sondern arbeiten auch effektiver. Zudem sind sie bis zu 30 Prozent zufriedener, was einen direkten Einfluss auf die Produktivität hat. Und drittens ist die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung im Unternehmen wichtig. Diese wirkt wie ein Magnet für Talente.

Wie wird eine Unternehmenskultur gegen aussen spürbar?

Die Kultur entsteht aus dem Wertesystem der Führungskräfte und aller Mitarbeitenden, die diese nach aussen repräsentieren. Leben sie diese Kultur nicht authentisch, ist das spürbar für Talente. Darum ist es entscheidend, bereits bei der Anstellung darauf zu achten, ob jemand das Wertesystem des Unternehmens lebt und bereichert. In Bezug auf Inclusion und Diversity ist es wichtig zu betonen, dass niemand in eine Kultur «reinpassen» muss, sondern diese bereichern sollte.

Inwiefern hat sich dein persönliches Verhalten und Befinden verändert, seit du in einem Unternehmen arbeitest, das sich um Inclusion kümmert?

Kurz gesagt: enorm. Dinge, welche ich jahrelang kaum wahrgenommen hatte, rückten plötzlich in ein komplett anderes Licht. In einer inklusiven Umgebung zu arbeiten, ist ein grosser Reichtum, den ich dadurch beruflich und privat gewonnen habe. Sie schafft eine vertrauensbasiertere und offene Kultur.

Um die Themen Inclusion und Diversity kümmern sich in Schweizer Unternehmen – wenn überhaupt – einzelne Personen oft nur nebenbei. Wie schätzt du das ein? 

Diversity, Inclusion und Equity sind keine Luxusprodukte. Die Frage sollte also nicht sein: Können wir es uns leisten oder nicht? Ein diverses Team treibt nicht nur die Innovation voran, sondern steigert gemäss einer McKinsey-Studie auch die Profitabilität eines Unternehmens um 21 Prozent. Trotzdem haben aufgrund der Pandemie fast ein Drittel der Unternehmen ihre Diversityund Inclusion-Initiativen komplett oder teilweise gestoppt.

Mit welchen Zahlen, die den Nutzen von inklusiven Teams belegen, überzeugst du selbst Skeptiker*innen?

Diverse Teams treffen in 87 Prozent der Fälle bessere Entscheidungen. Zudem führt die Einbindung vielfältiger Perspektiven zu innovativeren Lösungen. Gemäss einer Studie von Deloitte sind Organisationen mit einer inklusiven Kultur bis zu sechsmal agiler und innovativer, erwirken eine bis zu dreimal höhere Leistung und haben doppelt so grosse Chancen, finanzielle Ziele zu übertreffen.

Woher kommt dein Interesse für die Themen Inclusion, Diversity und Equity?

Als Kind bin ich viel umgezogen und musste mehrfach versuchen, mich in bestehende Gruppen zu inkludieren. Ich wurde oft ausgegrenzt und zum Opfer von Mobbing und Diskriminierung. Ich erkannte: Es erging nicht nur
mir so. Daher begann ich, mich für andere einzusetzen, die sich ebenso ausgegrenzt fühlten und diskriminiert wurden. Daraus entstand meine Leidenschaft und Lebensmission: Menschen und vor allem Führungskräfte
zu befähigen, eine diverse und inklusive Kultur zu schaffen, die Entwicklung und Innovation vorantreibt.

In welchem Bereich möchtest du selber noch inklusiver werden?

Momentan reflektiere ich über meine Art zu urteilen. Wenn ich mir vorschnell eine Meinung bilde und diese kundtue, verschliesse ich mich gegenüber anderen Perspektiven. Dies reduziert meine Offenheit gegenüber Unbekanntem. Die Selbstreflektion hilft mir dabei, diese Muster zu erkennen und bewusst meinen Horizont zu erweitern.

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