Einfluss der Digitalisierung in die Kultur von Tourismusbetrieben
Von Patricia Huber, Oktober 25, 2022
Von Patricia Huber, Oktober 25, 2022
In Tourismusbetrieben arbeiten viele treue, empathische und hilfsbereite Menschen, welche grosse Freude am Kontakt mit Gästen haben. Der Einfluss der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung stellt Touristiker vor neue Herausforderungen, denn neue Skills der Mitarbeiter werden benötigt, um die nationalen, aber auch internationalen Gäste bedürfnisgerecht zu betreuen. Und genau diese Skills sind auch von anderen Branchen stark nachgefragt.
Vor dreissig Jahren wurden Hotels via Telefon, Faxnachricht oder schriftlich per Post gebucht. Heute ist diese Technologie z.T. kaum mehr vorhanden oder nur noch von wenigen Gästen in Anwendung. Digitale Buchungsplattformen auf der eigenen Webseite oder via Plattformlösungen sind die neue Regel. Die Hotelbuchung ist jedoch nur ein Teil des digitalen Customer Journey. Das Aufbauen und Pflegen eines Customer Relationsship System, der Webseite, das Feedbackmanagement, die Betreuung der sozialen Medien oder das Influencermarketing läuft grösstenteils digital. Das sind Skills, welche nicht nur im Tourismus gefragt sind. Nein – auch andere Branchen nutzen gleiche oder ähnliche digitale Tools und suchen händeringend nach Fachkräften.
In meiner beruflichen Laufbahn konnte ich in verschiedene Branchen einsehen. Gestartet als Drogistin lernte ich sowohl den Gesundheitsbereich als auch den Handel/Retail kennen. Nach der Lehre arbeitete ich zehn Jahre in einem Pharma-KMU in der Ostschweiz. Dort wurden Talente aus dem Pharma-Umfeld gesucht. Der Branchen-Vorteil spielte stark mit beim Anstellen von neuen Mitarbeitern. Später wechselte ich in die Med-Tech Branche und erlebte die Abläufe und Skills einer stark international denkenden Branche. Dabei spielte es keine Rolle, wo ein neuer Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz hat. Denn Software programmieren, Marketing umsetzen oder einen Kunden beraten kann und muss global erfolgen. Die digitalen Tools zur Vernetzung waren die Basis – nicht das Büro und der Arbeitsplatz im Toggenburg.
Seit einem Jahr bin ich die Leiterin im Marketing und Verkauf bei den Zermatt Bergbahnen. Dabei habe ich schnell gemerkt, dass im Tourismus der Einfluss der Digitalisierung ins Talentmanagement anders bewertet wird. Mitarbeiter sollen grösstenteils im Büro arbeiten, Homeoffice wäre ohne Corona kaum jemals möglich gewesen und es arbeiten Talente im Marketing und Produktmanagement, welche viele Skills in digitalen Tools mitbringen, jedoch im Vergleich zur Pharma- oder Med-Tech Industrie deutlich tiefere Löhne erhalten. Mit der Ausbildung und dem Anwenderwissen von grossen, international und branchenübergreifend angewendeten Tools wie Salesforce oder Google Analytics könnten diese Talente in jeder anderen Branche deutlich grössere Saläre erzielen. Und der Wechsel in eine andere Branche ist dadurch viel einfacher als je zuvor, da die Digitalisierung den im Talentmanagement lokal denkenden Tourismus aufwirbelt. Viele nutzen den Tourismus als Ausbildungsstart, lernen viel wichtiges Basiswissen und wechseln danach als Product- oder Contentmanager in eine besser bezahlende Branche.
Noch heute kommen viele Mitarbeiter aus dem Ausland in die Schweiz für Arbeiten in der Küche, Housekeeping und generell als Hilfskräfte. Dies wird weiterhin so bleiben, da dies Arbeiten sind, welche zwingend vor Ort erledigt werden müssen. Jedoch sind alle Verwaltungs- und Marketingarbeiten dem globalen Trend und branchenneutral der Digitalisierung unterworfen, was auch die Saläre unter Druck bringen wird. Eine Empfehlung meinerseits ist, das Überdenken von Salärstrukturen für genau diese Positionen, mit Vorteilen des Tourismus im Work-Life-Balance Bereich und einer modernen Kultur- und Wertevertretung ein spannendes Arbeitsklima zu schaffen. Gerade die junge Generation Z möchte sich mit einem Unternehmen identifizieren und den «reason why» kennen. Dies sind grosse Vorteile der emotional aufgeladenen Tourismusindustrie. Nur muss auch der Lohn und die Ausgleichszeit wie Ferien nicht nur lokal auf den Tourismus bezogen betrachtet werden, sondern branchenübergreifend. Ansonsten wandern die guten Talente ab und werden von den grossen Unternehmen mit Handkuss abgeworben.
Dieser Fachbeitrag wurde im Rahmen eines Leistungsnachweises für das CAS Digital Masterclass verfasst und wurde redaktionell aufgearbeitet.
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