Institute for Digital Business

Die Macht der Emotionen in der Unternehmensführung

Von Flavio Handschin, Oktober 30, 2023

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Die Wetterprognosen stehen nicht zu unseren Gunsten, als wir uns am Donnerstagmorgen auf den Aufstieg von der Stöckalp in die Melchsee-Frutt begeben, zu erwarten waren 10°C mit Wind und Regen. Doch schon während dem Aufstieg bahnt die Sonne ihren Weg durch die Wolkenfelder und beleuchtet das Obwaldner Felsmassiv. Wir werden mit einer unbezahlbaren Aussicht belohnt. Vom Regen bleiben wir also verschont, der Wind sollte sich aber noch als zusätzliche Hürde für unsere bevorstehende Herausforderung herausstellen.

Es ist Zeit für die Outdoor Challenge des EMBA Digital Leadership HWZ 2023. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Gespannt und aufmerksam lauschen wir dem Briefing für die erste Aufgabe, um überrascht festzustellen, dass wir keine Details erhalten über den Inhalt ebendieser. Vielmehr sprechen wir darüber, wie wir uns selbst und gegenseitig beobachten, welche Gefühle die Aufgabe in uns weckt und welche Experimente wir anwenden können und sollen. Wir begeben uns also auf eine Bühne, um zu tanzen, doch während wir uns auf der Tanzfläche bewegen, müssen wir in der Lage sein, auf den Zuschauerbalkon zu steigen und das Geschehen aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wieso verhalte ich mich so, wie ich mich verhalte? Welche Entscheidungen treffe ich bewusst und welche unbewusst? Und am wichtigsten: Welche Gefühle erlebe ich am eigenen Körper und was macht das mit mir und meiner Urteilsfähigkeit? Welche Gefühle erzeuge ich bei Anderen mit meinem Verhalten und meinen Entscheidungen?

In unserer ersten Aufgabe mussten wir als Unternehmen ein Kunstwerk nach Kundenwunsch erstellen. Der Kunde hat eine genaue Vorstellung, welche er unserem Geschäftsführer präzise formuliert. Aber selten hat ein Geschäftsführer Zeit, sich um jedes Projekt persönlich zu kümmern, also muss er delegieren und sich auf seine Mitarbeiter und Führungskräfte verlassen. Das war auch bei unserer Aufgabe der Fall und mit beschränkten Kommunikationsmöglichkeiten konzentriert man sich auf das Wichtigste. Ein erster Filter und so gehen Informationen auf jeder Stufe verloren. Es gibt also eine klare Rollenverteilung: Wir simulieren eine Führungsaufgabe, bei welcher ein Teilnehmer die Gesamtleitung übernimmt und die Klasse in verschiedene Gruppen mit je einem Gruppenleiter aufteilt. Ein klassisches Bild, welches man aus Unternehmen einer bestimmten Grösse kennt. Die Aufgabe erscheint logisch und jeder hat eine Idee, was er machen muss. Alle laufen los, die Zeit läuft und das Resultat soll gut sein. Doch schon nach kurzer Zeit gibt es Diskussionen. «Wie? Wo? Wann? Was genau?», hört man auf der windigen Wiese zwischen den hohen Bergen. Schon bald wird klar: Die Vorstellungen der verschiedenen Stufen sind nicht kongruent. Ist die Aufgabe doch nicht so klar? Doch! Aber die Wahrnehmung, die Gefühle, die Aktionen Einzelner beeinflussen das Geschehen im ganzen Unternehmen.

Als Mitarbeiter am Boden spüre ich, dass die Führung keine gemeinsame Sprache spricht, dass sie zwar dasselbe Ziel verfolgen, aber unterschiedliches Vorgehen anwenden wollen. Ich begebe mich auf den Zuschauerbalkon und beobachte mich selbst. Ich will zum Gelingen vom Ganzen beitragen, weiss aber nicht, wie ich helfen kann. Zu viele Leute haben unterschiedliche Ideen, viele Alphatiere befinden sich auf der Tanzfläche. Es bringt nichts, wenn ich mich jetzt auch noch dazu begebe, auch wenn es mich in den Fingern juckt. Ich spüre einen gewissen Frust, habe Angst, dass wir die Aufgabe nicht rechtzeitig und in der geforderten Qualität schaffen. Doch was kann ich tun?

Schlussendlich haben wir ein sehr gutes Resultat erzielt, in der richtigen Zeit geliefert und entsprechend der geforderten Qualität. Doch ein Nachgeschmack bleibt. Der in mir erzeugte Frust zieht sich weiter in die nächsten Aufgaben. Wie gehe ich als Mitarbeiter damit um? Wie kann ich als Führungskraft eine klare Vision, eine klare Strategie und ein klares Vorgehen so kommunizieren, dass das gesamte Unternehmen in dieselbe Richtung arbeitet? Welchen Einfluss hat Druck von oben und welchen Einfluss hat Druck von unten? Führungskräfte und Mitarbeiter, alles sind Menschen und Menschen haben Gefühle, welche das Handeln beeinflussen. Eine Prise Frust zum richtigen Zeitpunkt und auf der richtigen Ebene öffnet den Weg für neue Ideen. Menschen halten sich vielleicht nicht mehr an Vorgaben, aber wollen das Schiff wieder auf Kurs bringen. Zuviel Frust wiederum kann auch zu einer Resignation führen und einzelne Mitarbeiter oder gesamte Teams lahmlegen oder sogar dazu führen, in die entgegengesetzte Richtung zu arbeiten.

Man kann viele Bücher über Führung lesen, Kurse besuchen und darüber sprechen. Doch nur wenn man unterschiedliche Führungsstile und deren Konsequenzen am eigenen Leibe erfährt, erwachen Gefühle in einem und nur wenn man diese Gefühle auf der Tanzfläche fühlt und in der Lage ist, diese vom Balkon aus zu betrachten und zu analysieren, kann man selber wachsen. Darum ist es so wichtig, die eigene Komfortzone zu verlassen und mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und mit Empathie und Verständnis zu führen.

 

Dieser Fachbeitrag wurde für das Executive MBA – Digital Leadership HWZ verfasst und wurde redaktionell aufgearbeitet.

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