Big Data, Big Problem? Zur Vereinbarkeit von Big Data und Datenschutz
Juni 6, 2016
Aus dem CAS Digital Risk Management berichtet René Müller:
Dr. Martin Eckert, seines Zeichens Rechtsanwalt, führte uns im CAS Digital Risk Management zum Thema “Big Data” sofort zum Thema Datenschutz. Treffend war eine seiner ersten Folien mit “Big Data – big problem for lawyers” übertitelt.
Vieles steht im Gesetz, aber effektiv läuft vieles anders. Die aktuelle Gesetzgebung wird dem wichtigen Thema Big Data keineswegs gerecht und hinkt hinter der Aktualität her. Es herrscht eine ungefestigte Rechtslage.
Datenschutz ist nicht nur Schutz von Daten, sondern Schutz von persönlichen Daten eines Individuums. Personendaten sind bestimmte oder bestimmbare Daten von und über Personen. Anonymisierte Daten fallen nicht darunter, pseudonymisierte Daten (Kappung des Personenbezugs, aber wiederherstellbar) jedoch schon. Droht bei Big Data eine Deanonymisierung und fällt das Thema deshalb doch unter die Datenschutzgesetzgebung?
Für den Schutz von persönlichen Daten (Personendaten) ist das Bundesgesetz (DSG) zuständig, für die Datenbearbeitung durch den Staat sind die kantonalen Gesetze mit Verordnungen massgebend.
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) des Bundes schreibt auf seiner Website zum Thema Big Data:
Big Data bietet neue Chancen für soziale oder wissenschaftliche Erkenntnisse und eine veränderte Form der Wertschöpfung für Unternehmen. Big Data kann jedoch auch die Privatsphäre bedrohen, wenn etwa die bearbeiteten Daten nicht oder nur ungenügend anonymisiert wurden. Wenn es sich um personenbezogene Daten handelt, muss das Recht auf Privatsphäre und der Schutz von Personendaten gewahrt werden.
Datenschutz in der Schweiz ist zahnlos, der EDÖB kann deshalb eigentlich nur in der Öffentlichkeit aktiv werden. Das kann zu Reputationsschäden führen. Sonst basieren seine Interaktionen auf Abklärungen und Empfehlungen. In ganz wenigen Fällen ging er vor Bundesverwaltungsgericht, der bekannteste Fall war Google Streetview. Ein weiteres Beispiel ist der Fall PostFinance im 2014, wo diverse Post-Datenquellen zu einem Personenprofil zwecks Rabatt- und Aktionen-Angeboten erweitert werden sollten. Sofort war der EDÖB zur Stelle und durch die Öffentlichkeit ging ein Aufschrei der Empörung.
Grundsätzlich ist ein schärferer Datenschutz absehbar und wir sollten uns darauf einstellen.
Im europäischen Raum sind Personendaten ein wertvolles Gut und gelten als schützenswert. Nicht so in den USA, wo per se Geheimnisse “pfui” sind und der Datenschutz einen geringen Stellenwert hat.
Zweckbindung ist ein weiterer Eckpfeiler des Datenschutzes. Sie ist gerade bei Big Data und vor allem bei Datensammlung auf Vorrat kaum gegeben. Zweckbindung muss bei geplanten Datensammlungen und -erhebungen im Voraus und explizit kommuniziert werden. Der Zweck muss rechtmässig sein und bedarf deshalb einer Einwilligung der Betroffenen, dies muss der Datensammler jederzeit auch beweisen können – Zalando, Facebook und Co. lassen grüssen.
Datenbearbeitung im Sinne des Gesetzes beginnt bei der Datensammlung und endet nach der Speicherung, Aggregation, Auswertung bis zur Verwertung und zum Handel. Personenbezogene Datenquellen sind sehr vielfältig: mobile phone apps, smart grids, toll tag transponders, Patientendaten, location data, social websites, Kundendaten, öffentliche Register, Flugpassagierdaten, genome sequencing, social websites, online-shopping, etc.
Dabei muss man sich immer fragen, ob die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt oder durch den Zweck gegeben ist. Frage dich doch selber einmal, wo welche Daten über dich gespeichert sind und ob du dazu immer deine Einwilligung gegeben hast.
Hast du weiter gewusst, dass der Datenbearbeiter deine explizite Einwilligung zur Datensammlung gegenüber dir jederzeit nachweisen muss? Wäre einmal eine Probe aufs Exempel, dies zu testen. Hast du das schon einmal gemacht? Mit welchem Erfolg?
Im Management sollte eine Grundsatzentscheidung zum Thema Big Data & Datenschutz abgeholt werden. Mögliche Varianten sind:
Das kommende EU-Recht im Datenschutz (2018) wird in der Datenschutz-Grundverordnung u.a. folgende Regelungen für die Datenbearbeitung beinhalten:
Die wichtigsten Neuerungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung, die 2018 eingeführt wird, sind:
Die Verhandlungen der EU-Gesetzesrevision durch die Parlamente ist erfolgt und läuft nun auf Kollision mit den grossen Firmen wie Google & Co., bzw. nach dem Absturz des “Safe Harbour”-Abkommens auch gegen die USA.
Der Bund (EJPD) studiert in einer Kommission die möglichen notwendigen Anpassungen in der Schweizer Gesetzgebung. Zu erwarten ist eine Angleichung an das höhere EU-Niveau, weil sonst keine Datenlieferungen in die EU mehr möglich wären.
Gemäss dem Marktauswirkungsprinzip gilt die neue Datenschutzgesetzgebung somit auch für Schweizer Firmen mit EU-Tätigkeiten, ohne dass diese eine Niederlassung in der EU haben müssen. Also müssen sich die Firmen in der Schweiz mit der Thematik befassen.
Quintessenz zum heutigen Thema:
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