Voice User Interfaces – Voice First!
Juli 11, 2019
Der rekordverdächtigen Temperatur zum Trotz fanden wir uns nachmittags pünktlich bei der Farner Consulting AG an der Löwenstrasse 2 in Zürich ein. Doch Obacht: Heiss ging es weiter. So heiss, dass man branchenintern noch immer diskutiert, ob wir nun von Voice First/Voice User Interface (VUI) oder von Conversational User Interfaces (CUI) sprechen sollen.
Gerade als einige Firmen die erste eigene App in den Store geladen haben (bitte besser die Website für Mobile optimieren), kommt eine neue Schnittstelle um die Ecke und stellt alles auf den Kopf. Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) wird komplett neu definiert werden müssen, da Suchanfragen tendenziell länger werden. Ganz einfach, Sprechen geht schneller als Tippen. Man stellt Google oder Alexa gerne “W-Fragen” wie zum Beispiel “Ok Google, was steht in meinem Kalender?”. Oder, und hier wird es spannend, “Alexa, welche Batterien benötige ich für meinen Gameboy?”. Alexa wird gerne helfen und mit Vergnügen die Batterien der Eigenmarke empfehlen. Oder die Batterien mit der besten Marge. Oder die Batterien mit der besten Marge und Verfügbarkeit aus dem Lager mit der geringsten aktuellen Auslastung. Zukunftsmusik? Nein, alles bereit. Doch sind es die Schweizer Unternehmen auch? Gemäss einer Studie von Adobe investieren 91% der US-Marken in die neue Schnittstelle Voice. Die Universität Luzern hat gemeinsam mit der Agentur Farner in einer repräsentativen Studie belegt, dass bereits 37% der Schweizerinnen und Schweizer Sprachfunktionen nutzen.
Wir “Oldschool-Googler” sind uns gewohnt, dass wir eine endlose Liste mit Treffern erhalten. Die ersten Ergebnisse schauen wir uns an. Die Herausforderung war es bisher, unter den ersten Treffern zu erscheinen. Dein Voice Interface wird dir aber genau ein Resultat liefern, welches am besten zu deinem Profil passt. Oha. Was heisst das nun für die Unternehmen und Marken?
Unternehmen und Marken müssen ihre Online-Inhalte überarbeiten. Weniger, dafür relevanten Content erstellen. Die wohl grösste Challenge, finanziell wie auch zeitlich, wird das Strukturieren der eigenen Daten werden. Sind die Daten nicht sauber strukturiert, so wird der eigene Skill nicht in der Lage sein, dem Benutzer eine intelligente Antwort zu geben. Beispiel: Möchte ich ein aluminiumfreies Deodorant bestellen, so ist es wichtig, dass im Onlineshop das Attribut “aluminiumfrei” dem Deodorant zugeordnet ist. Es versteht sich von selbst, dass Google und Co. Onlineshops ohne strukturierte Daten mit Unauffindbarkeit abstrafen wird.
Ein Skill wird also von einem Unternehmen selbst entwickelt und gibt dem Kunden einen neuen Touchpoint (Stichwort Multichannel Management). Idealerweise verbessert ein Skill in Form eines Voice Assistants den Service, vereinfacht den Bestellprozess oder bietet eine 24/7-Beratung. Ein paar Beispiele von Skills findest du weiter unten bei den Use Cases. Im Moment sprechen wir noch mit dem Smartphone oder kleinen Lautsprechern und müssen einzelne Skills aus dem Alexa Skill Store oder dem Google Action Store installieren. Unsere digitalen Assistenten werden aber in absehbarer Zukunft in all unseren Alltagsgeräten stecken (Auto, Backofen, Kaffeemaschine etc.) und die Skills werden einfach “da sein” – ohne Installation bzw. Aktivierung durch den Benutzer.
Der Prototyp eines Skills kann bereits innerhalb eines Tages erarbeitet werden. Dank Simulationstools kann man den eigenen Entwurf sofort testen und hat etwas zum Vorzeigen. Selbstverständlich haben wir im Farner Lab innerhalb der Gruppen eigene Skills entwickelt (analog via Pinboard) und uns diese gegenseitig vorgeführt.
Zu Beginn der Entwicklung von VUI suchte man die Ressourcen noch bei den Schreiberlingen mit Copywriting-Skills. Schnell stellte man jedoch fest, dass es viel mehr um gute Dialoge geht. Entsprechend werden mit Erfolg Drehbuchautoren oder Theaterregisseure in der Entwicklung von VUI eingesetzt. Es hat sich stetig herauskristallisiert, dass folgende Diszipline wichtig sind für eine tolle Benutzererfahrung:
Der Tester ist besonders wichtig, weil: Er testet. Klingt simpel, ist aber von grosser Bedeutung. Bei einem Launch eines Skills hatte man sich beispielsweise 200 verschiedene Use Cases ausgedacht. Innert kurzer Zeit jedoch sind über 1’800 weitere Use Cases durch die Benutzer hinzugekommen.
Folgende Use Cases zeigen eindrucksvoll, was denn aktuell bereits alles möglich ist:
Bald sprechen wir mit Google, Amazon und Apple, als hätten wir einen Menschen gegenüber. Die Verkaufszahlen von Smart Speakern schiessen gerade (im Sinne der Aktualität und im Sinne der Geometrie) durch die Decke. Marken und Unternehmen haben nun die Chance, sich frühzeitig mit einem eigenen Skill zu profilieren und neue Kunden zu gewinnen. Oder noch wichtiger: Die Kundenbasis zu halten und keine Kunden an die innovative Konkurrenz zu verlieren. Es entsteht gerade eine geniale neue Schnittstelle, welche uns zukünftig auf vielfältige Weise in unserem Alltag unterstützen wird. Für mich ist klar: Voice First ist definitiv das neue Mobile First.
Na, Lust bekommen es selbst einmal auszuprobieren? Nach dem interessanten Workshop bei Farner mit den “plaudernden Böxli” musste ich (als Hobby-Nerd) natürlich auch einen Smart Speaker haben. Markus Maurer hat mir das Google Home Ökosystem empfohlen, da dieses ohne Hacks und Workarounds in der Schweiz funktioniert. Und, was soll ich sagen: Ich habe mich bereits daran gewöhnt Spotify oder Netflix via Sprachbefehl zu starten. Auch lasse ich mir noch so gerne meinen Kalender vorlesen oder höre mir die Nachrichten in 100 Sekunden an. Die Krönung war, dass ich mein bestehendes Philipps Hue Licht-System direkt einbinden konnte. Das Licht via Sprachbefehl ein- und auszuschalten hat etwas… Magisches.
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