Crowdfunding und die Sharing Economy
April 10, 2017
Aus dem Unterricht des CAS Multichannel Management mit Céline Fallet berichtet Daniel Schwarzl.
Im zweiten Teil des Vormittages geht es um die Sharing Economy und das daraus entstandene Crowdfunding. Céline Fallet von der Schweizer Crowdfunding Plattform wemakeit.com bringt uns das Thema näher. Der Begriff Sharing Economy ist zurzeit in aller Munde und in vielen Medien präsent, obwohl das Thema eigentlich gar nicht neu ist. Im 19. Jahrhundert beispielswiese verursachte die Industrialisierung in Deutschland grosse Migrationsströme vom Land in die Städte. Da die meisten Migranten arme Familien waren, stellten die Stadtverwaltungen Land zur Verfügung. Darauf konnten die Bürger selber Nahrungsmittel anpflanzen. So entwickelten sich Gemeinschaftsgärten und es wurde Wissen, Arbeit und letztendlich Essen geteilt. Ganz Nebenbei entstand daraus auch die uns heute bekannte Schrebergartenkultur.
Heute sind grosse, international tätige Plattformen wie Uber oder Airbnb der absolute Hype. Neben diesen spezialisierten online Börsen gibt es aber auch solche, welche diverse Alltagsgegenstände zum Gebrauch anbieten. Diese werden von ihren Besitzern nicht ständig genutzt und deshalb von ihren Besitzern über eine Sharing Plattform zum Gebrauch bzw. zur Miete angeboten. Interessenten können so z.B. ein Werkzeug oder Fahrzeug für einen bestimmten Zeitraum ausleihen (I don’t need a drill, I need a hole in the wall). Wichtig für das Funktionieren einer Sharing Plattform sind vor allem Vertrauen und die Effizienz. Wobei das Vertrauen oft über Ratings aufgebaut wird, welche die Nutzer abgeben können.
Crowdfunding kann als Teil der Sharing Economy betrachtet werden. Im Prinzip geht es darum, Geld für ein Projekt zu sammeln, damit dieses umgesetzt werden kann. Anstatt die Finanzierung über einen Bankkredit abzuwickeln, gibt es heute die Möglichkeit, ein solches Vorhaben via Crowdfunding Plattformen im Internet einer grossen Masse (Crowd) vorzustellen. Über eine passende Plattform sammeln die Initianten dann Geld, um die Idee verwirklichen zu können. Dafür gibt es verschiedene Modelle:
Eine der ersten Crowdfunding Aktionen welche in der heute üblichen Form über das Internet abgewickelt wurde, dürfte von der englischen Rockband Marillion ins Leben gerufen worden sein. Und dies bereits 1997! Um eine Tournee nach Amerika finanzieren zu können, fragten Marillion ihre Fans via E-Mail und Website an, ob sie bereit wären die Konzerttickets im Voraus zu bezahlen. Das Vorhaben war erfolgreich. Die Band sammelte in kurzer Zeit US$ 60’000.– und die Tour kam zustande. 2001 starteten Marillion eine nächste Aktion. Dieses Mal mit dem Ziel, ihr neues Album zu Produzieren. Sie übertrafen den budgetierten Mindestbetrag bei weitem. Um die Aufnahmen finanzieren zu können benötigten sie 5’000 Fans, welche ihr neues Album bezahlen würden, ohne dass es produziert war. Ihrem Aufruf folgten schliesslich 12’000 Anhänger. Marillion wurden vom Journalisten Alexis Petridis vom Guardian deshalb als „the undisputed pioneers“ des Fan finanzierten Musikmodells bezeichnet. Und das lange bevor Plattformen wie Indiegogo oder Kickstarter online gingen. (Dies ein kleiner Einschub des Autors, der nicht aus dem Unterricht stammt).
Weitere Meilensteine in der Geschichte des Crowdfunding waren:
2003: Fan Funding wird immer populärer
2008/2009: Launch von Kickstarter und Indiegogo
2010: Erste grössere Kampagnen wie Diaspora, Public Enemy
2011: Grosse Expansion an Plattformen
2012: Erste grosse Musikkampagne: Amanda Palmer 1.2 Mio, Star Citizen Game generiert 77 Mio., Pebble Watch mit 10 Mio. und 68’000 Backer, Oculus Rift sammelt 2,4 Mio., erste Schweizer Plattformen gehen online
2013: Geografische Expansion und Ausweitung von Kickstarter
2013: Indiegogo erhält 40 Mio. Venture Capital und öffnet sich für Crowdinvesting
2014: Die erste Milliarde wird über Kickstarter gesammelt
2014: Auch ein Kartoffelsalat kann sich crowdfunden
2015: Pebble Time mit 20 Mio / 78’000 backers
Die Entwicklung von Crowdfunding in der Schweiz ist ebenfalls eine Erfolgsgeschichte. Dies wird durch die steigenden Beträge, welche in den letzten Jahren gesammelt werden konnten, untermauert:
Quelle: Crowdfunding Monitoring Schweiz 2016 / Hochschule Luzern
Im letzten Teil ihrer Vorlesung geht Celine auf die Erfolgsfaktoren einer Crowdfunding Kampagne ein. Was es dafür zwingend braucht sind:
Abschliessend noch ein paar Worte zu wemakeit, der grössten Crowdfunding Plattform der Schweiz. Seit dem Launch 2012 wurden über CHF 23 Mio. gesammelt, sowie mehr als 2’000 Kampagnen erfolgreich zum Abschluss gebracht. Monatlich verzeichnet die Website rund 300’000 Visitors. Wemakeit ist mittlerweile selbsttragend und finanziert sich über eine Servicegebühr von 6% sowie Partnerschaften. Kommt ein Projekt nicht zustande, entstehen auch keine Kosten für die Initianten. Der grösste Einzelbetrag, welcher bis jetzt für eine Kampagne eingenommen wurde, war CHF 100’000 für Freezyboy.
Die Kampagne welche bisher das grösste Aufsehen erregte startete Donat Kaufmann im Jahr 2015. Er sammelte CHF 147’271.– von 12’288 Unterstützern, um die Titelseite von 20 Minuten zu kaufen. Er wollte so gegen die Politwerbung der SVP protestieren. Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass eine Crowdfunding Kampagne von jedem und für fast jeden Zweck durchgeführt werden kann. In diesem Sinne: Happy Crowdfunding!
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