Kundenzentriertes Multichannel Management
Dezember 27, 2017
An einem Praxisbeispiel der Zürcher Kantonalbank zeigte Remo Schmidli auf, wie eine Multichannel Management Bewegung in Gang gebracht und verankert wird.
Aus dem Unterricht des CAS Digital Finance mit Remo Schmidli berichten Michael Schmid und Patrick Franco:
Voraussetzung für ein funktionierendes Multichannel Management ist die organisatorische und strategische Verankerung in der Gesamtbankstrategie. Im Falle der ZKB wurde das Multichannel Management vom Bankrat (oberstes Aufsichtsorgan) gutgeheissen. Um die Gesamtstrategie wirkungsvoll umzusetzen, muss sie von den Mitarbeitenden, aber noch viel wichtiger von den Kunden mitgetragen werden. Dank dem Multichannel Ansatz der ZKB sollen Kunden und Mitarbeitende über die gängigsten Kanäle Informationen und Dienstleistungen der Bank zeit- und ortsunabhängig beziehen können.
Von der strategischen Konzeption über die Umsetzung bis zur Front wurde die End-to-End Wertschöpfungskette im Multichannel Management aufgesetzt:
Das Multichannel Management in dieser Form unterstützt die Kundenbetreuer, ihr Leistungsversprechen gegenüber ihren Kunden einzuhalten. Dabei fungiert die Digitalisierung als „Enabler“ und lässt die Kunden der „nahen Bank“ noch näher rücken. In der heutigen Bankenwelt ist Kundennähe überlebenswichtig, da die Erwartungen der Kunden steigen. Alles soll jederzeit und überall in Echtzeit online selbstbedienbar sein. Weiter muss die Beratung noch transparenter werden.
Der Vertrieb als einen Kanal setzt die Schwerpunkte auf das Markenerlebnis, die Nähe und die Effizienz. Bei der ZKB heisst das konkret, dass der Kunde die Bank über alle Kanäle gleich wahrnimmt – persönlich, kompetent und verantwortungsvoll. Sie ist stets dort, wo ihre Kunden sind und ermöglicht ihnen, ihre Bankgeschäfte zu tätigen, wann immer sie möchten. Die hohe Selbstbedienbarkeit für die Kunden ermöglicht der ZKB, über verschiedene Kanäle Zusatzgeschäfte abzuschliessen.
Ob in der Kundenberatung oder im Projektmanagement: Wir neigen dazu, die Wünsche des Kunden zu antizipieren und fragen oft nicht richtig nach. Ein typisches Beispiel im Banking ist die Finanzierung einer Liegenschaft. Das Bedürfnis des Kunden ist nicht eine Hypothek. Der Wunsch des Kunden ist der Kauf einer Wohnung oder eines Hauses. Mit einer Hypothek kann das Finanzinstitut diesem Wunsch nachkommen.
Ein altes Denkmuster ist die Kunden lediglich nach Vermögen zu klassifizieren. Was nach wie vor vielfach gemacht wird. Das Kundenvermögen hat jedoch bei der Wahl des Kanals oder für die Art ,wie wir sie bedienen möchten, nichts zu tun. Vielmehr mit deren Verhalten. Ein weiterer verbreiteter Fehler ist, Dienstleistungen für den Durchschnitt zu kreieren. Beim Versuch einen Kompromiss einzugehen, verlieren alle:
Um die Kunden in den Fokus zu setzen, müssen sie in diverse sogenannte Personas eingeteilt werden. Dieses Clustern von typischen Kundengruppen dient uns, das ideale Kundenerlebnis und die dazugehörenden Dienstleistungen zu entwickeln. Wie wir anschliessend unsere Kunden begleiten, eruieren wir indem wir die Customer Journey definieren.
Nehmen wir hierzu wiederum das Beispiel des Hauskaufes. Aus Sicht der Bank nimmt der Kunde Kontakt mit der Bank auf, sobald er den Kaufentscheid gefällt hat und eine Finanzierung benötigt. Wenn wir unseren Fokus von der Inside-Out Sicht zur Outside-In Sicht wechseln und die Kundensicht einnehmen, stellen wir fest, dass wir in diesem Fall unseren Kunden nur bei einem Teilschritt seiner Reise begleiten. Seine Reise beginnt viel früher und endet nicht beim Unterzeichnen des Hypothekarvertrags.
