3D-Drucken, oder: Pizza vs. Ohrring
Oktober 26, 2015
Aus dem Unterricht des CAS Disruptive Technologies berichtet Stefan Lienhard:
ER: Geschäftsmann, Single, 42, muss wieder einmal länger im Büro bleiben, um ein dringendes Strategiepapier termingerecht fertig zu stellen. Es bleibt keine Zeit, um vor dem Fussballspiel am TV noch einzukaufen und etwas Warmes zu kochen. Trotzdem steht die heisse Pizza bereit, wenn er endlich zuhause ankommt.
SIE: Hausfrau, zweifache Mutter, 36, geht heute mit ihren besten Freundinnen nach langem wieder mal weg. Lieblingskleid sitzt, neue Schuhe passen, die Kolleginnen sind schon unterwegs und stehen in 30 Minuten vor der Tür. Leider fehlt der zum Kleid passende, zweite Ohrring. Trotzdem stürzt sie sich kurze Zeit später mit komplettiertem Ohrschmuck ins Nachtleben.
Das Zauberwort heisst in beiden Fällen “3D-Druck”. Wie das geht? Ich erkläre es Dir!
Fangen wir von vorne an: 3D-Druck ist kein vorübergehender Hype oder ein neues „Buzzword“, sondern existiert schon seit 1983. Erst seit ein paar Jahren erobern aber 3D-Drucker die Wirtschaft und in absehbarer Zeit sicher auch die ersten privaten Haushalte. Noch ist die ganze Technologie zu langsam und zu teuer, bietet aber Unternehmen wie Privaten neue Chancen im Alltag.
Das Prinzip ist ganz simpel: Beim 3D-Druckverfahren werden 3D-Modelle mittels 3D-Drucker gedruckt, d.h. schichtweise von unten nach oben aufgebaut. Der Aufbau erfolgt gesteuert via Computer aus einem (oder mehreren kombinierten) flüssigen oder festen Werkstoff. Als Grundlage für ein 3D-Modell bzw. eine 3D-Datei dient meist ein 3D-CAD-Modell.
Du glaubst mir das nicht? Dann schau Dir das Video “13 amazing things you can make with a 3D-Printer” an, es zeigt anhand von ein paar wirklich coolen Beispielen, dass es bereits heute sehr spannende und sinnvolle Einsatzmöglichkeiten des 3D-Drucks gibt.
Damit man einen Gegenstand mit einem 3D-Drucker drucken kann, benötigt man also ein 3D-Modell bzw. eine 3D-Datei. Aber woher kriege ich so eine, ohne gross Geld auszugeben? Im Web gibt es Plattformen wie z.B. Thingiverse, 3dlt oder Cubify, wo 3D-Dateivorlagen günstig heruntergeladen werden können. Damit können dann auch Private in einen 3D-Shop gehen und “ihren” Gegenstand ohne grossen Aufwand ausdrucken (lassen).
Ansonsten kann man sich auch einen 3D-Scanner (gibt’s auch schon für Smartphones!) kaufen, die entsprechenden Daten einscannen und mittels einer 3D-Software in eine 3D-Datei konvertieren.
Man unterscheidet bei 3D-Print zwischen verschiedenen Druckverfahren/-technologien:
Die (Weiter-)Entwicklung der Werkstoffe, welche “gedruckt” werden können, ist äusserst rasant. Die Möglichkeit, Karbon, Glas, Textilfasern, ja sogar biologisches Material drucken zu können, eröffnet schier unendlich viele neue Chancen und Möglichkeiten und “disrupts” Firmen in deren Herstellungs- bzw. Produktionsprozessen.
Nicht nur die Drucktechnologien haben sich in den letzten Jahren frappant weiterentwickelt, auch die Auswahl an Drucker-Typen, -Grössen und Preiskategorien (von unter 1’000 $ bis zu >1 Mio. $) deckt heute bereits eine sehr grosse Bandbreite von Anforderungen ab.
Der 3D-Druck dient häufig der kostengünstigen und “schnellen” Herstellung von Prototypen und Modellen. Das Verfahren eignet sich nicht zur Massenproduktion, sondern eher für Einzelstücke.
Weitere Vorteile sind:
Natürlich hat diese ganze Technologie, vor allem im privaten Einsatz (!), heute auch noch diverse Nachteile:
Über die Zukunft des 3D-Drucks darf spekuliert werden – Möglichkeiten gibt es viele, entscheidend vorangetrieben wird der Einsatz aber durch die Branchen, welche sich durch diese Technologie Vorteile verschaffen können.
Noch gibt es keinen Universaldrucker, mit dem sich alle Werkstoffe und Modelle drucken lassen. Noch braucht es dazu auch spezielles Know-how über Drucker, Werkstoffe etc., welches der “Normalbürger” nicht hat. Man darf aber gespannt sein, wie rasch und in welche Richtung sich die ganze 3D-Thematik entwickeln wird und wann die ersten von uns zuhause ihre eigene Pizza oder den verloren gegangenen Ohrring ausdrucken!
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