Vertrauen oder Überwachen?
April 2, 2020
Stellen Sie sich vor, dass einer Maschine mehr Vertrauen geschenkt wird als Ihnen. Jeder Ihrer Arbeitsschritte wird von einer Maschine überwacht. Die Maschine gibt Ihnen vor, wann Sie einen bestimmten Knopf zu drücken haben. Oder die Kamera am Laptop stellt ein zu häufiges blinzeln fest und Sie müssen deshalb eine Auszeit nehmen. Oder Ihre Aktivitäten am Laptop werden aufgezeichnet. Zum Beispiel wie lange Sie mit wem telefonieren oder wie oft Sie E-Mails lesen und versenden.
Science Fiction? Keineswegs. Und eine Kultur des Vertrauens ist das garantiert auch nicht. Technologisch ist diese Überwachung heute einfach möglich. Es werden einerseits Daten im Umfeld einer Person, andererseits auch über die Person selbst gesammelt. Wir sprechen dann von Datafizierung. Das bedeutet, dass computerisierte Daten miteinander verknüpft und analysiert werden. Riesige Datenmengen ermöglichen eine detaillierte Überwachung der Aktivitäten von Mitarbeitenden (Big Brother). In der Schweiz sind wir zum Glück (noch) nicht so weit. In Ländern wie beispielsweise in den USA oder China wird die Überwachung von Mitarbeitenden aktiv und noch viel umfangreicher betrieben.
Ganz grundsätzlich: es ist keine Kultur des Vertrauens. Diktieren Maschinen unseren Arbeitsalltag, verlieren wir unsere Autonomie. Unser Mitdenken wird völlig abgeschafft und damit steigt der Leistungsdruck auf uns. Als Folge verzeichnen die HR-Abteilungen immer mehr Bore-outs, erhöhte Stressbelastung und mehr Arbeitsunfälle. Wir entfremden uns von der Arbeit, wechseln öfters den Job und weisen mehr Fehlzeiten vor. Werden Arbeitsplätze ausgelagert, fehlt uns die Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Was ist die Gefahr, wenn wir im Menschen den verlängerten Arm der Maschine sehen? Unsere menschlichen Stärken sind nicht mehr sichtbar. Unsere Stärken sind vor allem das, was eine Maschine nicht kann! Wir unterscheiden uns von Maschinen, weil wir:
Die digitale Transformation eröffnet den Unternehmen neue Geschäftsmodelle für die Arbeit. Als Folge davon ergeben sich für das HR neue Herausforderungen. Die Dozenten Antoinette Weibel und Simon Schafheitle strukturieren diese in vier Bereiche:
Gemäss den Dozenten Weibel und Schafheitle eröffnen sich für Unternehmen drei Geschäftsmodelle. Bei jedem Modell wird die Bedeutung der Technologie und des Vertrauens bewertet. Der Einsatz der Technologien beim Geschäftsmodell Industrie 4.0 ist sehr hoch. Industrie 4.0 bedeutet die Digitalisierung der industriellen Produktion. Dabei liegt der Fokus klar auf einer Effizienzsteigerung. Wir kennen die negativen Folgen für den Menschen, wenn nur die Effizienz im Mittelpunkt steht. Industrie 4.0 benötigt zwingend minimale Qualitätsstandards für die Beschäftigung. Dazu gehören beispielsweise: Sicherheit der Arbeit, Weiterbildungen, sozialer Dialog und Gleichbehandlung (diese Aufzählung ist nicht abschliessend). Die Modelle «Innovation» und «Nachhaltigkeit» sind ohne eine Kultur des Vertrauens nicht erfolgreich.
Ohne Vertrauen gibt es keine Innovation, keine Agilität, keine Lernkultur. Wenn Führungskräfte sich nicht trauen zu vertrauen, scheitern diese Modelle. Wer über die unternehmerischen Grenzen hinwegdenkt und spürt, dass dies gewollt ist, wird innovativ sein. Wir benötigen aber den Raum dafür. Was heisst das? Wir sind kritisch und trauen uns, eine andere Meinung zu äussern. Angst vor den Folgen schränkt die Innovation ein. Vertrauen ist auch beim Ausprobieren im Berufsalltag wichtig. Misserfolge wird es immer geben. Und das ist auch okay so. Eine Lernkultur ermöglicht, dass jede:r Mitarbeiter:in seine Inputs geben kann. Unabhängig wo diese Person in der Hierarchie steht. Dies wirkt sich positiv auf die intrinsische Motivation aus. Mitarbeitende, die aufblühen können, sind bereit zusätzliche Kilometer zu gehen. Dies ist eine Chance für Mitarbeitende wie auch die Unternehmen. Vertrauen bedeutet Mut haben. Aber auch zuzuhören und aufeinander zuzugehen.
Wie können wir solche unethischen Szenarien wie zu Beginn erwähnt verhindern? In kleinen Gruppen hatten wir als Klasse den Fall Amazon diskutiert. Profitgier, Sklaverei, Überwachungskapitalismus, soziale Ausgrenzung und gesundheitsschädigend waren nur einige der Punkte, die wir kritisiert haben. Im Anschluss dachten wir über Lösungsansätze in der Technik und im HR nach.
Überwachen oder Vertrauen? Die Antwort ist eindeutig. Wer bei der Arbeit auf Innovation und Nachhaltigkeit setzt, braucht eine Vertrauenskultur. Der Aufbau einer Vertrauenskultur ist aber nicht die Aufgabe des HR. In der digitalen Transformation sind wir alle gefordert. Kritische Denker:innen benötigen wir im ganzen Unternehmen. Wir müssen die Abteilungs- und Hierarchiegrenzen aufbrechen. Abteilungen, die das Business unterstützen wie IT, Finanzen, Einkauf, Marketing und Kommunikation, aber auch die Fachabteilungen sind gefordert. Nutzen wir künftig Technologien, die uns unterstützen. Bleiben wir gemeinsam kritisch und vergessen wir nicht, worum es eigentlich geht. Um das Vertrauen in uns und unsere Gesellschaft.
Dieser Blogbeitrag wurde von einem Studierenden verfasst und beinhaltet subjektive Eindrücke, eigene Darstellungen und Ergänzungen.
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