Bildung und Digitale Ethik
Mai 19, 2020
“There is no digital education,
only education in a digital world.”
All das, was wir bisher im Lehrgang über digitale Ethik gelernt haben, zeigt auf, welche wichtige Rolle dabei der Bildung zukommt. Dabei geht es nicht nur um den gekonnten Umgang mit den digitalen Werkzeugen. Es geht vielmehr um die Rückbesinnung, was Bildung ausmacht.
Mit dieser Ausgangslage erläuterte uns Dr. Sarah Genner die verschiedenen Perspektiven des Themas Bildung und digitale Ethik.
Das Begriffspaar “Digital Natives” und Digital Immigrants” ist in der Zeitrechnung des Internets bereits ein alter Begriff. Er wurde 2001 von Mark Prensky in einer Studie verwendet. Die Studie löste eine Flut von Büchern und weiteren Studien aus. Die letzten Jahre zeigten, dass es ein zu starkes Klischee ist und der Diversität der Jugendlichen nicht gerecht wird. Die Jugendlichen gehen grundsätzlich unbefangener mit den neuen Technologien um. Das ist jedoch nicht mit einem “Mehr” an kritischem Denken verbunden (Naiv statt Native?).
Die Vorstellung, dass das Alter alleine etwas über die Nutzung der neuen digitalen Technologien aussagt, gilt nicht mehr. Das digitale Milieu (Haltung gegenüber neuen Technologien) sowie das Bildungsniveau haben einen viel grösseren Einfluss. Die Jugendlichen besitzen einen widersprüchlichen Umgang mit den Medien. Die “Generation Internet” bewegt sich zwischen Glück und Abhängigkeit. So besagt eine repräsentative Studie aus Deutschland 2018, dass 99% der Jugendlichen (14-24 Jahre) täglich online sind. “Die Hälfte wünscht sich eine Zukunft, in er man weniger online ist. Ein Drittel fürchtet ‘internetsüchtig’ zu sein.”
Die Umfrage in der Klasse ergab auf die Frage “Was bedeutet für euch digitale Bildung?” ein sehr vielfältiges Bild:
Es entstand eine angeregte Diskussion, ob das Lernen sich wirklich verändert hat. Unbestritten ist, dass in Zukunft die “vier K’s”: Kritisches Denken, Kreativität, Kollaboration und Kommunikation eine grosse Bedeutung haben.
Es gibt mehrere Modelle, die sich mit dem Thema “Digitalisierung und Schule” befassen. Besonders hervorheben möchte ich dabei die Rolle des “PICTS”. Dieser Kürzel steht für Pädagogischer ICT-Supporter/in. Auch im schulischen Kontext ist es nicht die Technik alleine, die den Lernerfolg ausmacht. Techniker/innen mit einem pädagogischen Flair oder technikaffine Pädagogen leisten einen wertvollen Beitrag für die Schulen. Das Dagstuhl-Dreieck ist ein Modell, welcher die drei Perspektiven: Gesellschaft, Technologie und Anwendungsorientierung in eine Balance bringt.
Das Thema “Lernen trotz digitaler Medien” kann auf “Arbeiten trotz digitaler Medien” erweitert werden. Studien haben gezeigt, dass sich beispielsweise 51% der Jugendlichen abgelenkt fühlen. Die Angst etwas zu verpassen – Fear of Missing out (FOMO) – ist dabei ein zentraler Faktor. 60% der Schüler/innen sind für ein Handyverbot während der Schulstunde. Weitere Untersuchungen zeigen zudem auf, dass Multitasking beim Menschen nicht funktioniert.
In der anschliessenden Übung befassten wir uns anhand folgenden vier Fragestellungen mit digitalen Kompetenzen und 21st Century Skills:
Das Fazit der Diskussionen war, dass es Grundwerte und Grundkompetenzen gibt welche Bestand haben. Zum Beispiel können Sprachen technisch mit guter Genauigkeit übersetzt werden. Die menschliche, kulturelle Komponenten gehen dabei jedoch verloren. Basiswissen soll weiter ausgebildet werden mit gezielter Medienausbildung. Nebst dem erwähnten 4 K’s existieren in der Theorie und Praxis viele weitere Kompetenzlisten. Die folgende Wortwolke gibt einen Überblick.
