Angewandte Künstliche Intelligenz (KI)
Dezember 7, 2018
Aus dem Unterricht des CAS Digital Real Estate mit Dr. Matthias Standfest berichtet Samuel Schlittler
Mit der Aussage: «Künstliche Intelligenz (KI) ist Realität und Gegenwart / Digitalisierung ist nicht optional», eröffnet Matthias Standfest seinen Vortrag und teilt somit gleich mit, dass wir in einer Entwicklung stecken, welche sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aufhalten lässt.
Die Dampfmaschine löste in der ersten industriellen Revolution den Körper respektive die körperlich anstrengenden Arbeiten ab. Die Künstliche Intelligenz tut nun das Gleiche mit der Rechenleistung des menschlichen Gehirns. So werden durch Menschen gesteuerte Fahrzeuge beispielsweise durch selbstfahrende Autos abgelöst. Ein weiteres Beispiel ist die Ablösung der Briefe durch die alltägliche Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz angereicherten Smartphones.
Künstliche Intelligenz wurde grundlegend durch Grafikkarten von Nvidia geprägt, welche mit ihren GPU’s (graphics processing unit) eine massiv höhere Rechenleistung als CPU’s (central processing unit) für einen erschwinglichen Preis zur Verfügung stellen konnten. Im Moment findet ein Paradigmenwechsel vom Computer als Hilfsmittel zu Künstlicher Intelligenz für bessere Entscheidungsgrundlagen statt.
KI beeinflusst Architektenentwürfe massgeblich. Mithilfe von Software, die mit künstlicher Intelligenz angereichert ist, können durch die Eingabe von Parametern diverse Entwurfsmodelle eines Baukörpers innert Sekunden erstellt werden. Auf diese Art und Weise hat die Firma The Aditazz Way in den USA bereits einige Wettbewerbe im Gesundheitssektor gewonnen.
Auch im onkologischen Bereich können bereits mehrere Erfolge ausgewiesen werden. So haben Bachelorstudenten eine App entwickelt, welche mithilfe von Künstlicher Intelligenz Hautkrebs optisch in derselben Genauigkeit wie ein erfahrener Hautarzt erkennt. Ausserdem wurde von IBM Watson eine mit künstlicher Intelligenz angereicherten Software entwickelt, welche die bestmögliche Medikation für Patienten berechnet. Dabei wird darauf geachtet, dass sie möglichst effektiv ist, dem menschlichen Körper aber dennoch möglichst wenig Schaden zufügt.
Die Firma Archilyse AG gegründet von Matthias Standfest verbindet Informationen der Umwelt mit den Informationen aus dem Innern eines Gebäudes. Es soll keine Trennung mehr zwischen Aussen- und Innenraum geben. Auf der Plattform von Archilyse AG können mithilfe von Künstlicher Intelligenz verschiedene Simulationen durchgeführt werden. Dazu gehört beispielsweise die Sonneneinstrahlung pro Geschossfläche oder die Überprüfung des Gebäudes nach SIA 500 Standards in einem Gebäude. Mithilfe von Gebäudedaten und Umweltdaten von unterschiedlichen Quellen wie Swisstopo oder open street Maps werden verschiedenste Simulationen möglich. Werden die Grundrisse des betroffenen Gebäudes auf die Website hochgeladen, können noch genauere Simulationen durchgeführt werden.
Solche Simulationen können dank künstlicher Intelligenz auf Knopfdruck durchgeführt werden und haben früher viel Geld gekostet. Archilyse AG kann durch solche Simulationen die Qualität von Flächen vergleichen und Optimierungsvorschläge machen. Zukünftig wird es somit mithilfe von Archilyse AG auf Wohnungsplattformen möglich sein, gewisse Faktoren wie Sonneneinstrahlung, Lärmemissionen, oder Sicht auf Grünflächen etc. auszuwählen und geeignete Vorschläge zu erhalten. Dadurch kann Archilyse AG einen wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung und zur Reduktion der Risiken bei der Immobiliensuche beitragen. Durch diese Simulationen des Gebäudes und anschliessendem Vergleich mit anderen Immobilien kann ein aktueller, präziser Marktwert ermittelt werden.
Man unterscheidet zwei Arten von Statistik. Auf der einen Seite die Klassifikation (Clustering), bei welcher Datensätze in verschiedene Cluster eingeteilt werden. Dies findet beispielsweise Anwendung beim Erkennen von Wörtern in Geräuschkurven. Auf der anderen Seite gibt es die Regression, welche mithilfe von Daten Punktewolken Entwicklungsvoraussagen machen kann.
