IBM Research Zürich – The world is our lab
Januar 28, 2018
Aus dem Unterricht des CAS Disruptive Technologies mit Dr. Karin Vey berichtet Francesco Critelli.
Die drei Stunden im IBM Forschungslabor in Rüschlikon waren sehr spannend. Wir wurden am Empfang von dem Sicherheitsbeauftragten abgeholt und in das THINK Lab geführt. Dort hat uns Dr. Karin Vey in Empfang genommen. Vor der Präsentation von Frau Vey hatten wir noch Gelegenheit, einen Kaffee und ein Gipfeli zu essen.
Frau Vey hat sich zu Beginn der Präsentation vorgestellt: Sie ist gleichzeitig Physikerin und Psychologin und arbeitet an verschiedenen Projekten von IBM, bei denen über künstliche Intelligenz geforscht wird.
Das IBM Forschungslabor in Rünschlikon wurde 1956 gegründet und war das erste IBM Forschungslabor ausserhalb der USA. An der Auswahl dieses Standortes war auch der IBM Gründer Thomas J. Watson beteiligt. Die Schweiz wurde schon damals als idealer Standort für die Forschung anerkannt. Weltweit hat IBM 12 Forschungszentren mit ca. 3’000 Mitarbeitenden. In Rüschlikon sind ca. 400 Forscher tätig. An Mitarbeitenden dieses Labors wurden auch zwei Nobelpreise zugesprochen: Im Jahr 1986 für die Erfindung des Rastertunnelmikroskops und im Jahr 1987 für die Entdeckung der Hochtemperaturspurleiter.
Die Forscher bei IBM werden nach dem sogenannten T-Profil gewählt (T-Shaped-Innovators). Gemäss diesem Profil müssen die Forscher, nebst breitem Allgemeinwissen, in mindestens zwei Disziplinen Experten sein und vor allem auch äusserst gute Kollaborations- und Kommunikationsfähigkeiten mitbringen. Begründet wird dies damit, dass die Forscher sich um Projekte kümmern, die immer eine ganzheitliche Betrachtung verlangen. In den Forschungsteams braucht es dann aber auch einige wenige sogenannte „Wild Ducks“, die kreativ und unermüdlich sind, Probleme immer wieder aus neuen Perspektiven heraus zu betrachten.
IBM will die Welt mit kognitiven Computersystemen intelligenter machen. Die nächste Revolution ist, nach Meinung von IBM, die Erweiterung der menschlichen Intelligenz durch den Einsatz von Software. Das Ziel von IBM ist es, markfähige Produkte zu entwickeln.
IBM verfolgt vier strategische Stossrichtungen:
IBM möchte kognitive Computersysteme entwickeln, die mit dem Menschen kooperieren und dadurch die Leistungsfähigkeit des Homo Sapiens steigern. Die künstliche Intelligenz soll die menschliche Intelligenz ergänzen und nicht ersetzen. Diese Systeme sollen mit den Menschen auf natürliche Art kommunizieren, den Kontext erkennen, Hypothesen bilden können und lernen.
Die Motivation, bei IBM einen kognitiven Computer zu erschaffen, hängt von der Tatsache ab, dass schon heute ca. 80% aller gespeicherten Daten weltweit unstrukturiert sind und dieser Anteil bis ins Jahr 2020 sogar auf 93% steigen wird. Darum ist es wichtig, dass die kognitiven Systeme auch unstrukturierte Daten, wie Bilder und Videos, richtig verstehen und den darin enthaltenen Sinn erkennen.
Bei der Entwicklung von kognitiven Systemen geht IBM immer nach dem folgenden Schema vor:
Das bekannteste und erfolgreichste Produkt mit künstlicher Intelligenz von IBM ist Watson. Es erlange Berühmtheit im Jahr 2011, als es beim Fernsehquiz Jeopardy die damaligen Champions besiegte. Seither haben sich vier verschiedene kommerzielle Anwendungen von Watson entwickelt:
Bei der Entscheidung, welche Krebstherapie die optimale für den Patienten ist, kann Watson den Arzt unterstützen, indem es alle zur Verfügung stehenden Informationen zum Krankheitsbild analysiert.
Auch bei Entscheidungen über den Kauf einer Aktie kann Watson den Investor unterstützen, indem es alle Daten zur Aktie analysiert und eine Empfehlung abgibt.
Bei der systematischen Kombination von bestehenden Grundelementen kann Watson den Künstler unterstützen, neue Möglichkeiten zu finden.
Watson kann nicht Dinge erschaffen, welche über die bekannten Grundelemente hinaus gehen.
Bei der Suche nach einem neuen Medikament kann Watson den Forscher unterstützen, indem die Anzahl notwendiger Experimente reduziert werden.
Im Personalwesen kann Watson bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden dazu eingesetzt werden, das passende Profil aus den vielen Bewerbungen zu finden. Ein Chatbot kann Mitarbeiteranfragen, die häufig an die Personalabteilung gestellt werden, automatisch beantworten. Zudem kann Watson den Mitarbeitenden passende Onlinekurse anbieten.
Beim Einsatz von Systemen mit künstlicher Intelligenz innerhalb eines Unternehmen sollten die Führungspersonen in der Lage sein zu erkennen, wann sie den Algorithmen vertrauen können und wann sie lieber ihrer Intuition folgen sollten.
Die Gefahr beim Einsatz von kognitiven Computersystemen besteht darin, dass die Menschen das kritische Denken vernachlässigen und sich nur noch auf den Assistenten verlassen. Der gesunde Menschenverstand kann bis heute nicht künstlich nachgebaut werden.
Die Menschheit muss sich vor den bisher entwickelten Systemen mit künstlicher Intelligenz nicht fürchten. Trotzdem kann die technologische Singularität, also der Zeitpunkt, ab dem Maschinen mit künstlicher Intelligenz sich mit ungeahnter Geschwindigkeit selbst verbessern und die Herrschaft über die Menschheit gewinnen, nicht ausgeschlossen werden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit einer technologischen Singularität ist klein, aber das Risiko einer solchen wäre immens und deswegen ist es wichtig, bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz Grenzen zu setzten.
Nach dem Vortrag wurden uns einige IBM Produkte mit künstlicher Intelligenz präsentiert. IBM hat eine Software entwickelt, die neue Kochrezepte erfinden kann, unter Berücksichtigung des menschlichen Geschmacksinnes. Eine andere Software kann Musik neu komponieren, die sogar ein Hit werden kann. Leider wurde uns das bekannteste IBM Produkt mit künstlicher Intelligenz Watson nicht vorgeführt.
Am Ende des Besuchs hat uns Frau Vey das Nanotechnologie Labor von IBM gezeigt. Die Nanotechnologie ist für die Entwicklung von Computerchips relevant. Ein Nanometer ist gleich 1:1’000’000 mm. Die Mitarbeitenden müssen im Labor einen Schutzanzug tragen, damit die Versuche nicht verunreinigt werden. Das Labor hat auch den „stillsten“ Raum der Welt, der völlig von der Aussenwelt isoliert ist. Darin herrscht vollkommene Stille, es dringt keine elektromagnetische Strahlung ein und es finden auch keine Vibrationen statt. Diese Voraussetzungen müssen bei den Versuchen in der Nanotechnologie gegeben sein. IBM hat diesen Raum selber entwickelt und verkauft jetzt die Ausführungspläne an andere.
Unser Newsletter liefert dir brandaktuelle News, Insights aus unseren Studiengängen, inspirierende Tech- & Business-Events und spannende Job- und Projektausschreibungen, die die digitale Welt bewegen.