Die Bedeutung der digitalen Workforce
Mai 18, 2020
Philippe, Gründer der “who is frank GmbH“, stellt sich als “Softie” vor – denn heute geht es um Soft-Faktoren. Während unsere Klasse bereits aus “alten Zoom-Hasen” besteht, ist es für Philippe die Premiere im Distance Learning. Er scheint allerdings gut vorbereitet zu sein, denn nach einem inspirierenden Video geht es bereits in die erste Breakout-Session (= der digitale Klassenraum wird in kleinere Gruppen aufgeteilt). Um zu verstehen, woher das Thema digitale Workforce kommt, müssen wir erst ein wenig ausholen.
Jose Esteves hat mit seiner Videoreihe “DID YOU KNOW?” einen interessanten Gradmesser geschaffen, welcher die rasante Entwicklung der Welt durch die digitale Transformation aber auch durch die demographische Entwicklungen aufzeigt. Ein paar Fakten:
In der Breakout-Session haben wir diskutiert, was das Video in uns ausgelöst hat. Ein Kommilitone, welcher für einen grossen Schweizer Konzern arbeitet, hat den Technologie-Shift nach Asien bestätigt. Neue Arbeitsplätze im technologischen Bereich werden immer häufiger in Indien und China angesiedelt.
Dass sich die Zeiten geändert haben, lässt sich gut an Lebensläufen erkennen. Vorurteile sind definitiv fehl am Platz, denn: Für den einen mag der linke CV gradlinig und klar sein, für den anderen eher träge. Der rechte CV könnte allzu leicht als “Job-Hopper” abgestempelt werden, obwohl die Gründe für die vielen Wechsel divers sein können (z.B. hat sich in der veralteten Organisationsstruktur nicht zurecht gefunden).
Douglas McGregor hat eine spannende und oftmals zutreffende Theorie über X und Y aufgestellt. Die Theorie X geht davon aus, dass Menschen die Arbeit nicht mögen und ständig einen Anreiz benötigen. Dieser Anreiz besteht hauptsächlich aus Geld oder aus Angst – die Angst vor dem Jobverlust. Kreativität wird dem Menschen grundsätzlich nicht zugetraut.
Die Theorie Y geht davon aus, dass sich Menschen für die Arbeit interessieren wollen und unter den richtigen Bedingungen die Arbeit auch Spass macht. Menschen sind in der Lage, sich selber zu führen und Verantwortung zu übernehmen. Auch sind Menschen unter den richtigen Voraussetzungen motiviert, das eigene Potential zu entfalten und sind grundsätzlich kreativ und einfallsreich.
Von Geburt an ist jeder Mensch eher ein Y-Typ. Wir haben jedoch Organisationsformen geschaffen, welche Menschen in das Schema X drängen.
«Ingelhart hat tatsächlich einen Wertewandel herausgefunden. Es gibt eine eindeutige Verschiebung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten.» (Abels, H.2019, S. 36).
Den Wertewandel kann man wie folgt beschreiben: Je höher man in der Bedürfnispyramide von Maslow steht, desto weniger wichtig werden materielle Dinge.
«Eine Generation ist eine Altersgruppe, die durch gemeinsame historisch gesellschaftliche Ereignisse und Einwirkungen geprägt wurde, wodurch sie sich von früher oder später geborenen Menschen unterscheidet. Zum Beispiel: Krieg, Tod, Hunger, Stillstand, aber auch Frieden, Wohlfahrt oder technologische Errungenschaften.» (Tagesanzeiger, Zu welcher Generation gehören Sie?, 16.12.17 in Anlehnung an den Soziologen Karl Mannheim)
Die Babyboomer (1946 – 1964): Böse Zungen behaupten, dass Babyboomer mit dem Porsche in die Burnout Klinik fahren. Erfolg und Geld sind typische Statussymbole für die sogenannten “Boomer”.
Die Generation X (1965 – 1980): Eine gesunde Worklife-Balance ist der Generation X sehr wichtig.
Die Generation Y (1981 – 1994): Menschen aus der Generation Y geben ihr Geld lieber aus, statt es zu sparen. Sie sind an stets gefüllte Regale im Supermarkt gewöhnt und künden auch einmal den Job, ohne bereits eine neue Stelle zu haben.
Die Generation Z (1995 – 2009): Die Generation Z zieht das Sparen dem Ausgeben vor, hat aber in der Freizeit aufgrund der gefühlt unbegrenzten Möglichkeiten einen regelrechten Freizeitstress.
Doch welche Generation folgt auf die “Zoomer”? Die Generation Alpha. Geboren wird diese Generation zwischen 2010 und 2025 – somit sind noch nicht alle auf der Welt. Dieser Generation wird eine grosse Technikaffinität nach- bzw. vorausgesagt, da sie unter anderem mit smartem Spielzeug aufwachsen. Die Alphas lernen das Programmieren vermutlich bereits in der Grundschule. Es wird eine gesunde Fehlerkultur geben, denn sich zu irren ist in dieser Generation erwünscht. Das gibt es bereits heute: Primarschüler schreiben ein Lerntagebuch, was die Fähigkeit zur Selbstreflektion schon in Kindesjahren fördert.
