Vertrauen als Betriebskapital
November 13, 2017
Aus dem Unterricht des CAS Disruptive Technologies mit Daniel Glinz berichtet Rita Lutz.
Das Sammeln von Userdaten führt zu Misstrauen der Kunden gegenüber Firmen. Dieser Beitrag soll klären, wie Vertrauen überhaupt entsteht, was dabei die ausschlaggebenden Faktoren sind und wie sich eine vertrauensbasierte Kundenbeziehung aufbauen lässt.
Nie zuvor wurden so viele (User-)Daten gesammelt, verarbeitet und ausgewertet wie heute. Während die Datenmengen weiterhin stark ansteigen, kann die Rechenleistung längerfristig nicht mehr mithalten. Es entsteht ein Dunkelbereich an Daten, welche nicht analysiert werden. Der Datensammler muss so entscheiden, welche Daten analysiert werden und welche vorerst ungenutzt bleiben (Flashlight-Effect).
Zur personalisierten Ansprache des Users werden im Hintergrund unzählige Userdaten kombiniert. Dieses Verhalten wird von den Usern selber jedoch mehr als aufdringlich (39%) als hilfreich (35%) wahrgenommen. Den meisten Usern fehlt das Vertrauen in Firmen, dass ihre Daten geschützt und nicht missbräuchlich verwendet werden. Und doch werden User-unfreundliche AGB’s reihenhaft akzeptiert, da dem User schlicht die Alternativen fehlen.
Michal Kosinski et. Al von der Cambridge University behaupten indes, dass Computer besser geeignet seien eine Person und ihr Verhalten einzuschätzen als eine andere Person. Hierzu wurde getestet wie viele Facebook Likes es braucht, damit die Aussage einer Maschine zutreffender ist, als die einer Person.
Um das Profil einer Person visuell darzustellen wird ein Ocean Modell erstellt. Dabei werden sämtliche verfügbare Informationen aus Facebook und Twitter auf einem Persönlichkeits-Chart verrechnet. Die Prozentzahlen zeigen die Tendenzen einer Person auf.
Das Unternehmen Cambridge Analytica hat diese Insights für den US-Wahlkampf genutzt und konnte so individualisierte Werbebotschaften platzieren wie Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica in folgendem Video erklärt.
Der User hat sich in den letzten Jahren stark verändert. So ist er heute viel technikaffiner, anspruchsvoller und stärker involviert als früher. Dies hat folgen für Marketing-Strategien: weg vom Customer Relationship Management hin zur Customer Advocacy. Dabei stehen gegenseitiges Vertrauen, Transparenz und eine Kommunikation auf Augenhöhe im Fokus. Um zu verstehen wie Vertrauen entsteht, werfen wir einen Blick auf das neuronale System.
Das menschliche Gehirn verfügt über zwei Bereiche, welche bei einem Entscheidungsprozess aktiviert werden können: das kognitive („kühle“) System, welches für überlegte, rationale Entscheidungen zuständig ist und das lymbische („heisse“) System, welches emotional-gestützte Entscheidungen trifft. Während in vielen Ökonomie-Modellen vom Homo Oeconomicus als rein rationales Wesen ausgegangen wird, zeigt sich in der Realität, dass der Mensch fern von einem rationalen Wesen ist. Eben diese emotionale Entscheidungsfindung ist auch dafür verantwortlich, dass Entscheide oft durch Biases von einer rationalen Überlegung abweichen.
Mayer et al. Definiert Vertrauen als die Bereitschaft sich einer anderen Person verletzlich zu zeigen. Das Iceberg Trust Modell unterteilt Vertrauen in zwei Bereiche: Cues & Constructs. Während die Cues den „sichtbaren“ Teil des Eisbergs darstellen, sind die Constructs unterbewusste Faktoren, die Vertrauen hervorrufen können.
Die Cues sind Strategien um Informationsasymmetrien zwischen Käufer (Prinzipal) und Verkäufer (Agent) abzubauen. Sie bestehen aus vier Teilen:
Die Constructs befinden sich unterhalb der Wasseroberfläche und können nicht direkt beeinflusst werden. Sie werden durch das Trust Model von McKnight genauer beschrieben. Hierbei sind die Bereiche Insitution Based, Disposition to trust und die Trusting Beliefs ausschlaggebend für die Wahrnehmung der Trusting intentions & Behaviors.
Um eine vertrauensbasierte Kundenbeziehung aufbauen zu können, müssen zuerst interne Kompetenzen aufgebaut werden. Dafür sind drei Schritte nötig: Understand (Why) – Enable (What) – Engender (How).
Als erstes müssen die Kundenbedürfnisse und Probleme erkannt werden. Hierzu eignet sich die Design Thinking Methode. In dieser Phase ist es wichtig sowohl auf Big Data, wie auch Thick (auch: small) Data zurückzugreifen. Übergreifende Muster durch viele Daten, wie auch qualitative Aussagen aus Interviews können während dieser Phase helfen.
Sind die wichtigsten Punkte einmal definiert, so sollen möglichst bald Use Cases und Prototypen erstellt (und getestet) werden. Dabei eignen sich das Double Diamond Prozess Modell mit seinem Diverging – Converging Ansatz und Scrum.
Zum Schluss ist es wichtig interne Strukturen zu schaffen, welche einen Vertrauensansatz fördern. Nur so kann ein Ziel wie Vertrauensbildung verfolgt werden, welches sich nicht direkt messen lässt.
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