Customer Data Advocacy – Das Zusammenspiel von Vertrauen und Daten im digitalen Zeitalter
Oktober 7, 2018
Oktober 7, 2018
Aus dem Unterricht des CAS Disruptive Technologies mit Daniel Glinz berichtet Leandro Steiner:
Weshalb ist Vertrauen wichtiger denn je im Marketingmix? Was sind die Trends im Datadriven Marketing? Und was passiert im Kopf des Konsumenten? Diese Fragen möchte uns Daniel Glinz im Unterricht zum Thema Customer Data Advocacy beantworten.
Im ersten Teil des Unterrichts am 22. September 2018 befassen wir uns mit dem Thema «Vertrauen». Vertrauen ist ein zentrales Element in der Kunden- und Markenbindung. Die Bedeutung lässt sich gut an einem Zitat von Albert Schweitzer aufzeigen:
«Vertrauen ist für alle Unternehmungen das grosse Betriebskapital, ohne welches kein nützliches Werk auskommen kann. Es schafft auf allen Gebieten die Bedingungen gedeihlichen Geschehens»
Im digitalen Zeitalter ist Vertrauen ein Kernelement, welches sowohl in der Sozioökonomie als auch in der Neuroökonomie untersucht wird. Im Unterricht lernen wir das «Iceberg»-Modell kennen. Der Eisberg ist eine Metapher, da ein grosser Teil des Vertrauens nicht sichtbar ist und sich nicht einfach konstruieren lässt («not actionable Trust Constructs»). Mit diesen sogenannten Trust Constructs versteht man Konstrukte, welche für das Grundvertrauen bei Konsumenten verantwortlich sind.
Wie wichtig das Vertrauen der Kunden ist, zeigt der Abgasskandal von Volkswagen 2015 auf. VW hatte anhand von illegalen Abschalteinrichtungen Abgaswerte manipuliert. Die Abschalteinrichtung erkannte, ob ein Auto auf dem Prüfstand getestet wurde und regulierte den Schadstoffausstoss nur in diesem Moment. Im normalen Verkehr war das System abgeschaltet. Der Skandal kostete Volkswagen über 20 Milliarden Euro. Darauf ergriff die Gruppe mehrere Initiativen, um sich für ihr Verhalten zu entschuldigen und das verlorene Vertrauen wiederaufzubauen. Umfragewerte zeigen, dass 2018 VW nach wie vor als eine der vertrauenswürdigsten Automarken wahrgenommen wird. Die Stärke der Marke und die insgesamt gelungene Aufarbeitung des Skandals sind wichtige Faktoren, weshalb VW den Skandal überleben konnte.
Im zweiten Teil befassen wir uns mit Daten. Daten sind das neue Gold. Immer mehr Unternehmen passen ihre Business-Modelle an. Alle 18 Monate wird die Rechenleistung von Maschinen verdoppelt. Noch schneller wächst allerdings das verfügbare Datenvolumen. Neue Technologien ermöglichen es, die relevanten Daten zu analysieren und so den Konsumenten mit massgeschneiderten Angeboten zu kontaktieren. Die rasante Entwicklungen in den Bereichen KI und Analytik haben nicht nur ökonomische, sondern auch gesellschaftliche Folgen. Die digitale Revolution hat einen Einfluss auf alle Sektoren. Immer mehr Menschen werden von den sekundären (industriell) und tertiären (Dienstleistungen) in den quartiären (knowledge-based) Sektor wechseln. Repetitive Aufgaben werden je länger je mehr von Maschinen übernommen. Es benötigt nicht nur ein neues regulatorisches Rahmenwerk (beispielsweise GDPR, Regel für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in Europa), sondern auch eine Adaption der Schul- und Ausbildungssysteme.
Konsumenten haben gemischte Gefühle hinsichtlich datengetriebenen Organisationen. Dies zeigt eine Umfrage von Infosys. Zwar meinen 39% der Befragten, datengetriebene Massnahmen seien invasiv. Darauf folgen aber Adjektive wie hilfreich, praktisch und zeiteinsparend.
Die Digitalisierung bringt aber auch Vorteile für die Konsumenten. Sie können sich im Internet informieren, Preise vergleichen und sich mit anderen Konsumenten über Produkte austauschen.
Daniel Glinz erwähnte drei Haupttrends in der Analytik:
Die Digitalisierung ist auch mit Risiken verbunden. Als Beispiel wurde Procter & Gamble (P&G) erwähnt. Der CMO von P&G, Marc Pritchard, bemängelt das Online Advertising Ökosystem, da es keine einheitlichen Standards und zu wenig Transparenz gibt. Im Jahr 2017 wurden deshalb die Ausgaben für Internet-Anzeigen um 200 Mio. USD gekürzt, mit dem positiven Nebeneffekt, dass die Reichweite um 10% gestiegen ist. Gemäss Pritchard wurde damit bewiesen, dass gewisse Massnahmen in der Online Werbung wirkungslos sind. Marc Pritchard zum Thema: Youtube-Link
Die rasante Entwicklung im digitalen Zeitalter hat zur Folge, dass neue Risiken entstehen:
Im dritten und letzten Teil befassen wir uns etwas intensiver mit dem Konsumenten. Mit den neuen Technologien ist der Konsument anspruchsvoller geworden. Früher gab es Massenmedien, mit deren Hilfe man relativ einfach neue Produkte auf den Markt bringen konnte. Mit dem Aufkommen neuer Technologien haben sich die Spielregeln verändert. Kundenpräferenzen müssen stärker berücksichtigt werden – das funktioniert nur mit ausgeklügelten Systemen.
In der Entscheidungsfindung stehen zwei unterschiedliche neuronale Systeme im Wettbewerb zueinander. Das kognitive System, auch Cooling System genannt, ist für vernünftige und logische Entscheidungen zuständig. Das limbische System steht in Verbindung mit Emotionen und Instinkten (auch Hot System genannt). Im Entscheidungsprozess kämpfen diese beiden Systeme gegeneinander. Bereits die in den späten 60er Jahren durchgeführten Standford-Studie von Walter Mischel zeigt, wie die beiden Systeme gegeneinander ankämpfen. Zum Marshmallow-Test.
Bei der Vertrauensbildung («vertraue ich dieser Marke oder nicht?») sind Prozesse im kognitiven und limbischen System von grosser Bedeutung.
Die digitale Transformation birgt sowohl für Unternehmen als auch ihre Kunden neue Risiken. Daten und Vertrauen spielen dabei die wichtigen Faktoren. Während Unternehmen auf Daten zugreifen, um ihre Kunden besser verstehen und zielgerichteter erreichen zu können, geben potentielle Kunden im Internet immer mehr über sich preis. Unternehmen müssen achtsam mit diesen Daten umgehen. Neue regulatorische Massnahmen, wie die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung (GDPR), nehmen Unternehmen stärker in die Pflicht und stärken die Konsumenten. Die Vertrauensbildung ist ein komplexes Thema, welches in der Sozioökonomie und Neurowissenschaft untersucht wird. Die explosionsartige Zunahme von Daten bietet für Unternehmen enormes Potential, um datengetriebene Geschäftsmodelle voranzutreiben und die Kundenbeziehung zu stärken. Was wir heute sehen, und teilweise schon anwenden, ist nur ein bescheidener Anfang.
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