Clustering vs. Regression
Um geeignete Klassifikationen oder Prognosen machen zu können, müssen genügend Datensätze vorhanden sein. Wenn man beispielsweise das Kaufverhalten von Frauen analysieren möchte, reicht die Angabe der Kleiderfarbe nicht aus. Weitere Angaben wie das Alter, die Herkunft oder Einkommen sind ausschlaggebend. Bei 10 verschiedenen Faktoren sollten mindestens 1000 Personen befragt werden um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten. Je reichhaltiger die Datensätze sind, umso bessere Simulationen können durchgeführt werden.
Künstliche Intelligenz funktioniert gleich wie neuronale Netze. Man lernt beispielsweise ein Mathebuch inklusive Lösungen nicht auswendig, sondern wie man Addition oder Multiplikation rechnet und kann es sich somit sparen alle Beispiele auswendig zu lernen. Wenn der Algorithmus auswendig lernt, kann dieser nicht auf reelle Aufgabenstellungen angewendet werden.
US Militär-Forscher wollten einer KI-Software beibringen, Panzer zu erkennen. Dafür fotografierten sie einen Wald aus der Luft einmal im Naturzustand, dann mit versteckten Tarnpanzern unter den Bäumen. Sie fütterten die Software mit den Fotos und nach kurzer Zeit identifizierte sie zielsicher die Aufnahmen, auf denen Militärfahrzeuge zu erkennen waren. Dies wurde damals als erstaunlicher Erfolg gefeiert, doch die Begeisterung hielt nur kurz an. Als die Software wenig später mit anderen Panzeraufnahmen getestet wurde, landete die KI nur Zufallstreffer. Ursache des Versagens war, dass der leere Wald im Sonnenschein fotografiert wurde, die Panzeraufnahmen hingegen bei bewölktem Himmel. Dadurch erkannte die KI-Software irrtümlicherweise plötzlich an jedem bewölkten Ort Panzer.
Es müssen verschiedene Datensätze bereitgestellt werden, damit das System nicht beginnt auswendig zu lernen. Dies bedeutet, dass man die Künstliche Intelligenz zuerst mit einen Testdatensatz lernen lassen und gewissen Zusammenhänge erkennen und anschliessend an einem reellen Datensatz austesten muss. Künstliche Intelligenz kann aus Erfahrung Wissen generieren. Dabei werden nicht nur Beispiele auswendig gelernt, sondern Muster und Gesetzmässigkeiten erkannt, wodurch es in die Lage versetzt wird, auch unbekannte Daten beurteilen zu können. Neben der Fähigkeit des Lernens sind sie auch in der Lage, mit Ambiguitäten und Unschärfen umzugehen. Werden die Daten auswendig gelernt, kann das System nicht damit umgehen und gibt falsche Werte aus.
Machine learning möchte konstant die Qualität der Voraussagen verbessern. Die Qualität dieser Voraussagen muss sich dabei zwei Herausforderungen stellen. Auf der einen Seite die Verzerrung (Bias) und auf der anderen Seite die Genauigkeit (Accuracy) der Ergebnisse. Diese beiden Seiten sind voneinander abhängig, wodurch man einen Kompromiss eingehen muss, bei welchem man die Ergebnisfehlerrate so tief wie möglich halten möchte. Mit mehr Funktionen (Features) und mehr Datensätzen (more data) können die Verzerrungen reduziert sowie die Genauigkeit der Ergebnisse erhöht werden. Ein Audit einer externen Firma hat ergeben, dass die von Archilyse AG bereitgestellten Features eine markante Erhöhung der Genauigkeit der Ergebnisse bewirkt.
Matthias Standfest sagt es ist wichtiger, eigene Daten zu verwenden, als diejenigen von intermediären wie google und co. Ausserdem ist es wichtig, die Programmiervielfalt so weit wie möglich zu reduzieren. Man soll einen Datensatz sammeln, den man sich leisten kann. Schritt für Schritt muss man sich an Künstliche Intelligenz herantasten. Künstliche Intelligenz kann am Anfang auch nur einen Vorschlag machen, der in 8 von 10 Fällen stimmt. In den anderen Fällen muss es für den Kunden möglich sein, einzugreifen und Korrekturen anzubringen. Beim Einführen von Innovationen soll das Risiko minimiert und der Mehrwert maximiert werden. Man muss also wissen, was man mit gesammelten Daten bewirken will. Ist einem dies bewusst, kann man seit Beginn einen Mehrwert generieren. Es gilt: Wir können nur besser machen, was man messen kann.
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