Institute for Digital Business

Netzneutralität: Kampf um die Freiheit

Mai 26, 2020

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Aus dem Unterricht des CAS Digital Ethics mit Andreas Von Gunten berichtet Andreas Bättig.

Das freie Internet ist unter Druck. Deshalb muss man um seine Freiheit kämpfen. Das zumindest ist die Kernbotschaft, die der politisch engagierte Dozent Andreas Von Gunten in seinem Unterricht zum Thema Netzneutralität den Studierenden mitgab.

Als Mitglied der Digitalen Gesellschaft Schweiz setzt sich Andreas Von Gunten dafür ein, dass das Internet das bleibt, wofür es ursprünglich programmiert wurde: Ein Ort, an dem sich Menschen frei austauschen können. Wie dieser Raum zu verteidigen ist, erklärte der «links-libertäre Humanist» anhand der Revision des Schweizer Fernmeldegesetzes. Dabei zeigte Von Gunten auf, dass die Interessen der Zivilgesellschaft in Fragen der Netzpolitik und der Netzneutralität in vielen Fällen zu wenig ins Gewicht fallen.

Was ist Netzneutralität?

Netzneutralität bezeichnet das Prinzip, wonach alle Daten beim Transport durch das Internet gleich behandelt werden – und das unabhängig von Senderin und Sender, Empfängerin und Empfänger, Dienst, Anwendung oder Inhalt. Netzneutralität will vor diskriminierenden Eingriffen in den Datenverkehr schützen.

Es geht es also darum, wie die Daten aus dem Internet zu den Nutzerinnen und Nutzern kommen. Dabei kann zwischen zwei Arten von Datenströmen unterschieden werden:

(Quelle: Präsentation Andreas Von Gunten)

Datenfluss im heutigen Internet: Die Daten gelangen von verschiedenen Anbietern über Datenabos und den Breitbandanschlüsse zu den Endverbrauchern. Anbieter müssen für die Benutzung des Anschlusses nicht extra bezahlen.

Datenfluss der Zukunft?: Im Zuge der Debatte um die Revision des Fernmeldegesetzes äusserten die Telekommunikations-Anbieter (Telcos) ihre Wünsche zum Datenfluss der Zukunft: Noch immer gelangen die Daten über das Abo zu den Kunden. Diesmal sollten aber Anbieter wie Netflix oder Google dafür zahlen müssen, dass sie die Leitungen benutzen dürfen. Dies wollten die Telcos bei der Revision des Fernmeldegesetzes so verankern. Unter anderem argumentierten sie, dass die grossen Medienkonzerne den grössten Teil des Traffics verursachen. Darum sei es richtig, dass diese auch einen Teil an die Infrastruktur bezahlen.

Hätten sich die Telcos mit dieser Forderung durchgesetzt, wäre damit gemäss Von Gunten die Netzneutralität gefährdet gewesen. Denn so hätten sie die Kontrolle gehabt, wer welche Inhalte zu welchem Preis über das Netz zum Endverbraucher schicken darf. Gerade kleinere Anbieter hätten Mühe gehabt, ihre Inhalte anbieten zu können, da die Kosten dafür zu hoch gewesen wären.

Deshalb schaltete sich die Digitale Gesellschaft ein, um bei der Gesetzes-Revision mitzureden, die Interessen der Zivilgesellschaft einzubringen und so die Netzneutralität zu verteidigen.

Der Kampf hat sich gelohnt

Während über fünf Jahren gestaltete die Digitale Gesellschaft das neue Fernmeldegesetz mit. «Wir brachten so viele Inputs ein, dass gar nicht alles wieder herausgestrichen werden konnte und Kompromisse gesucht werden mussten», erklärte Von Gunten. Schliesslich hätten sie es geschafft, dass im neuen Fernmeldegesetz die Netzneutralität gewährleistet bleibt. Unter «Artikel 12e Offenes Internet» heisst es nun unter anderem:

Abs. 1) Die Anbieterinnen von Zugang zum Internet übertragen Informationen, ohne dabei zwischen Sendern, Empfängern, Inhalten, Diensten, Diensteklassen, Protokollen, Anwendungen, Programmen oder Endgeräten technisch oder wirtschaftlich zu unterscheiden.

Spannend am Prozess sei gewesen, dass das Gesetz zugunsten der Telcos durchgewunken worden wäre, wenn sich die zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht engagiert hätten. Deshalb ist es laut Von Gunten wichtig, politische Debatten zu verfolgen, um sich schon früh in die Prozesse einschalten zu können. «Dann hat man auch als relativ kleine Organisation Chancen, sich gegen grosse Konzerne durchzusetzen.»

Learnings

Die Erkenntnisse aus der Mitarbeit bei der Revision des Fernmeldegesetzes kann man auch auf andere Bereiche übertragen. In Bezug auf digitale Ethik stellen sich sowohl auf Prozess- wie auch Inhaltsebene folgende ethische Fragen, die als Orientierungshilfe dienen:

  • Sind alle Stakeholder einbezogen worden?
  • Wurden alle wichtigen Nebenaspekte und Ergebnisse diskutiert?
  • Versucht jemand durch sogenanntes «Rent-Seeking» wirtschaftspolitische Privilegien zu erlangen?
  • Ist der politische Prozess der Gesetzgebung transparent genug?
  • Ist die Medienberichterstattung und öffentliche Diskussion umfassend genug oder zu eng geframed?

(Titelbild: NetNeutrality by Lisa «Mullana» Schmidt)

 

Dieser Blogbeitrag wurde von einem Studierenden verfasst und beinhaltet subjektive Eindrücke, eigene Darstellungen und Ergänzungen.

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