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3D-Druck: Die Greifbare unter den disruptiven Technologien

Von Priska von Wyl, Mai 2, 2023

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3D-Druck stellt im Gegensatz zu vielen anderen disruptiven Neuerungen eine greifbare Technologie dar – im wörtlichen Sinne. Es handelt sich nicht um komplexe mathematische Formeln wie bei künstlicher Intelligenz oder kryptografischen Keys wie bei einer Blockchain. Als Endprodukt hält man einen physischen Gegenstand in der Hand. Das macht die Technologie für eine breite Masse zugänglich.

Zum ersten Mal in Berührung kam ich mit einem Gegenstand aus dem 3D-Drucker als ein Arbeitskollege kleine, blaue Spielfiguren ins Büro mitbrachte, die er zuhause zum Spass ausgedruckt hatte. Aber nur eine Spielerei ist 3D-Druck wohl nicht, dachte ich mir, sonst gäbe es in den Medien keine Meldungen über gedruckte Häuser oder künstlich erzeugtem Fleisch. Umso gespannter war ich auf vertiefte Einblicke in die Technologie 3D-Druck.

In Empfang nimmt uns an diesem Spätsommertag Roman Jurt, Leiter des Industrial Design Lab an der ZHdK. Sein Enthusiasmus ist schon am frühen Morgen spürbar. Er führt uns durch die Katakomben im Toni Areal – direkt in ein Labor voller Materialien und Werkzeug. Es riecht förmlich nach Erfindergeist. Auch ein paar Dutzend 3D-Drucker stehen bereits bereit. Im Verlauf des Tages würden wir verschiedene additive Verfahren kennenlernen.

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Abbildungen 1-3: Vielfalt der 3D-Druck-Verfahren: von oben nach unten die Verfahren FDM, SLA und SLS. Quelle: eigene Aufnahmen

Zuerst ist aber unsere eigene Kreativität gefordert: Mit einem Stück Karton und einem selbst definierten Objekt aus dem 3D-Drucker soll ein Flugkonstrukt erschaffen werden, das möglichst leicht ist, schnell gedruckt werden kann und doch lange fliegt. Wir fertigen ein paar Skizzen an, die Roman in einem CAD-Programm digital erfasst. Die eine Skizze bildet er mit herkömmlichen Methoden nach, die andere erfasst er mit einer VR-Brille. Spätestens an diesem Punkt ist der Funke auf die Klasse übergesprungen.

3D-Druck

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Abbildungen 4-5: Von der Idee zu mittels VR digital erfassten CAD-Daten in wenigen Minuten. Quelle: eigene Aufnahmen

Dabei kommen die 3D-Drucker erst jetzt zum Einsatz. Die CAD-Daten werden mittels Datenträger an den Drucker übergeben, der rund 25x25x25cm misst. In leuchtend roter Farbe trägt der Drucker nun Schicht für Schicht eines Bio-Kunststoffes auf und bildet damit die Skizze physisch nach. Dieses Verfahren heisst Fused Deposition Modeling (kurz: FDM) oder umgangssprachlich «Würschtli-Technik». Der Kunststoff wird erhitzt und dann schichtweise aufgetragen. Bislang ist es wohl die am weitesten verbreitete Technik, weil sie kostengünstig ist und leicht in der Handhabung. Im Gegensatz zu anderen Verfahren braucht es keine Nachbearbeitung. Allerdings dauert der Druck an sich sehr lange. Für unser kleines Objekt, das keine zehn Gramm wiegt, benötigt der Druck länger als 30 Minuten.

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Abbildung 6-7: Mittels FDM-Verfahren produzierte Prototypen. Quelle: eigene Aufnahmen

In diesem Kontext spricht Roman sogleich die grösste Limitation dieser Technologie an: 3D-Druck eignet sich aufgrund der Fertigungsdauer nicht für Massenproduktionen. Hierzu gibt es überlegenere Verfahren wie zum Beispiel den Spritzguss. Im Fokus von 3D-Druck stehen vielmehr Einzelanfertigungen – sei es im Sinne von Fast-Prototyping in der Entwicklungsphase, für personalisierte Gegenstände wie ein individuell an die Anatomie des Sportlers angepasster Velosattel oder für individuelle End-User-Parts bei Reparaturen.

Neben dem FDM-Verfahren lernen wir zwei weitere Verfahren kennen. Bei der Stereolithografie (kurz: SLA) kommt ein lichtempfindlicher Kunststoff zum Einsatz, der flüssig und weich wird, sobald er ans Licht kommt. Das Werkstück wird in das Bad des flüssigen Kunststoffs getunkt, wieder rausgezogen und durch einen Laser auf der äussersten Schicht ausgehärtet. Ganz anders verhält es sich bei der dritten vorgestellten Technik, dem Selektiven Lasersintern (kurz: SLS): Hierbei ist das Ausgangsmaterial ein Pulver, das durch einen Laser zu einer massiven Struktur zusammengepresst wird. Auch diese Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile.

Welches additive Verfahren am besten geeignet ist, hängt vom jeweiligen Use Case ab. Genauso wie abhängig vom jeweiligen Produkt zu prüfen ist, ob 3D-Druck überhaupt der geeignete Weg zum Ziel ist. Nicht überall wo 3D-Druck zum Einsatz kommen kann, ist es zwingendermassen sinnvoll darauf zu setzen.

Fast immer sinnvoll ist 3D-Druck wie erwähnt in der Entwicklungsphase. Und damit zurück zu unseren eigenen Flugprototypen. Von einer Brücke ausserhalb des Gebäudes machen wir am Ende des Tages die Probe aufs Exempel und lassen die Objekte fliegen. Wobei fallen wohl der treffendere Ausdruck wäre. Richtig lange bleiben unsere Prototypen nämlich nicht in der Luft. Aber genau da kommt ein gewichtiger Vorteil von 3D-Druck zum Tragen: Erfahrung mitnehmen, gleich die nächsten Ideen entwickeln und weiterlernen. Fast-Prototyping eben.

 


Quellen:

 

Dieser Fachbeitrag wurde im Rahmen eines Leistungsnachweises für das CAS Disruptive Technologies verfasst und wurde redaktionell aufgearbeitet.

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