Die aktive Begleitung des Kunden während seiner gesamten Reise, vor und über den Kauf seiner Liegenschaft hinaus, maximiert das Kundenerlebnis und erhöht die emotionale Bindung an die Bank um ein Vielfaches. Wir erkennen die verschiedenen Phasen, die ein Kunde durchlebt. Schwachstellen an unserem Service und an unseren Dienstleistungen lassen sich durch das Einnehmen der Kundensicht feststellen.
Dass die Digitalisierung in der Finanzindustrie angekommen ist und dort für viele Veränderungen sorgt, ist den meisten Bankern klargeworden. Verstehen die Banker überhaupt, um was es bei der Digitalisierung geht? Erstaunlicherweise haben Studien ergeben, dass bereits simple Schlagwörter wie Social Media für viele ein Fremdwort ist, das sie nicht beschreiben können. Dieser Fakt verdeutlicht, wie wichtig es ist, Zeit und Ressourcen in die Weiterbildung der Mitarbeitenden zu investieren, damit das Fundament für Veränderungen gegeben ist.
Digitalisierung ist so vielfältig und kann mit Wasser verglichen werden, das überall hineinfliesst und fast jeden Prozess verändert. Darum ist es für ein Unternehmen wichtig, die Tragweiten der Veränderungen zu analysieren und zu definieren, welche Bereiche verändert werden müssen.
Am Beispiel der ZKB hat sich die Bank nebst der Automatisierung der Geschäftsabläufe auch der Entwicklung ihrer Mitarbeitenden verschrieben und sieht in Zukunft mehr „T-shaped People“. T-shaped People kombinieren Experten- mit Allgemeinwissen. Auffällig ist ebenfalls, dass viele Trends Industrie übergreifend sind: Social Media – bring your own device (BYOD) – oder flexiblere Arbeitsmodelle in agilen Organisationen. Regelmässig müssen Prioritäten hinterfragt werden. Neue Trends entstehen schnell und müssen für die Bank von Interesse sein.
Die ZKB unternimmt viel, um ihre Belegschaft auf die Digitalisierung vorzubereiten. Zwischen Juni und September 2015 wurden 24 Veranstaltungen mit rund 1’100 Teilnehmenden aus dem Vertrieb durchgeführt. Ziel dieser Veranstaltungen war, den Mitarbeitenden aufzuzeigen, wie die Digitalisierung die Arbeitswelt verändert und für die Teilnehmenden selbst zu erfahren, was Digitalisierung bedeutet.
Neu hat die Zürcher Kantonalbank in diesem Jahr 2017 ihren ersten Hackathon mit über 1’100 Themenraumbesuchenden und knapp 100 Teilnehmenden veranstaltet, um neue Ideen und die Veränderungsbereitschaft der Belegschaft zu fördern.
Wichtig waren nebst den neuen Erlebnissen, dass alle Teilnehmenden ihr Feedback geben konnten. Dieses ist positiv ausgefallen, was beweist, dass sich die Bemühungen lohnen. Ebenfalls tragen solche Aktivitäten zu einem positiven Employer Branding, von innen und aussen, mit, was die Bank zu einem attraktiven Arbeitgeber für zukünftige Talente macht.
Digitalisierung entsteht nicht im Alleingang und benötigt die Mithilfe und den Erfahrungsaustausch mit unterschiedlichen internen und externen Partnern oder durch Beteiligungen an neuen Fintech Start-ups, die ganz neue Ansätze und Impulse geben.
Das Management identifiziert die wichtigsten Businesstrends und beurteilt, ob diese relevant sind oder nicht. Danach werden die Trends mit dem Business-Modell abgeglichen. Die IT geht identisch vor. Technologietrends werden so zu massgeblichen Treibern des Business-Modells der Bank.
Um sicherzustellen, dass neue Projekte bedürfnisgerecht sind und richtig priorisiert werden, sind folgende Aspekte zu prüfen:
Unter Multichannel Management versteht man viel mehr, als nur die Ausgabe von Informationen auf verschiedenen Kanälen. Von der Unternehmensstrategie über die IT bis zur Front – alle Glieder und Prozesse müssen aufeinander abgestimmt werden damit das gewünschte Erlebnis beim Kunden eintritt. Dabei sind Kreativität und Mut aller Beteiligten gefragt, alte Zöpfe abzuschneiden und neue Wege zu gehen, um diese Customer Journey zu ermöglichen!
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