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Ein ausserirdisches BIGNIK mit Fliegen, Flaschen und zwei Artonomisten – eine logische Absurdität

Juni 19, 2015

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Aus dem Unterricht CAS Multichannel Management mit den Brüdern Riklin berichtet Nicole Candrian:

Wenn Erika, die Fliege, einen Platz im Flugzeug bucht, rot-weisse Tücher sich auf Ostschweizer-Landschaften ausbreiten und eine Vollbock-Stimmung auf null Sterne entfacht wird, dann haben die beiden Brüder Riklin ihre Finger im Spiel. Mit ihnen kann man die Sinnhaftigkeit von verängstigten Zürcher Fenstern, die sich den Studenten einfach nicht öffnen möchten, erörtern oder wieder einmal erleben, welche Wucht die Lampe eines Hellraumprojektors auf die Netzhaut hat. Man fühlt sich inmitten eines Theaterstücks, wenn Patrik mit Frank und Frank mit Patrik ihren ganz eigenen familiären Disput austragen, um dann gemeinsam, wie wenn nichts gewesen wäre, doch noch dem Drehbuch folgen. Herrlich!

Patrik und Frank Riklin, Zwillingsbrüder aus Leidenschaft, sind während ihres Kunststudiums schnell auf Abwege geraten – im positivsten Sinne. 1999 gründeten sie ihr «Atelier für Sonderaufgaben» – ein künstlerisches Unternehmen in St.Gallen, inmitten des Nirgendwo, wie sie selbst betonen (www.sonderaufgaben.ch). Ob dieses Arbeiten im Nichts ein kleiner Vorteil für ungestörtes Denken ist, blieb allerdings auch an diesem Samstag ungeklärt. Für die Klasse des «CAS Multichannel-Management» war es jedenfalls ein sehr intensiver Samstag-Morgen, der 13.06.2015. Nach bereits zwei vergangenen Unterrichtstagen am Donnerstag und Freitag war die Konzentration zugegebenenermassen nicht auf dem höchsten Level. Doch Frank und Patrik verstanden es mit Witz, Charme und einer grossen Portion Unwichtigkeit die Studenten zum Umdenken zu bewegen. Denn die neue «Wichtigkeit» ist die «Unwichtigkeit».

Frank und Patrik sind es, die mit Bürostühlen auf Berge steigen und so Photoshop zum «old-style»-Programm erklären. Mit aussergewöhnlichen Projekten wie:

… streuen sie ihre Visionen und Quergedanken in die brutale, gnadenlos unternehmerische Welt und wagen den Spagat zwischen Kunst und Geld verdienen. Den Mut zu haben anders zu sein, die Kunst zu nerven, die Unternehmen zu verzaubern und die Presse zu verwirren, beherrschen die Brüder wie niemand sonst. Ihr Handlungsfeld ist dort, wo sich die Linien treffen, aber auf keinen Fall im Zwischenraum.

Positionierung_AtelierSonderaufgaben

Was sie selber genau sind, wissen sie nicht (mehr). Was aber sicher ist: Der Artonomist ist das neue Berufsbild, das die Arbeitswelt dringend braucht! Zwar weiss das bis heute noch keiner, aber die beiden sind sich einig und das ist doch die Hauptsache! Wichtigstes Kriterium für einen Künstler ist: sich selber bleiben, und das blieben sie, die beiden Nachtrags-Millionäre mit schwerer Affinität zum Corporate Acting.

Vision_Kunstwirt_Riklins©Jelena_Gernert

Und je länger man den Worten der beiden Brüdern lauscht, desto mehr öffnet sich der eigene Horizont wo oben plötzlich unten ist. Langsam teilt man auch das Verständnis warum dort wo alle gehen, kein Gras wächst.

Ganz im Zeichen der Schlüsselfrage: «Wie machen Künstler Marketing?» führten uns die beiden durch ihre ganz eigene Welt. Man fühlte sich ein kleines bisschen wie «Alice im Wunderland», alles ist schön bunt und an jeder Ecke wartet eine kleine Überraschung. Auf die Beantwortung der Schlüsselfrage versuchten wir mit schon fast irdischen Ausdrücken unsere Eindrücke wiederzugeben:

  • Nicht das Produkt, sondern die Story steht im Mittelpunkt (Storytelling).
  • Über allem steht eine Vision.
  • Der Weg ist das Ziel.
  • Angeblich «Festgeschriebenes» aufbrechen, hinterfragen.
  • Perspektivenwechsel ist gefragt.
  • Risiko eingehen.
  • Langfristig planen.
  • Ergebnisoffen sein.
  • Dinge verknüpfen, die nicht verknüpfbar sind.
  • Neue Verbindungen herstellen.
  • Vermeintlich Normales in Frage stellen.
  • Helden suchen.
  • Der Schwerpunkt ist auf die Realisierung gesetzt (nicht einfach nur machen).

Wie machen denn Unternehmen Marketing?

  • Sich immer im sicheren Rahmen bewegen.
  • Die Risikobereitschaft ist kleiner.
  • Sicherheitsdenken spielt mit.
  • Ziel ist: kurzfristig Gewinn zu erzielen, keine Nachhaltigkeit gegeben.

also irgendwie gegenteilig…

Und wie erklärten uns Patrik und Frank wie Künstler Marketing machen? Man nehme:

FlascheHausKerzeTuch

Bonbon

Stünde die Kerze neben der Flasche, gäbe es ein total anderes Bild, logisch. Wenn aber das Tuch neben dem Haus und die Flasche neben dem Bonbon zu stehen käme, dann hätte man wieder eine komplett andere Ausgangslage – aaah ja!? Wie auch immer: Die Zwischenräume sind entscheidend, nicht die Objekte an sich. Und darum kümmert sich ein Künstler, denn in den Zwischenräumen beginnt die Kunst.

Wenn Sie jetzt an dieser Stelle nur rosa Elefanten sehen und Deppendorf verstehen, dann macht das nichts. Denn die Riklin-Brüder schätzen genau dieses Publikum! Nichts zu verstehen ist kreativ! Daraus entstehen die schönsten Diskussionen. Unsere Klasse war jedenfalls fasziniert. Fasziniert von zwei Brüdern die sich zum Ziel gesetzt haben, sich den Sonderaufgaben dieser Welt anzunehmen. Und das machen sie ohne Wenn und Aber.

Was am Ende des Morgens übrig blieb? Eine Tablette verabreicht bekommen zu haben, deren Nebenwirkungen gänzlich unbekannt sind und deren Haftung sich die Brüder entziehen. Die aber sicher beim einen oder anderen den Mut für quere Gedanken und einen Restart für Festgefahrenes gepflanzt hat. Mal sehen, ob diese Tablette in ferner Zukunft für den Markt zugelassen wird… Ich würde es mir sehr wünschen!

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