Generationen können ein Hilfsmittel sein um zu besprechen, wie sich die Organisation entwickeln soll. Versteht man, dass Menschen unterschiedlicher Generationen verschiedene Werte haben, hat man deutlich bessere Chancen einen guten Konsens zu finden. Funktioniert etwas innerhalb der Organisation nicht, kann man aber nicht alles auf die Generationen schieben: Vieles hat auch mit Interesse und Willen zu tun. Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter aus der Generation Z kann nicht unbedingt besser ein Meeting im Outlook aufsetzen als ein Vertreter der Generation Y. Fehlt das Interesse und die Lernbereitschaft, wird es bei jeder Generation schwierig.
Was von allen Vertretern der Generationen gefordert werden muss, ist die Anpassungsfähigkeit. Vor allem die Corona-Krise hat gezeigt: Wir alle sind anpassungsfähig. Früher lief man von Gebiet A nach Gebiet B, da es dort noch Beeren oder Tiere gab. Heute sind wir ein wenig schwerfälliger geworden bei Veränderungen, da wir weniger “hungrig” sind als früher.
Der Rekrutierungsprozess sagt in den meisten Fällen schon viel darüber aus, wie eine Firma funktioniert. Speed is King! Transparenz hilft, wenn der Kandidat nicht sofort über Ab- oder Zusage informiert werden kann. Wird transparent kommuniziert (falls es mal wieder länger dauert…), so spricht das sehr für die Firma.
Firmen testen vermehrt nicht nur den IQ der Bewerber, sondern auch die emotionale Intelligenz – den EQ. Denn: Zwischenmenschliche Beziehungen und Kommunikation sind hoch im Kurs. Das heisst, dass immer mehr den Sozialkompetenzen den Vorzug gegeben wird und die Fachkompetenzen tendenziell ein wenig an Bedeutung verlieren. Die Arbeitnehmer hingegen möchten gerne die Sinnhaftigkeit der zu leistenden Arbeit erkennen und fordern moderne Arbeitsmodelle wie flexible Arbeitszeiten, Langzeitferien, BYOD etc.
Egal wie man eine Stellenbeschreibung formuliert: Die Gegenseite interpretiert noch immer viele Dinge selber hinein. Warum sollte man nicht auch einmal jemanden einstellen, welcher gemäss CV nicht die Kernkompetenzen hat, aber persönlich überzeugt? Dies kann eine gute Heterogenität ins Team bringen und den eigenen Horizont erweitern.
Im klassischen, hierarchischen Modell gibt es eine denkende Schicht (typischerweise die Führung) und eine ausführende Schicht (typischerweise die Arbeiter). Da unsere Welt immer schneller, chaotischer und komplexer wird, kann vermutlich in Zukunft ein tayloristisches Organisationsmodell nicht bestehen.
Beispiele für komplexe Aufgaben: Einen Automotor bauen oder eine Wetterprognose abgeben. Hier ist sicherlich ein anderer Führungsstil angezeigt, als wenn Mitarbeiter nur einfache und repetitive Aufgaben erledigen müssen. Die Mitarbeiter müssen autonom agieren können und das Team muss über viel Kompetenz verfügen. Gefragt sind also sogenannte Servant Leader: Diese unterstützen das Team auf Abruf.
Ein Beispiel für eine chaotische Aufgabe: Eine Unfallstelle bei einem Autounfall räumen. Jemand muss den Überblick behalten, Entscheidungen treffen, beobachten und koordinieren. Es muss alles sehr schnell gehen.
Das Cynefin-Modell rät dazu, ein Problem erst auf den Komplexitätsgrad zu prüfen, bevor man sich auf den Lösungsweg begibt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Umgang mit Komplexität nur möglich ist mit der Einbindung der Leute. Ein sehr aktuelles und interessantes Beispiel ist die Führung des Bundesrates während der Corona-Krise: Die Bevölkerung wird sinnhaft geführt, da man auf die Einsicht der Bürger angewiesen ist. Weil: Es gibt keine rechtliche Grundlage für eine “Einsperrung”.
Da es sich um eine chaotische Situation gehandelt hat, musste der Bundesrat sofort reagieren. Ob alle definierten Massnahmen Sinn machen wird sich aufgrund der Komplexität erst noch zeigen. Und genau so ist es auch im Betrieb: Ob die Ideen funktionieren, kann man nur feststellen, wenn man es ausprobiert hat. Komplexe Vorhaben sind nicht vorhersehbar.
Ganz einfach: Als Unternehmen muss ich dringend darüber nachdenken, welche Leute ich für zukünftige Herausforderungen benötige. Mit grosser Wahrscheinlichkeit müssen bestehende Strukturen überarbeitet werden, damit das Überleben des Unternehmens langfristig gesichert ist. Tut man das nicht, so zieht man keine Talente mehr an und verliert bestehende Mitarbeiter. Die digitale Workforce möchte agil arbeiten, über einen Digital Workplace (Home-Office) verfügen, die eigene Hardware aussuchen (PC vs. MAC) oder selber mitbringen können sowie flache Hierarchien.
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