Wenn ein Betriebsökonom ein IoT-Devise baut
Von Bernhard Zindel, Juli 12, 2021
Folgender Beitrag ist als Erstpublikation im Yea(h)rbook 2021 erschienen.
Technik fasziniert. Schon immer. Ich kann mich gut an die Besuche bei meinen Grosseltern erinnern. Sie hatten mir ein altes Radio zum Auseinanderbauen überlassen. Ich konnte mich stundenlang damit beschäftigen, die Funktion von Transistoren, Schaltkreisen und sonstigen Elektronikkomponenten zu erfragen. Irgendwann um das Jahr 1990 kam ich auf Umwegen an eine Microsoft Visual Basic Kopie, welche mir die Welt des Programmierens eröffnete. Eine Leidenschaft, die ich heute noch lebe.
Die Lehre absolvierte ich als Bauzeichner. Naheliegend kann man sagen, mein Vater war Teilhaber einer grossen, familiengeführten Unternehmung, welcher Baufirmen, Baustoffproduktion, Logistik- und Planungsbüros angegliedert waren. Nach Lehre, RS und BMS kam ich bei meiner damaligen Arbeitgeberin Holcim nach und nach in eine Projektleiter-Rolle und das Interesse an der Betriebswirtschaft stieg. Diese Kombination war es auch, die mich letztlich motivierte, mich für ein Betriebsökonomiestudium an der HWZ einzuschreiben. Ausschlaggebend war zum einen der zentrale Standort in der Stadt Zürich und zum anderen die strikte Ausrichtung auf berufsbegleitendes Studieren. Nach einem Stellenwechsel zum Bauunternehmen KIBAG und meinem Bachelor-Abschluss wechselte ich in den Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung unseres Familienbetriebes. Meine Verantwortungsbereiche waren Baustoffe und Logistik.
Nach rund zwei Jahren zog ich Bilanz: Mit knapp dreissig CEO auf Lebzeiten zu sein, kam für mich nicht in Frage. Notabene in einer Branche, die zwar hochspannend, aber schwierig von innen heraus digital zu transformieren ist. Also entschied ich, den Familienbetrieb nicht zu übernehmen und mein Onkel übernahm unsere Anteile.
Prozessoptimierung faszinierte mich schon immer. Stellt euch vor, ihr möchtet ein Paket über einen Dienstleister versenden. Schnell kommt die Frage nach Gewicht und Dimension des Pakets auf. Ist ja klar, der Logistiker muss ja auch seine Auslastung planen. In der Entsorgung läuft das jedoch anders. Hier ist nicht die Nachfrage der Treiber, sondern der Wochentag, die Verfügbarkeit des Chauffeurs, oder der Anruf der Baustelle, dass die Mulde überläuft.
Gestartet bin ich mit einem selbstgebauten Prototyp mit Gewichtssensoren, der via Arduino, einem Mikrocontroller, ins Internet gebracht wurde. Diese Art der Datengenerierung erwies sich jedoch als wenig praktikabel. Die Baustelle ist nicht die sensorfreundlichste Umgebung und das Produkt sollte eine Plattform sein, welche die Zustandsmeldungen von «was-auch-immer» entgegennimmt, prozessiert und dem Logistiker in nützlicher Form wieder zustellt. Darum bin ich weg von der Baustelle und hin zur öffentlichen Glassammlung. Dank fertiger, auf dem Markt erhältlicher Geräte, konnten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: Prognosen, Routenplanung und Assetmanagement. Zwischenzeitlich haben wir die Philosophie «egal, wie man den Füllstand misst» weitergetrieben und nutzten QR-Codes genauso als «Sensoren » wie IoT-Buttons oder Maschinensteuerungen. So stiessen wir weiter in neue Geschäftsfelder vor und setzten unsere erarbeitete Lösung in weiteren Branchen ein: Facility Management, Kaffee-Lieferungen oder zur Optimierung der Entsorgungsprozesse in Postfilialen.
Meine Funktion
Co-Founder Live Track AG und Partner Kreis2 AG
Meine Weiterbildungen an der HWZ
BSc Betriebsökonomie und MAS Digital Business: CAS Disruptive Technologies, CAS AI Management und CAS Mobile Business & Ecosystems
Was ich meinem 25-jährigen Ich heute raten würde
«Mach alles gleich, das formt dich zu dem was du bist :)»
Ich hatte nicht eine Geschäftsführung aufgegeben, um daraufhin eine andere zu übernehmen. Für mich war daher von Beginn an klar, dass ich die Leitung von Live Track früher oder später abgeben werde. Yetvart Artenoglu, ein ehemaliger Studienkollege, hat sich dieser Aufgabe dann angenommen.
Ich bin durch und durch Projektmensch: Mir liegt es, Ideen zu entwickeln, Prototypen zu bauen und nach dem Proofof-Concept wieder der Organisation zu übergeben. Sowas beruflich zu machen, bedeutet Berater zu sein, was wiederum heisst am Puls der Zeit zu bleiben. Ich schrieb mich also im MAS Digital Business der HWZ ein. Nach den drei «mind-blowing» CAS, «Disruptive Technologies», «AI Management» und «Mobile Business & Ecosystems» schloss ich dann im Herbst 2020 den Master mit einer Thesis über «predictive Maintenance », also der datengetriebenen Wartung von Maschinen ab. Ich legte in der Erarbeitung Wert darauf, nicht nur zu konzipieren, sondern die Phasen zum Machine-Learning-Modell auch zu coden.
Neben Live Track arbeite ich heute noch als Partner bei der jungen Beratungsfirma Kreis2 AG. Ich berate Firmen auf dem Weg zu neuen, digitalen Geschäftsmodellen. Weiter darf ich den Kurs IoT im CAS Disruptive Technologies als Dozent mitgestalten. In diesem Rahmen bauen wir unter anderem den ersten Prototypen von Live Track nach – IoT at its best also.
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