Institute for Digital Business

Vom Pony-Club zur grossen Liebe

Von Sarah Nünlist, Dezember 1, 2022

Bildquelle: Anne Gabriel-Jürgens

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Mein erstes Unternehmen gründete ich mit acht Jahren: ein Pony-Club mit Membership-Modell. Für monatlich 50 Rappen erhielten meine vier Kundinnen einen selbstgebastelten Mitgliederausweis sowie das handgeschriebene und gezeichnete Clubmagazin. Es folgten eine Detektiv-Agentur, ein Zirkus und der Ernst des Lebens.

Ich wuchs mit den traditionellen Werten einer Arbeiterfamilie in der Nähe von Biel auf: Zur Arbeit geht man, um das Leben zu finanzieren. Eine sichere Stelle ist das höchste aller Ziele. Darum war immer klar, dass ich eine Berufslehre machen würde. Nur konnte ich mich nicht im Geringsten für eine der mir dargelegten Optionen erwärmen. Und mir wollte nicht in den Kopf, wieso ich etwas machen sollte, das mir keine Freude bereitet. Trotz Empfehlung meiner Lehrer:innen und dem prüfungsfreien Übertritt ins Gymnasium, unterstützten meine Eltern meinen Wunsch nach einer weiterführenden Bildung nicht. Der Kompromiss war die Handelsmittelschule mit KV-Abschluss und Berufsmatura. Danach stand ich wieder vor demselben Problem: Beim Gedanken an den Büroalltag überkam mich das Grauen. Also packte ich die Koffer und reiste nach Irland. Der Job in einem kleinen Pub an der wilden Westküste war der erste von vielen, die keinem konventionellen Karriere-Muster folgten. Ich lernte, Guinness zu zapfen und in perfekt irischem Dialekt zu fluchen.
Zurück in der Schweiz gründete ich mit 23 Jahren mein erstes richtiges Unternehmen. Als Solo-Selbständige schrieb ich fortan Texte für Unternehmen – hauptsächlich im Event- und Kulturbereich – und organisierte PR-Massnahmen. Eines führte zum anderen und zu einem weiteren Unternehmen: Zwei Jahrzehnte nach dem Pony-Club gab ich wieder ein Magazin heraus. Diesmal gedruckt und in einer Auflage von 275’000 Stück. Der «AusBlick» erschien einmal pro Monat im Eigenverlag und als Beilage der Tageszeitung Blick. Nach drei Jahren verkaufte ich meine Anteile dem Geschäftspartner und ging einen neuen Weg.

Social Media, die erste grosse Liebe

Mit 30 trat ich meine erste «echte» Stelle bei der Schweizerischen Post an. Kurz nach meinem Start entstand in der Konzernkommunikation ein neuer Bereich: Ein Team aus zwei Personen sollte die Post ins Zeitalter von Facebook führen, das notabene für Mitarbeitende damals noch gesperrt war. Ich wurde die erste Social-Media-Redaktorin der Post. Es war der Start einer Liebesgeschichte. Social Media war mein Ding: Alles war ständig in Bewegung, es gab keine Anleitungen, keine Prozesse, keine Regeln – was heute richtig war, stimmte morgen schon nicht mehr. Nach zwei Jahren übernahm ich die Leitung der Online-Redaktion, später wurde ich Head of Digital Communication. Das Team wuchs und ich wuchs mit dem Team. Ich war in der Corporate Welt angekommen. Zeit, doch noch einen Hochschulabschluss zu machen.
2012 startete ich den CAS Mobile Business an der HWZ. Die grossen Unternehmen hatten damals gerade ihre ersten Apps lanciert, so auch die Post. Der CAS half mir, ein tieferes Verständnis für diese neue Technologie und ihre Möglichkeiten zu entwickeln. Der Höhepunkt des darauffolgenden CAS Digital Leadership war unumstritten die Studienreise ins Silicon Valley. Was ich damals nicht wusste: Kurz darauf kehrte ich nach Kalifornien zurück. Im Rahmen eines Innovationsprojektes der Post arbeitete ich während fünf Wochen in Palo Alto. Nach dem CAS Multichannel Management schloss ich 2015 als erster Jahrgang mit dem MAS Digital Business ab. Nach drei Jahren direkt am Puls der digitalen Innovationen war mein Unternehmergeist wieder hellwach.

Zwei Start-ups und ein Framework

Heute führe ich zwei eigene Start-ups zusammen mit zwei Co-Foundern. Mit der SaaS-Plattform «contentfry» ermöglichen wir Unternehmen, User Generated Content auf ihre Website oder auf TV Screens zu bringen. Und «tapwriter» ist eine Plattform für «Engagement Journalism»: Bürger:innen, Journalist:innen, Expert:innen und interessierte Personen können sich rund um aktuelle Themen verbinden und gemeinsam die redaktionelle Berichterstattung gestalten.

Beiden Start-ups liegt derselbe Glaube zugrunde: Dass die Macht heute bei den Menschen liegt.

Themen entstehen bottom-up. Journalismus und Unternehmen sollten fähig sein, Bewegungen und Communitys zu erkennen, mit den Menschen darin zu kommunizieren und mit ihnen zusammenzuarbeiten – ehrlich und auf Augenhöhe. Um Unternehmen bei dieser Transformation von einer linearen zu einer komplexen Kommunikation zu unterstützen, haben wir das Framework «Emergur» entwickelt.

The fire from within

Lange wusste ich nicht, was genau ich in meinem Leben machen will. Wie, war aber seit dem Pony-Club klar: Es muss ein Feuer in mir entfachen. So habe ich auf meinem Weg zwar ungewöhnliche Abzweigungen genommen, dabei die Leidenschaft aber immer über Erfolg und Sicherheit gestellt. Heute weiss ich genau, was dieses Feuer in mir entfacht: Eine Idee zum Leben zu erwecken, andere dafür zu begeistern und gemeinsam etwas Neues zu kreieren. Deshalb werden noch weitere Unternehmen folgen – da bin ich mir sicher.

 


 

Meine Funktion:
Co-Founder bei contentfry und tapwriter

Meine Weiterbildungen an der HWZ:
MAS Digital Business
CAS Mobile Business
CAS Digital Leadership
CAS Multichannel Management

Was ich meinem 25-jährigen Ich heute raten würde:
Trau dich!

 

Für unser Yea(h)rbook 2022 haben inspirierende Persönlichkeiten aus dem nahen Umfeld des Institute for Digital Business uns ihre Geschichte erzählt. Für den Fall, dass du diese Story in gedrucktem Format noch nicht lesen konntest, teilen wir sie hier auf unserem Blog noch einmal digital. 

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