Bereits Johann Heinrich Pestalozzi pochte auf die Bildung von Herz, Hand und Verstand. Nur das Zusammenspiel dieser drei Elemente führt zu einem nachhaltigen Lernerfolg. Die aktuelle Situation mit geschlossenen Schulen und Homeschooling zeigt, dass es mit technologischen Lösungen nicht getan ist. Viele Schüler vermissen die Kollegen/innen und die Lehrpersonen. Die Lernmotivation und Beziehung zwischen Lehrperson und Schüller/innen sind für den Lernerfolg zentral.
Lebenslanges Lernen ist heute unbestritten. Auch in der Arbeitswelt ist ständige Weiterbildung notwendig. Es gilt den Marktwert zu erhalten und sich den veränderten Bedingungen in der Arbeitswelt anzupassen. Verschiedene Organisationen in der Schweiz wollen dazu ein Bewusstsein schaffen und Massnahmen treffen. Es wird prognostiziert, dass durch die Digitalisierung bis zu 50% der heutigen Jobs verschwinden werden. Diese werden teilweise durch neue – in der Regel – höher qualifizierte Jobs ersetzt. Deshalb ist ein Umlernen (“Skill Shift”) unumgänglich.
Mit dem Lehrplan 21 wird die Lehrperson zum Lernbegleiter. Die Lehrer/innen stehen unter dem Einfluss der grossen Tech Firmen. Diese drängen mit ihren Lösungen und Technologien in den Ausbildungsmarkt. Die Themen Datensicherheit und Datenschutz sind dabei von zentraler Bedeutung. Damit verbunden ist die Frage, wo Bildungsdaten gespeichert werden und wem sie gehören. “Meine Bildungsdaten gehören mir”, könnte ein Grundsatz in Zukunft sein. Gespeichert werden diese auf digitalen Lernplattformen.
Der “digitale Divide” ist aus gesellschaftlicher Perspektive eine Herausforderung. Die Politikwissenschaftlerin Pippa Norris zeigte bereits 2001 auf, dass je mehr Technologie eingesetzt wird, desto mehr sich ein digitaler Graben auftut. Die Schulen sind gefordert. Sollen sie Geräte zur Verfügung stellen oder werden die Geräte von zu Hause mitgenommen. Je nach Familiensituation gibt es unterschiedliche Ausgangslagen.
Die digitale Bildung befindet sich im Umbruch. Künstliche Intelligenz wird zu adaptiven Lernsystemen führen. Es existieren bereits Sprach-Apps die sich dem Niveau des Lernenden anpassen. Das interdisziplinäre, projektbasierte Lernen und Arbeiten wird an Bedeutung gewinnen. Um die zukünftigen technologischen, gesellschaftlichen und ethischen Herausforderungen zu meistern, sind wir auf gut ausgebildete Menschen angewiesen. Die aktuelle Situation mit der Corona Pandemie hat neue Impulse für den Einsatz der Technologie gegeben. Zudem hat durch das Homeschooling der Respekt gegenüber dem Lehrerberuf zugenommen. Die Bedeutung der empathischen, fordernden und fördernder Lehrperson ist und bleibt zentral für den Lernerfolg. Das Schweizer Modell mit der dualen Bildung von Mittelschule und Berufslehre hat sich in der Vergangenheit bewährt und wird auch für die Zukunft ein wirksames Modell sein, um für die kommenden Herausforderungen der Digitalisierung bereit zu sein.
Weiterführende Informationen:
Jack Ma: On the future of education
Dieser Blogbeitrag wurde von einem Studierenden verfasst und beinhaltet subjektive Eindrücke, eigene Darstellungen und Ergänzungen.
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